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Massenproteste in Spanien erzwingen die Verurteilung (teilweise uniformierter) Massen-Vergewaltiger

Dossier

Demonstration für Abtreibungs-Legalisierung iin Buenos Aires mit 500.000 Frauen gegen den Senat, der das Gesetz torpedierte„… Eine 18-Jährige aus Madrid hatte bei der Polizei angezeigt, im Juli 2016 während der „Fiesta“ von fünf Männern vergewaltigt worden zu sein. Die Täter wurden durch die überall aufgestellten Kameras bei den San Fermines auch schnell von der jungen Frau im Trubel der Feiernden identifiziert und festgenommen. Auf ihren Handys fanden sich dann fürchterliche Videos. Denn „La Manada“ (Das Rudel), wie sie sich selbst nennen, hatte die Taten gefilmt, um die Aufnahmen mit Rudelmitgliedern per WhatsApp zu teilen, wo sie sich dafür auch noch gerühmt haben. (…) Allein in Pamplona gingen am gestrigen Samstag nach Polizeiangaben mehr als 35.000 Menschen auf die Straße. Seit Tagen gibt es überall im Baskenland und weit darüber hinaus große Kundgebungen vor Gerichten. Im gesamten spanischen Staat demonstrieren viele Menschen gegen das Urteil und fordern die Absetzung der Richter, die nur wiederholten sexuellen Missbrauch unter der Ausnutzung der schutzlosen Lage des Opfers erkennen wollten…“ Artikel von Ralf Streck, erschienen am 29. April 2018 bei telepolis externer Link („Spanien: Empörung gegen Urteil im Vergewaltigungsprozess“). Siehe dazu auch weitere Beiträge:

  • (Ungewollte) Folgen von „Nur ja heißt ja“: Sexualstraftäter werden in Spanien früher entlassen New
    „… Die spanische Regierung hatte ein Gesetz mit der Absicht entworfen, dass es sexuellen Übergriffen Einhalt gebieten sollte. Im Mai verabschiedete das Parlament das „Nur ja heißt Ja“-Gesetz, das auch in linken Zeitungen Deutschlands als „wegweisende Gesetzesreform“ bezeichnet wurde. Doch inzwischen zeigt sich: Das Gesetz enthält gravierende Mängel. Mindest- und Höchststrafen wurden neu festgelegt, was nun dazu führt, dass verurteilte Sexualstraftäter vorzeitig aus der Haft entlassen werden. Ein Gericht in Palma de Mallorca ordnete etwa die „sofortige Freilassung“ von zwei Straftätern an. Sie waren wegen sexuellem Missbrauch verurteilt worden. In Madrid wurde ein Mann entlassen, der mehrere Minderjährige missbraucht hatte. (…) Inzwischen ist die von den Sozialdemokraten geführte Regierung bereit, das Gesetz erneut zu überarbeiten. Ausschlaggebend dürften dafür die Vielzahl von Fällen und die Empörung im Land sein. Unklar ist, ob die Überarbeitung des Gesetzes noch vor dem Ende der Legislaturperiode in einem Jahr geschehen kann. Ein Fall hatte die Kontroverse über das Gesetz kürzlich wieder angeheizt. Ein Mann war zu acht Jahren Freiheitsentzug verurteilt worden, weil er seine 13-jährige Stieftochter zum Oralverkehr gezwungen hatte. Anfang Oktober hatte er beantragt, dass sein Urteil überprüft werde. Nach der Reform galt seine Tat nämlich nicht mehr als „sexueller Missbrauch mit Penetration“, sondern als „Körperverletzung mit Penetration“ – und das Strafmaß lag um zwei Jahre niedriger. Anfang November wurde sein Strafmaß herabgesetzt. Klar ist, Montero ist schwer angeschlagen ist. Aber sie möchte ihre handwerklichen Fehler nicht eingestehen. Stattdessen warf sie den Richtern „Machismo“ vor. Die Richter, welche die Strafen senkten, „brechen das Gesetz“, meinte sie. Der Machismo könne „die Unparteilichkeit und Integrität der Justiz“ beeinträchtigen und könne dazu führen, „dass die Richter das Gesetz falsch oder mangelhaft anwenden“. (…) Das Gesetz ist eben alles andere als wasserdicht ausgearbeitet. Es ist bekannt, dass die spanische Justiz politisiert ist, sie sich fest in der Hand der Rechten befindet, die die Kontrolle über die Justiz nicht aufgeben will. Sogar die EU-Kommission ist längst besorgt über die Zustände in der Justiz. So ist etwa der Kontrollrat nun seit vier Jahren nur geschäftsführend im Amt, was es nach der Verfassung nicht geben darf. Doch er ernennt munter neue Richter und perpetuiert die Kontrolle der rechten Machos in der Justiz. Weil das so ist, hätte das Gesetz sehr genau sein müssen, um den Interpretationsspielraum gering zu halten. Die Lücken sind so groß wie Scheunentore. Die können genutzt werden. Aber das Günstigkeitsprinzip muss angewendet werden, ob das Montero gefällt oder nicht.“ Beitrag von Ralf Streck 21. November 2022 bei Telepolis externer Link – Schuldfrage: Justiz oder Gesetzgeber? Ist leider nicht ganz klar.
  • Spanien: Nur ja heißt ja. Neues Gesetz regelt Definition von sexualisierter Gewalt neu. Handlungen ohne ausdrückliche Zustimmung künftig Vergewaltigungen
    „Es klingt zunächst radikal. Am Donnerstag der vergangenen Woche hat das spanische Parlament ein Gesetz verabschiedet, das unter dem Namen »Nur ja heißt ja«-Gesetz bekannt geworden ist. Laut offiziellem Namen soll es die sexuelle Freiheit umfassend gewährleisten, es tritt in wenigen Wochen in Kraft. 205 Abgeordneten stimmten für die Neuerung, 141 lehnten sie ab, die postfranquistische Volkspartei (PP) sowie die ultrarechte Vox stimmten geschlossen dagegen. Fortan wird Vergewaltigung als »Sex ohne eindeutige Zustimmung« definiert, es muss also nicht zur Ausübung von unmittelbarer Gewalt kommen – daher die umgangssprachliche Bezeichnung. Nach einem Jahr Verhandlungen ist festgelegt, dass Zustimmung nur anerkannt wird, »wenn eine Person diese aus freien Stücken durch Handlungen demonstriert hat, die im Kontext der Umstände des Falls klar den Willen der Person ausdrücken«, heißt es im Gesetz. 2016 hatte der Fall einer 18jährigen für Schlagzeilen gesorgt, die während des San-Fermín-Festivals in Pamplona von fünf Männern vergewaltigt worden war. Ein Video der Tat landete im Internet. Damals wurden die Täter zunächst nur wegen »sexuellen Missbrauchs« und somit zu niedrigen Haftstrafen verurteilt. Laut den Richtern hatte das Opfer sich in den Filmaufnahmen nicht aktiv gewehrt und passiv gewirkt, was sie als zustimmendes Verhalten werteten. Landesweit gingen Frauen gegen das Urteil auf die Straße. 2019 revidierte das spanische Oberste Gericht das Urteil, die Strafen für die Vergewaltiger wurden auf neun bis 15 Jahre Gefängnis erhöht. In einer Presseerklärung feierte die Ministerin für Gleichstellung, Irene Montero, den »Sieg« und dankte der feministischen Bewegung für ihren »jahrelangen Kampf« sowie insbesondere »den Opfern sexualisierter Gewalt«. (…) Doch das neue Gesetz regelt auch andere Formen der Gewalt gegen Frauen, so beispielsweise Belästigung auf der Straße, sexualisierte Gewalt im digitalen Raum sowie pornographische Werbung. Zudem soll der Sexualunterricht in Schulen ausgebaut werden, um der Gewalt vorzubeugen. Für Opfer sexualisierter Gewalt, die weniger als den gesetzlichen Mindestlohn (derzeit 14.000 Euro im Jahr) verdienen, sieht das Gesetz finanzielle Entschädigungen sowie den privilegierten Zugang zu öffentlichem Wohnraum vor. Vorgesehen ist auch die Einrichtung von mindestens 50 staatlichen Frauenhäusern, in denen Opfer und ihre Angehörigen 24 Stunden am Tag psychologische, rechtliche und soziale Betreuung erhalten können…“ Artikel von Carmela Negrete in der Jungen Welt vom 2. September 2022 externer Link
  • „La Manada: no fue abuso, fue violación“ von Alba Mareca am 22. Juni 2019 bei rebelion.org externer Link dokumentiert (ursprünglich in La Marea) ist ein Beitrag über das neue, Revisionsurteil des Obersten Gerichtshofes, der jetzt 15 Jahre Gefängnisstrafe verhängte – eben nicht mehr wegen „Missbrauchs“ wie bei den Urteilen der vorherigen Instanzen, sondern wegen Vergewaltigung.
  • „El vergonzoso lamento de Vox por la condena a ‘La Manada’“ am 22. Juni 2019 bei kaosenlared externer Link ist eine kurz kommentierte Dokumentation der Erklärung des Vox-Häuptlings aus Andalusien, der lamentierte, das neue Urteil sei „auf öffentlichen Druck“ hin gefällt worden und müsse vor dem Verfassungsgericht abermals revidiert werden, denn es gebe ja keine neuen Fakten – was natürlich stimmt, denn die Fakten über die Handlungen seiner uniformierten Freunde waren und sind eindeutig.
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=150659
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