Die Option unbegrenzter Staatsschulden

Austerity kills„… Die Bewegung „Fridays for Future“ hat Zweifel geäußert, ob die Politik in der Lage ist, die großen Herausforderungen der Gegenwart zu bewältigen. Vor dem Hintergrund ehrgeiziger Zielsetzungen und ermutigender Konferenzbeschlüsse erscheinen die realen Anstrengungen für den Klimaschutz eher dürftig. Zunehmend dämmert es den Aktivisten, dass neoliberale Strukturen der wesentliche Bremsfaktor sind. Sind Politiker gegenüber dem globalen Kapital tatsächlich so hilflos, wie es erscheint? In diesem Beitrag soll eine wirtschaftspolitische Option zur Diskussion gestellt werden, die den Handlungsspielraum der Politik beträchtlich erweitern würde. Sie enthält Elemente des Keynesianismus, ohne dessen Optimismus hinsichtlich gesellschaftlicher Umverteilung und eines Schuldenabbaus in Hochkonjunkturphasen zu teilen. Erwogen wird stattdessen die Möglichkeit für Regierungen, sich bei ihrer Zentralbank unbegrenzt zu verschulden. Obgleich es nicht allgemein wahrgenommen wird, bewegen sich die westlichen Staaten seit geraumer Zeit in diese Richtung. Am weitesten hat sich Japan vorgewagt. (…) In der Praxis müssen sich Politiker jeder Couleur einer Vielzahl von Sachzwängen unterwerfen, die seit der neoliberalen Wende bestehen. Dabei gestehen sie ungern ein, dass sie sich äußerem Druck beugen. Weitaus angenehmer ist die Vorstellung, gewisse Schranken seien natürlich vorgegeben. Als Beleg dient die Lehrmeinung von Mainstream-Ökonomen, in deren Theorien freie Märkte automatisch Effizienz und Wohlstand schaffen. Einerseits fällt es schwer, sich von diesem Dogma zu verabschieden, andererseits werden zunehmend Opfer eingefordert, die den Glauben an dessen Versprechungen untergraben…“ Beitrag von Bernd Murawski (Teil 1) vom 8. Juli 2019 bei Telepolis externer Link, siehe nun Teil 2:

  • Die Option unbegrenzter Staatsschulden (Teil 2): Gibt es für Staatschulden eine obere Schranke? New
    „… Dieser zweite Teil befasst sich mit den Konsequenzen einer unbegrenzten Verschuldung, die allein über die Zentralbank möglich ist. Unmittelbare Vorteile lassen sich kaum abstreiten. Es bleibt dennoch zu untersuchen, welche Folgen die dadurch ausgelöste Geldschwemme hat. Die Risiken erscheinen beherrschbar, es gibt sogar positive Effekte. (…) Probleme entstehen, wenn riesige Geldsummen für Spekulationstätigkeiten eingesetzt werden. Erinnert sei an die maßgebliche Rolle, die George Soros und andere Spekulanten während der Asien-Krise 1997 spielten. Bereits mit dem aktuell von Anlegern gehaltenen Betrag von mehr als zehn Billionen US-Dollar kann viel Schaden angerichtet werden. Rohstoffe könnten gezielt verknappt werden, Monopolstellungen ließen sich ausbauen und absichern, es könnten Privatarmeen aufgestellt werden, sogar ganze Länder könnten wie im Fall traditionsreicher Fußballklubs „gekauft“ werden. Hier obliegt es Regierungen und internationalen Organisationen, mit rechtlichen Bestimmungen und wirksamen Instrumenten Schranken zu setzen. (…) Die Option der unbegrenzten Staatsverschuldung ist ein gewaltiger Tabubruch. Sie wäre nicht notwendig, wenn sich Einkommen derart umverteilen ließen, dass sie vollständig für Konsum- und Investitionszwecke absorbiert würden. Durch die wachsende Schere zwischen Arm und Reich werden indes immer größere Geldbeträge in den Anlagesektor gespült, die nicht zurück in die Realwirtschaft gelangen. Damit die umlaufende Geldmenge weiter am makroökonomischen Bedarf ausgerichtet bleibt, müssen die brachliegenden Geldvermögen der reichen Haushalte ersetzt werden. Indem die Schaffung ausreichender Liquidität zu einer Daueraufgabe geworden ist, lässt sich der Anspruch auf Schuldentilgung faktisch nicht erfüllen.“ Beitrag von Bernd Murawski vom 9. Juli 2019 bei Telepolis externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=151470
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