Ryanair, Booking.com und die Reisebranche: Der Flugbegleiter als Störfaktor

ryanair lowest wages„Der Reisemarkt boomt. Doch viele Beschäftigte haben davon wenig. Gewerkschaften und Betriebsräte gelten in vielen Firmen als störend. (…) Als Bogdanow bei Booking.com zu arbeiten begann, herrschte dort Start-up-Atmosphäre. Da hatte das Unternehmen nicht mehr als 100 Beschäftigte in Berlin, sagt er. Das habe sich geändert. Im Sommer 2018 sind dort etwa 1.000 Menschen beschäftigt. (…) Artur Bogdanow und seine Kolleg*innen wollen etwas ändern, treffen sich in Cafés, entscheiden sich, mit der Gewerkschaft Verdi zu sprechen, und gründen im April 2015 einen Betriebsrat. Sie haben Erfolg: Seitdem können die Beschäftigten sowohl Urlaube als auch Schichten wieder besser planen. Als Nächstes wollen sie einen Tarifvertrag erkämpfen, doch dazu kommt es nicht mehr: Im November 2018 gibt die Booking.com-Geschäftsleitung bekannt, dass fast die Hälfte der Stellen in Berlin gestrichen werden. (…) Tourismus ist ein gigantischer Markt, kein Ende des Wachstums ist in Sicht. Allein der Umsatz der Booking Holdings, des Mutterkonzerns, lag im Jahr 2017 bei fast 13 Milliarden US-Dollar. Doch die Verankerung gewerkschaftlicher Rechte ist bei vielen Tourismusunternehmen ein Problem. (…) Die Fluggesellschaft Ryanair ist wie Booking.com ein Platzhirsch der Branche. (…) „Der Erfolg von Ryanair beruht auf der Ausbeutung der Beschäftigten. Das Gefühl des Ausgeliefertseins, der kompletten Entrechtung, das gab es bei Beschäftigten in Europa und in Deutschland so schon lange nicht mehr“, sagt Verdi-Gewerkschafterin Neumaier.(…) Das Wombat’s ist seit 2015 das einzige Hostel in Deutschland mit einem Betriebsrat. (…) Der Geschäftsführung sei der geplante Betriebsrat von Anfang ein Dorn im Auge gewesen, sagen Ruth Koch und Raphael Krüger: „Sie haben damit gedroht, dass sie das Arbeitsumfeld zum Schlechteren verändern würden, wenn ein Betriebsrat gewählt werden würde.“ (…) Also gar nicht mehr in Urlaub fahren? Gewerkschafterin Mira Neumaier hält das für den falschen Weg: „Ich finde es sinnlos, eine moralische Debatte übers Reisen zu führen, die die Entscheidung auf den Einzelnen abwälzt. Die wichtige Frage ist doch: Wieso lässt die europäische Kommission solche Arbeitsbedingungen zu? Dagegen kommen wir nur alle gemeinsam an. Die Solidarität der Ryanair-Reisenden war schon mal groß.“ Das ist immerhin ein Anfang.“ Beitrag von Nina Scholz vom 9. Juli 2019 bei der taz online externer Link

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