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10 Lektionen aus dem Kampf der Gilets Jaunes

Foto von Bernard Schmid der Demo in Paris am 24.11.2018Wie so oft in der Geschichte der sozialen Bewegungen und Revolutionen hat die tatsächlich existierende Geschichte die vorgefertigten Konzepte und Theorien, die wir zum Verständnis der Geschichte haben, wieder einmal widerlegt. Die “Bewegung der Gelben Westen”, die Anfang dieses Herbstes ihren Anfang nahm, aber eindeutig viel früher liegende Ursprünge hat, hat viele aufgrund ihres Mangels an Partei- oder Gewerkschaftsorientierung seitens der Teilnehmer, durch ihre Zusammensetzung aus Elementen der extremen Linken und der extremen Rechten, durch ihre bemerkenswerte Widerstandsfähigkeit und ihr Wachstum in der Zeit seit November sowie wgen ihrer anhaltenden Kreativität und Dynamik trotz massiver staatlichen Repressionen verwirrt. Das anonyme Kollektiv der politischen Aktivisten, die an dieser Bewegung beteiligt sind, hat sich bemüht, neues Territorium jenseits der ausgetretenen Pfade der jüngsten sozialen Bewegungen zu erobern und sich gleichzeitig von der tiefen Geschichte der revolutionären Kämpfe inspirieren zu lassen oder sie wieder zum Leben zu erwecken. Dazu gehörten die Anwendung von Blockaden und Aktionstagen anstelle von großen öffentlichen Besetzungen, die Weiterentwicklung der Praktiken von “wilden” Protesten und aktiven Streiks, das Einsetzen von Lockvogeltechniken zur Verwirrung des repressiven Staatsapparats, der gezielte Einsatz von staatsfeindlicher und eigentumsfeindlicher Gewalt und die Forderung nach dauerhaften strukturellen Veränderungen der Regierungsformen statt einer Reihe von fest umschriebenen Forderungen. Die folgenden Thesen sind das Ergebnis der kollektiven Arbeit des RED (Radical Education Department), um von dieser Bewegung zu lernen, um zu versuchen, zu ihrem Erfolg als einem antikapitalistischen Aufstand beizutragen und sie idealerweise zu einer globalen Bewegung gegen die Pseudo-Demokratien zu entwickeln, die als immer dünnere Deckmäntel für die Kriegsführung der herrschenden Klasse dienen…“ (sinngemäße) Übersetzung durch Sebastian Lotzer vom 29.12.2018 externer Link eines Textes auf ‘Its Going Down’ externer Link, dokumentiert am 30.12.2018 bei non.copyriot – siehe einieg Zitate:

  • Wichtig im Text: „… Was wäre, wenn unsere Reaktion auf soziale Bewegungen darin bestünde, von ihnen zu lernen und sie zu studieren, bis unsere mechanischen Reflexe und bewährten Ideen in Frage gestellt würden? Was, wenn unsere erste Frage wäre: Wie kann ich zu dem Teil dieser Bewegungen beitragen, der sich mit meinem Politikverständnis verknüpft, aber auch von ihnen lernen und sich mit ihnen auseinandersetzen? (…) es gibt nie einfach nur “eine Bewegung”. Stattdessen gibt es konkurrierende Zusammenhänge, einen Kampf der Kräfte und mehrere Fronten. Obwohl es nützlich sein kann, als eine Form der pragmatischen Stenografie sich beispielsweise auf die “Bewegung der gelben Westen” zu beziehen, müssen wir zunächst erkennen, dass dieser Ausdruck ein Platzhalter für eine extrem komplexe Reihe von Bewegungen ist. Im Falle der gelben Westen ist dies besonders wichtig, da sie keine gemeinsame politische Agenda haben oder aus einer gemeinsamen politischen Partei oder Union stammen. (…) Angesichts der Natur des propagandistischen Systems, in dem wir leben, sollte es absolut nicht verwundern, dass es so viele Menschen gibt, die die Quelle ihrer Probleme in der herrschenden Eliteklasse zwar im Ansatz richtig identifizieren, aber in die Irre geführt wurden, um fehlerhafte Kompromisse einzugehen. (…) Seit dem 17. November organisieren sie jeden Samstag landesweite Proteste, die die Straßen durchflutet haben und oft “wilde Demonstrationen“ (manifs sauvages) hervorbringen, die nicht den programmierten Abläufen folgen, sondern den Staat durch multiple und disparate direkte Aktionen überfordern. Gleichzeitig gab es zu ungenannten Zeiten anhaltende Blitzblockaden, die bestimmte Durchgangsorte innerhalb der Transportlogistik verstopften oder freimachten. Dazu gehörte auch die Blockade wichtiger Autobahnen und Verkehrsknotenpunkte, die Bewegung hat auch Mautstellen übernommen oder niedergebrannt, um es den Fahrern zu ermöglichen, die Straßen zu nutzen, ohne zu bezahlen und damit dem Staat Mittel zu entziehen…“
  • Und insbesondere zur Streiktaktik: „… Einige der streikenden Arbeiter haben sich nicht einfach geweigert, an ihren Arbeitsplatz zu gehen, sondern sie haben ihre Freizeit genutzt, um direkte Aktionen gegen den Staat aktiv zu koordinieren. Anstelle eines traditionellen Streiks, der in Frankreich oft mit einem großen öffentlichen Marsch koordiniert wird, ist ein aktiver Streik ein Streik, bei dem sich die Arbeitnehmer an Blockaden, Flashmobs und anderen direkten Aktionen beteiligen, um ihre politische Wirkung zu vervielfachen und ihre Wirkung zu maximieren. In gewissem Sinne vereinen aktive Streiks zwei Formen des radikalen Kampfes zu einer kraftvollen Mischung, die die Macht jedes einzelnen von ihnen unabhängig voneinander übertrifft. Die traditionelle arbeitsplatzbezogene Aktion eines Streiks verschmilzt mit den Standardmethoden sozialer Bewegungen, wie etwa Protesten und direkten Aktionen, wodurch zwei Kampfformen miteinander verbunden und die Macht beider maximiert wird…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=142048
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