[Broschüre von Meinhard Creydt] „Was kommt nach dem Kapitalismus?“

Dossier

"Was kommt nach dem Kapitalismus?" Broschüre von Dr. phil. Meinhard Creydt Ein Grund für die Schwäche sozialer Kritik und linker Politik besteht im Mangel an realitätstüchtigen Antworten auf die Frage, wie eine Gesellschaft ohne Kapitalismus entsprechend ihren Zielen funktionieren kann.“ Und als FRAGEN: „Wie können und sollen Arbeiten und Leben in der nachkapitalistischen Gesellschaft aussehen? Was ist das Leitbild für die Inhalte des Reichtums und die Lebensqualität? Welche Strukturen und Institutionen braucht es? Was kann und soll an die Stelle denjenigen positiven Anreize und negativen Sanktionen treten, die in der bürgerlichen Arbeits- und Geschäftswelt die Akteure antreiben? Welche Sackgassen sind im Nachdenken über die Alternative zum Kapitalismus zu vermeiden?“ Meinhard Creydt zu den Motiven für seine Broschüre. Siehe dazu Bezugsinformationen, eine exklusive Leseprobe und nun einen weiteren Artikel des Autors zum Thema:

  • No more Bullshit-Jobs: In einer postkapitalistischen Gesellschaft des guten Lebens ändern sich die Antriebe für wirtschaftliche Aktivität und die Arbeit erhält einen anderen Charakter New
    „Weit verbreitet ist die Auffassung, ohne Konkurrenz, ohne unternehmerisches Interesse am Gedeihen des eigenen Privatbetriebs sowie ohne einzelbetriebliches Gewinninteresse gebe es keine Motive für effektives und effizientes Arbeiten. Dem Nachdenken über eine gesamtgesellschaftliche Alternative setzt diese These empfindliche Grenzen. Sie klammert interessiert Tendenzen in der Gegenwart aus, die nicht zu ihr passen. (…) Schon in der bürgerlichen Gesellschaft mit kapitalistischer Ökonomie entstehen bei den Arbeitenden zum Teil Vorstellungen, wie sie sinnvollere und bessere Produkte und Dienstleistungen schaffen und anbieten können, als dies unter kapitalistischen Maßgaben möglich ist. (…) Das Bedürfnis nach guter Arbeit ist nicht auf die unmittelbar von ihr Betroffenen beschränkt. So beobachten gegenwärtig Organisationen die Aktivitäten von Unternehmen. Es handelt sich dabei zum Beispiel um die »Coordination gegen Bayer-Gefahren« mit Blick auf den weltweit agierenden Konzern Bayer, um die Organisation Foodwatch und andere. Eine durch solche Organisationen informierte und mobilisierte Öffentlichkeit kann Einfluss auf die Arbeitsinhalte und -motivationen ausüben. Gesellschaftlich gilt es von Bewegungen überzugehen zu Institutionen. Unabhängige Institutionen können die Evaluation von Betrieben und Organisationen übernehmen. (…) Dem Privatinteresse kommen die Inhalte und sozialen Auswirkungen der Produkte und Dienstleistungen nur insoweit in den Blick, als sie seinem, andere Personen ausschließenden Nutzen dienen. Vorbehalte gegen diese Orientierung entstehen auch infolge der Verschlechterung der Lebensqualität durch Misstrauen, Gleichgültigkeit, Konkurrenz, dauerndes Rechnen und einen Mangel an Freundlichkeit und Freigebigkeit. Ein gutes Leben und eine sinnvolle Existenz der Individuen gibt es erst in einer Gesellschaft, in der die Menschen nicht der Maxime folgen: »Ich tue erst dann etwas, wenn ich vom anderen ein Äquivalent meiner Leistung erhalte.« Diese Tauschorientierung führt zu einer Abwärtsspirale. Alle Beteiligten erwarten von anderen den ersten Schritt. In der bürgerlichen Gesellschaft nimmt jeder »die Beiträge der anderen Subjekte als Mittel zur eigenen Entwicklung« wahr. Demgegenüber geht es um eine Gesellschaft, in welcher der eigene Beitrag und der Beitrag von anderen als »Mittel des Einander-Entwickelns« betrachtet werden. (…) Die Ausrichtung an partikularen Vorteilen zu Lasten anderer gilt es gesellschaftlich unnötig zu machen. Ebenso das Vorgehen, aus der Bedürftigkeit anderer einen eigenen Vorteil zu ziehen und den anderen mit seiner Abhängigkeit unter Druck zu setzen. All diese Orientierungen gelten in einer Gesellschaft des guten Lebens als unwürdige Vorgehensweisen aus einer primitiven Zeit, zu der niemand zurückkehren will. Vergleichbare Ablehnungen finden wir heute gegenüber Sklaverei und Leibeigenschaft oder gegenüber der Einschätzung, Frauen seien mindere Geschöpfe. In der Gesellschaft des guten Lebens wird es als unwürdig und peinlich gelten, das Feld des Nachbarn als Abfluss für die Gülle des eigenen Viehs zu betrachten. Menschen haben nicht allein Ziele erster, sondern auch Ziele zweiter Ordnung. Sie können zu ihren unmittelbaren Bedürfnissen bewertend Stellung nehmen. Sie fragen sich dann, ob sie eine Person sein wollen, bei der die kritisierten Orientierungen und Maximen dominieren. In der Frage nach dem guten Leben werden Ziele erster Ordnung danach beurteilt, ob und wie sie zu einer inhaltlich übergreifend verstandenen Lebensweise beitragen.(…) Die kapitalistische Ökonomie weist nicht nur beträchtliche immanente Ineffizienzen und Ineffektivitäten (vgl. z. B. die Literatur über das »Marktversagen«) sowie Gegensätze zwischen betrieblichen Erfolgsmaßstäben und gesellschaftlicher Lebensqualität auf. Wer es darauf abgesehen hat, dieser Ökonomie Effizienz und Effektivität zuzuschreiben, muss auch davon absehen, wie effizient und effektiv sie dabei ist, Produkte und Dienstleistungen von höchst zweifelhaftem menschlichem und gesellschaftlichem Wert bereitzustellen…“ Artikel von Meinhard Creydt in der jungen Welt vom 26. Januar 2023 externer Link
  • Ist die Marktwirtschaft alternativlos? Wie über eine nachkapitalistische Gesellschaft nachdenken? 
    „… Die Vorstellung vom Markt als Produktion von Waren für unbekannten Bedarf hat bereits heute mit der Realität nur eingeschränkt etwas zu tun. Viele Produktionsmittel, aber auch Leistungen für den öffentlichen Konsum setzen „vorherige Abstimmung und Vereinbarungen zwischen Auftraggebern und -nehmern voraus.“ (…) Die Entscheidungen von Käufern bewegen sich zwischen einzelnen Angeboten. Alternative Gesamtzustände können sie nicht nachfragen. „Wahlmöglichkeit im kleinen garantiert keine Wahlmöglichkeit im großen“ (Elson 1990, 75). (…) In einer Gesellschaft des guten Lebens hat die Entscheidung über die Bereitstellung von Investitionsmitteln für bestimmte Projekte bzw. Betriebe die verschiedenen dabei maßgeblichen Ziele gegeneinander abzuwägen: 1. Auswirkung des Arbeitens und der Produkte auf die Lebensqualität der Kunden, der Arbeitenden und der von Konsum und Arbeit indirekt Betroffenen, 2. Notwendigkeiten im Rahmen der modernen Produktion, Technologie, Organisation und Vernetzung sowie 3. ökologische Belange. (…) Betriebsgeheimnisse sorgen dafür, dass Arbeitskollektive und Forschungs- und Entwicklungsprojekte sich gegeneinander abschotten. In gegenseitigen Hospitationen und Beratungen wäre es – unter Voraussetzung der Überwindung des Privateigentums – möglich, dass Arbeitende aus verschiedenen Betrieben voneinander lernen, sich untereinander über best practice-Vorgehensweisen auseinandersetzen und sich etwas voneinander abgucken. (…) Dominant ist in der nachkapitalistischen Gesellschaft (…) eine Kultur, in der Menschen füreinander arbeiten und tätig sind (vgl. Creydt 2022). Wir finden bereits im Kapitalismus viele Arbeitende vor, die sich in ihrer Arbeit nicht allein an pekuniären Vorteilen orientieren, sondern arbeitsinhaltlichen Maßstäben folgen und durch ihre Tätigkeit dazu beitragen wollen, die Welt ein wenig besser zu hinterlassen (…) Als zentraler Vorteil des Marktes wird die Leistung des Preismechanismus angesehen, „jeder Art von knappen Mitteln“ einen „numerischen Index“ zuzuordnen (…) “ (Hayek 1976, 113). (…) Das mag für die Aufgabe stimmen, herauszufinden, ob das jeweilige Produkt unter oder über dem gesellschaftlich durchschnittlichen notwendigen Aufwand liegt und auf zahlungsfähige Nachfrage trifft. (…) Als problematisch erweist sich aber die Behauptung, alle relevanten Aspekte des Wirtschaftsgutes in einem numerischen Index darstellen und alle einschlägigen Sachinformationen in einem leicht handhabbaren quantitativen Informationsinhalt bündeln zu können. (…) Marktpreise reagieren überdies auf aktuelle Knappheiten (z. B. des Erdöls) und berücksichtigen nicht zukünftige Knappheiten. Die These stimmt nicht, die Preisen seien eine Kurzschrift, mit der sämtliche maßgebliche Informationen in Bezug auf die relativen Nutzen und Kosten auf kostensparende Weise kommuniziert werden können. Schlussendlich kennen Marktwirtschaftler von vielem den Preis, nicht aber den Wert. (…) Die Überwindung der herkömmlichen betriebs- und volkswirtschaftlichen Rechnungsweisen „durch eine komplexere Wertorientierung zerstört die (scheinbare) Rechenhaftigkeit, Eindeutigkeit und ‚Eleganz‘ der ökonomischen Modelle. Das ist unbequem und desillusionierend“ (Hauchler 1985, 58), wird aber angesichts der Unterkomplexität dieser Modelle gegenüber der Realität erforderlich.“ Beitrag von Meinhard Creydt 18. Dezember 2022 in Telepolis externer Link
  • Die vorliegende Publikation enthält die für den Druck überarbeitete und erweiterte Textfassung des Vortrages von Dr. phil. Meinhard Creydt, den er in der Veranstaltungsreihe des Forums Wirtschafts- und Sozialpolitik der „Hellen Panke“ e.V. am 27. November 2018 gehalten hat.“ Soweit die „Helle Panke“ externer Link zur Veröffentlichung der Broschüre von Dr. phil. Meinhard Creydt (2019, 54 S., 3.00 € in der Reihe „Philosophische Gespräche“, Heft 57 – dort neben Bestellung (info@helle-panke.de) auch Inhalt und der Anfang des Kap. 1: Das Leitbild der nachkapitalistischen Gesellschaft).
  • Soziale Auseinandersetzungen, die Veränderung des Verständnisses vom guten Leben und die gesellschaftliche Transformation
    A
    ls exklusive Leseprobe im LabourNet Germany Teile aus dem Kapitel 3
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=149567
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