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[8. November 2018: „3+4“-Prozess in Gap] Wenn sich Rechtsradikale zu Grenzschützern aufspielen – wird verfolgt, wer dagegen aktiv ist. Vor der französischen Justiz auch Menschen aus der Schweiz und Italien

gap_solidemoAm Donnerstag, dem 8. November wird in Gap (Frankreich) der Prozess gegen 7 Aktivistinnen stattfinden, darunter 4 Französinnen, 2 Schweizerinnen und eine Italienerin, welche riskieren, 10 Jahre ins Gefängnis zu kommen und Bussen von 750’000 Euro zu zahlen. Es wird ihnen „Bandenmässige Beihilfe zur Immigration von Ausländern mit irregulärem Status auf französischen Boden“ beim Solidaritätsmarsch vom 22. April dieses Jahres vorgeworfen. Diese Spontandemo war eine Reaktion auf die rassistischen und gefährlichen Provokationen der Splittergruppe Generation Identitaire, die seit dem Vortag den Col de l’Echelle völlig ungestraft blockiert hatte. Infolge dieses Marsches wurden 3 Aktivistinnen während 11 Tagen in Untersuchungshaft genommen und danach zu einer Strafhaft am Wohnsitz von mehr als 25 Tagen verurteilt. In Erwartung des Urteils des Conseil Constitutionnel (französisches Verfassungsgericht) über das Solidaritätsdelikt wurden sie endlich freigelassen. Dieses Urteil, das am 6. Juli gefällt wurde, hat an ihrer Lage nichts geändert. Sie sind noch immer strafbar. Der Conseil Constitutionnel hat beschlossen, dass sich die Solidarität auf punktuelle humanitäre Hilfe auf der französischen Seite der Grenze auf diejenigen beschränken soll, die es unter Einsatz ihres Lebens schaffen, die Grenze zu überqueren. Daher wären diejenigen, die zufällig helfen, ohne die Migrationspolitik in Frage zu stellen, nicht strafbar; und strafbar diejenigen, die sich aus Solidarität organisieren. Infolge dieses Beschlusses wurden vier weitere Personen in Verwahrung genommen und werden für die gleichen Entscheidungsgründe ebenfalls belangt…“ – aus dem Aufruf „Grenzen sind ein Mythos. Auf zum Prozess in Gap am 8. November!“ am 12. September 2018 beim Barrikade.info externer Link, der gemeinsam von Unterstützungsgruppen in den drei Ländern veröffentlicht wurde. Siehe dazu auch den Link zur Webseite der Unterstützungsgruppen (inklusive Informationen über weitere „Vorhaben“ der französischen Justiz) und den Hinweis auf unseren bisher letzten Beitrag zur staatlich geförderten faschistischen Provokation an der italienisch-französischen Grenze und Soli-Kundgebung – nun das Urteil:

  • Die Urteile gegen die „3+4“ von Gap: Wie von der französischen Staatsanwaltschaft bestellt New
    5 Angeklagte zu sechs Monaten, zwei weitere zu zwölf Monaten (mit unterschiedlichen Bewährungsbestimmungen und –auflagen) verurteilt: Dieses Strafmaß war ziemlich genau das, wie es die Staatsanwaltschaft gefordert hatte – obwohl der Anklagepunkt der Bandenkriminalität fallen gelassen worden war. Die 7 Angeklagten wurden an diesem 13. Dezember 2018 einzeln verurteilt, wegen Beihilfe zu einem illegalen Grenzübertritt. Weder die Umstände der „Illegalen“ spielten eine Rolle bei diesem Verfahren, noch die Aktivitäten jener Faschisten, die sich als Grenzwächter aufgespielt hatten. Die Erklärung „Solidaires des migrants, les 7 de Briançon lourdement condamné·es par le tribunal de Gap“ vom 13. Dezember 2018 externer Link (hier dokumentiert bei Europe Solidaire) – unterzeichnet unter anderem auch von den betreffenden Regionalverbänden der Gewerkschaftsföderationen CGT und SUD Solidaires – kritisiert Urteil und Verfahren sowohl als offenen Einschüchterungsversuch, als auch als weitere Verschärfung staatlicher Repression gegen Aktive der Solidaritätsbewegungen mit der Migration. Die unterzeichnenden Organisationen kritisieren die zunehmende Militarisierung der Grenzen und fordern, dieses Verfahren ohne juristische Konsequenzen für die Angeklagten sofort zu beenden. Abschließend weisen sie darauf hin, dass im Januar und Februar 2019 weitere Prozesse anstehen, in denen über das „Verbrechen der Solidarität“ verhandelt werden soll.
  • Protestkundgebung vor dem Konsulat Frankreichs am 7. November in München in Solidarität mit den 7 Angeklagten von Gap 
    Insgesamt 7 Aktivist*innen aus Frankreich, der Schweiz und Italien stehen am Donnerstag, 08. November in Gap vor Gericht. Ihnen wird „Bandenmäßige Beihilfe zur Immigration von Ausländern mit irregulärem Status auf französischen Boden“ vorgeworfen, nachdem sie am 22. April dieses Jahres an einem Solidaritätsmarsch gegen eine Grenzblockade der Génération Identitaire teilgenommen hatten. Zuvor befanden sich drei der Aktivist*innen bereits mehr als 36 Tage in Haft. Gegen diese Kriminalisierung antirassistischen und antifaschistischen Protests wollen wir ebenso protestieren wie gegen die unmenschliche Behandlung und den Rassismus, den Geflüchtete, denen eine Flucht nach Europa gelungen ist, hier erfahren. Wir demonstrieren gegen alle Grenzen, gegen die Abschottung Europas gegenüber Flüchtenden und die menschenverachtende Unterbindung der privaten Seenotrettung im Mittelmeer, die zum Tod so vieler Flüchtenden führt…“ – so beginnt der Aufruf zur Münchner Solidaritätsaktion „Kundgebung gegen die Kriminalisierung antifaschistischen und antirassistischen Protests in Gap“ am 04. November 2018 bei Kaos München externer Link, in dem auch nochmals eine ausführliche Information über die Vorgänge enthalten ist, die zu diesem Prozess geführt haben und, mangels Gegenstand, keine Information über irgendwelche Maßnahmen gegen die selbsternannten faschistischen Grenzschützer
  • Comité de soutien 3+4externer Link ist die gemeinsame Webseite der Unterstützungskomitees, auf der nicht nur zahlreiche aktuelle weitere Informationen zu finden sind, sondern darunter vor allem auch der Hinweis darauf, dass die französische Justiz mit diesem Prozess keineswegs zufrieden ist: Der zuständige Staatsanwalt hat weitere „Beschuldigte“ für den 10. Januar 2019 vorgeladen – nach Einschätzung der UG Bestandteil einer politischen Kampagne, um jegliche „Winterhilfe“ für Flüchtende in den Alpen zu verhindern…(weitere Informationen sind angekündigt).
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=138705
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