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Die Welle der Repression in der Türkei geht immer weiter – ohne die Opposition zum Schweigen bringen zu können

Mesale Tolu„… Der Staat hält heute weiterhin an diesem Vorgehen fest, denn seine Hauptvertreter wissen, dass Erdogans Schreckensherrschaft schnell zum Einsturz gebracht werden kann. Ich gebe Ihnen ein Beispiel. Der türkische Innenminister Süleyman Soylu hat im Dezember vergangenen Jahres stolz davon berichtet, dass in nur einer Woche 2.500 Razzien durchgeführt worden seien. Hunderte Menschen wurden festgenommen und viele mit Auflagen versehen. Stellen Sie sich vor: 2.500 Razzien in einer Woche, und dieser Prozess geht nun schon seit zwei Jahren so. Der Staat hat sein Regime innerhalb von 16 Jahren konstituiert, Schritt für Schritt. Die Verfassung und das Parlament sind außer Kraft gesetzt. Jetzt hat Erdogan das Parlament, die Justiz, den Polizeiapparat und das Militär in seiner Macht. Die Angriffe auf die Arbeiterinnen und Arbeiter, auf Beamte, Journalisten und Oppositionelle finden aber nicht erst seit der Herrschaft der AKP (Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung, jW) statt. Auch vorher gab es Repression. Auch in den 1990er Jahren gab es Folter, Vertreibung und Haft, aber heute betrifft es eine viel breitere und inhomogene Masse, denn früher wurden nur Linke, nur kurdische und revolutionäre Kräfte angegriffen, heute sind auch konservative, kemalistische und religiöse Gruppen von der Repression betroffen. (…) Trotz des repressiven Kurses der Regierung, trotz Massenverhaftung und offener Gewalt, trotz Unterdrückung der freien Presse und anderen Repressalien ist der Widerstand gegen die Willkürherrschaft auch heute noch nicht gebrochen. Journalisten arbeiten noch immer in diesem Land, wo sie für ihre Texte, ihre Vorträge, ihre Artikel verurteilt und inhaftiert werden. Sie berichten der Bevölkerung von den Tatsachen, von der allumfassenden Korruption und vom Krieg, den der Staat führt. Ich möchte Ihnen einige Beispiele für den türkischen Widerstand nennen, der heute vor allem von der Frauen- und Jugendbewegung geführt wird…“ – aus dem Beitrag „Solidarität mit dem Widerstand“ vom Mesale Tolu am 30. Januar 2019 in der jungen Welt externer Link (aus den Dokumentationen der jw zur Rosa Luxemburg-Konferenz). Siehe dazu einen weiteren Beitrag (Max Zirngast) auf der Rosa Luxemburg-Konferenz und einen Beitrag zum aktuellen Widerstand sowie zur Reaktion darauf:

  • „Freiheit für alle politischen Gefangenen“ am 30. Januar 2019 ebenfalls bei der jungen Welt externer Link dokumentiert, ist die Grußbotschaft, die Max Zirngast an die Konferenz übermittelte, in der es unter anderem heißt:  „… Es gibt Zehntausende politische Gefangene in der Türkei, darunter viele Journalistinnen, Gewerkschafterinnen, Akademikerinnen und politische Aktivistinnen der verschiedensten Lager der Linken. Für sie alle müssen wir uns einsetzen, mit ihnen allen müssen wir solidarisch sein. Angesichts der Repression, der Zerstörungen des Krieges weltweit, mit denen wir heute konfrontiert sind, der sozialen Missstände von Armut, Arbeitslosigkeit und Hoffnungslosigkeit möchte ich an die Worte von Rosa Luxemburg aus ihrem berühmten Brief aus dem Gefängnis an Sonja Liebknecht erinnern. Sie empfahl ihr trotz alledem heiter und ruhig zu sein, und sie schrieb, dass Leben sei eben so, und so müsse man es nehmen: tapfer, unverzagt, lächelnd, trotz alledem. Diese Worte haben mir im Gefängnis Kraft gegeben, und mit dieser Grundhaltung müssen wir weitermachen, müssen wir in die Kämpfe gehen, die zu führen sind. In diesem Sinne möchte ich enden: Hoch die internationale Solidarität! Freiheit für alle politischen Gegangenen! Liebe Grüße aus Ankara“.
  • „80 Festnahmen nach Sturm auf türkischen Stützpunkt“ am 30. Januar 2019 bei der ANF externer Link zur Reaktion auf den Massenprotest gegen die türkische Armee: „Nachdem am vergangenen Samstag eine aufgebrachte Menschenmenge den türkischen Militärstützpunkt Sire in Südkurdistan gestürmt und verwüstet hat, sind in Behdînan, Dihok, Şîladizê (Shiladze) und Dêrelûk (Deralok) knapp achtzig Menschen von Sicherheitskräften der PDK festgenommen worden, darunter auch Journalisten und Politiker. Wie Guhdar Zêbari vom Zentrum zum Schutz der Rechte von Journalisten (METRO) mitteilte, ist er zusammen mit einigen Mitgliedern der Gorran-Partei freigelassen worden. Weiterhin festgehalten werden nach Zêbaris Angaben ungefähr fünfzig Personen. Unter den Festgenommenen befinden sich drei Mitglieder der „Neue Generationsbewegung“ sowie der Partei Tevgera Azadî. Zu dem Aufstand am vergangenen Samstag war es in der Gemeinde Şîladizê nahe der Stadt Amêdî im Gouvernement Dihok gekommen. Eine aufgebrachte Menschenmenge stürmte dort die türkische Militärbasis Sire und setzten alle Fahrzeuge, Munitionslager und Rüstungsgut in Brand, unter anderem auch deutsches Militärgerät…
  • „Aufstand in Südkurdistan: Menschen stürmen türkische Militärbasis“ am 26. Januar 2019 ebenfalls bei der ANF externer Link war der ursprüngliche Bericht über die Protestaktion gegen das türkische Militär, worin es unter anderem heißt: „… Langsam aber sicher baut sich in der südkurdischen Stadt Amêdî (Amediye, Gouvernement Dihok) eine Protestwelle auf. Dort stürmte die Bevölkerung der Gemeinde Şîladizê am Samstag die türkische Militärbasis Sire. Die Luftwaffe der Türkei fliegt nahezu täglich Angriffe auf südkurdisches Territorium. Betroffen sind neben den Medya-Verteidigungsgebieten unter Kontrolle der Guerilla auch zivile Siedlungsgebiete. In den letzten Tagen starben bei Luftangriffen auf die Region mehrere Zivilisten. Bei der Stürmung des Militärstützpunktes rissen die Menschen die Zäune nieder und bewarfen das Gelände mit Steinen. Mehrere Fahrzeuge wurden in Brand gesetzt. Trotz Behinderungsversuchen südkurdischer Sicherheitskräfte gelang es den Protestierenden, die Barrieren zu durchbrechen. Die diensthabenden Soldaten der türkischen Armee haben die Militärbasis unterdessen fluchtartig verlassen. Zwei Soldaten wurden von den Protestierenden aufgegriffen und an die lokalen Sicherheitskräfte übergeben…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=143569
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