Erfolg der Fahrer-Proteste? Deliveroo zieht sich aus zehn deutschen Städten zurück

Aktionstag Freitag, der 13. April 2018 egen Essen auf Rädern 4.0. Deliveroo: Betriebsratsbehinderung, Scheinselbständigkeit, LohndumpingDeliveroo wird seine Geschäftstätigkeit „in einigen Städten innerhalb Deutschlands am 15.09.2018 einstellen“. Darüber informiert der britische Essenslieferdienst und Foodora-Konkurrent seine Berliner Fahrer gestern per E-Mail. Das Unternehmen wolle sich fortan „auf das Wachstum und die Verbesserung [des] Angebots in Berlin fokussieren“, heißt es weiter in der Nachricht von Deutschland-Chef Felix Chrobog. Auf Nachfrage von Gründerszene und NGIN Food bestätigt das Unternehmen den Rückzug aus Essen, Dortmund, Dresden, Leipzig, Mainz, Stuttgart, Bonn, Düsseldorf, Hannover und Nürnberg. (…) Insgesamt seien laut Unternehmen 136 Fahrer betroffen. Eine Zahl, die bei zehn Städte zu niedrig erscheint. Deliveroo wollte auf Nachfrage darauf nicht näher eingehen. Wie viele Fahrer festangestellt und wie viel frei waren, teilte das Unternehmen ebenfalls nicht mit. Allen Fahrern habe das Startup ein Abfindungspaket angeboten. Seit Juli krempelt Deliveroo seinen Service um externer Link. Künftig sollen Kunden auch bei Gastronomiepartnern bestellen können, die ihr Essen selbst ausliefern und nicht auf Deliveroo-Fahrer angewiesen sind. Das Konzept mit dem Namen Marketplace+ ist allerdings nicht neu, genauso funktionieren bekannte Anbieter wie Lieferando und Lieferheld. Man wolle die Zahl der Restaurants auf der Plattform und das Angebot an Gerichten auf verschiedenen Preisniveaus vergrößern, so Deliveroo.“ Beitrag vom 16.08.2018 auf Gründerszene externer Link. Siehe dazu auch:

  • Gig-Economy: Deliveroo und Foodora auf Rückzug New
    „Der hart umkämpfte Markt der Essensauslieferungen über Online-Plattformen, Rad-Kuriere und Smartphones bereinigt sich derzeit. Deliveroo kündigte am 16. 8. 2018 seinen Rückzug aus 10 von 15 deutschen Städten an. Der britische Lieferdienst will sich in Zukunft auf die Innenstädte von Berlin, München, Hamburg, Köln und Frankfurt konzentrieren. Der Rückzug erfolgte vier Monate, nachdem der Aktionstag Schwarzer #Freitag13 am 13. April 2018 das Image von Deliveroo in Deutschland schwer beschädigt hatte. Deliveroo war als härtester Union Buster (was ist das?) und Lohndrücker unter den derzeit in Deutschland aktiven Liefer-Plattformen in der Kritik geraten. Das Unternehmen steht europaweit im Verdacht, Scheinselbständigkeit zu fördern und ein Geschäftsmodell zu betreiben, das auf systematischer Hinterziehung von Steuern und Sozialabgaben beruht. Deliveroo hatte in Köln fast sämtlichen Fahrern gekündigt, nachdem die Belegschaft am 16. Februar 2018 den ersten deutschen Betriebsrat gegründet hatte. Stattdessen werden Fahrer*innen nun als „selbständige Gewerbetreibende“ angeheuert, die keinen Betriebsrat gründen dürfen, nicht streiken können, keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall erhalten. Während Deliveroo in Deutschland schwächelt, zieht sich der hiesige Marktführer Foodora gleich aus vier nationalen Märkten komplett zurück: Foodora verlässt Frankreich, Italien, die Niederlande und Australien, wie die französische Presse berichtet. (…) Die Tageszeitung Le Figaro machte soziale Proteste gegen das Geschäftsgebahren und die Arbeitsbedingungen für den Rückzug verantwortlich. So fand am 8. Oktober 2016 in Turin der erste Gig-Economy-Streik Italiens gegen Foodora statt. Die Kuriere wählten die Basis-Gewerkschaft SI Cobas als Interessenvertreterin. Auch die niederländischen Kuriere sind gut organisiert. Allein in Australien ist man erbost über den plötzlichen Rückzug von Foodora. Die Gewerkschaft Transport Workers Union (TWU) bezichtigte Foodora, aus Australien zu fliehen um mehrere Millionen Dollar an Lohnnachzahlungen zu vermeiden, die aus Sammelklagen erwachsen könnten. Wie der Guardian berichtete, hatte der australische Obundsmann für faire Arbeit (Fair Work Ombudsman) vor einem Bundesgericht gegen Foodora geklagt, weil zwei Fahrer in Melbourne und ein Fahrer in Sydney als „unabhängige Vertragsarbeiter“ ausgegeben wurden, obwohl sie die Arbeit von Vollzeitangestellten verrichtet hatten. (…) Der Gewerkschafter fordert die australische Regierung auf, Foodora zu Entschädigungen an die Arbeiter für „Zustände wie im 18. Jahrhundert“ zu zwingen. Die TWU und die Kampagne Rights 4 Riders (Rechte für Fahrer*innen) protestierten am 29. August 2018 vor dem Büro des Premier-Ministers Scott Morrisson. Tony Sheldon sagte:Die Bundesregierung weigert sich, Steuerzahler und Essenskuriere zu unterstützen, sie unterstützt stattdessen jene Digital-Milliardäre, die sie abzocken.7 Während Foodora in seinem Mutterland Deutschland die Gründung von Betriebsräten, einen Gesamtbetriebsrat und sogar die Gründung eines europäischen Betriebsrat zulässt und durch verstärkte Kooperation mit der Gewerkschaft NGG ein sozialpartnerschaftliches Image pflegt, geht das Foodora-Management in Australien mit Methoden zu Werke, für die Deliveroo in Deutschland verrufen ist. Hinter dem Rückzug sowohl von Deliveroo aus Deutschland als auch Foodoras aus nationalen Märkten, steckt ein erbarmungsloser Konkurrenzkampf nach dem Prinzip „Es kann nur einen geben“. Wirtschaftsanalysten sind sich einig, dass die Plattform-basierte Essensauslieferung nur profitabel organisiert werden kann, wenn am Ende des Konkurrenzkampfs um Märkte nur noch ein Monopolist übrig bleibt, der dann die Bedingungen nach Belieben diktieren und gestalten kann. (…) Ob es bei der Zielgruppe aus Büro-Hengsten, Bankern und Beamten allerdings gut ankommt, wenn sie erfährt, dass der fancy Burrito-Laden nur ein Markting-Fake ist, dass dieselbe illegale Migrantin am Herd gleichzeitig auch für eine italienische Trattoria, eine Burger-Manufaktur und ein veganes Ayurveda-Restaurant kocht, die allesamt nur Hirngespinste sind, ist sehr fraglich. Bei Licht betrachtet handelt es sich um eine Riesen-Verarschung auf dem Rücken von hart arbeitenden Köchen und Kurieren. Insbesondere über die Arbeitsbedingungen in diesen Großküchen würden wir gern mehr erfahren.“ Artikel von Elmar Wigand vom 29.08.2018 bei Aktion Arbeitsunrecht externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=136288
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