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Nachdem Hunderttausende drei Tage auf Indiens Teeplantagen gestreikt haben: Eine Frist zum 15. August 2018 für die Regierungen der Bundesstaaten, den Mindestlohn zu erhöhen

Bestreikte Teeplantage Westbengalen August 2018Westbengalen und Assam sind die beiden indischen Bundesstaaten, in denen die meisten Teeplantagen sich befinden. Auf denen auch heute noch über eine Million Menschen arbeiten, in erster Linie Frauen aus diskriminierten Minderheiten, oftmals auch – unter dubiosen „Bedingungen“ – an die Ländereien gebunden. In Westbengalen haben nun auch in diesem Jahr etwa 400.000 Plantagenarbeiterinnen für eine wirkliche Erhöhung des Mindestlohns drei Tage lag gestreikt, verbunden mit Demonstrationen und Straßenblockaden. Ein Bündnis von 19 Gewerkschaften hatte zu diesem Streik aufgerufen – und nun der Landesregierung eine Frist gesetzt für eben diese Erhöhung des Mindestlohns, andernfalls der Streik fortgesetzt werde. Wie überall auf der Welt, so jammern auch die indischen Plantagenbesitzer – die selbstverständlich nicht eben gleiche Lieferverträge mit internationalen Nahrungsmittelkonzernen haben – ein höherer Mindestlohn werde sie in den Ruin treiben. Und machen ihrerseits, nicht ganz so öffentlich, ebenfalls Druck auf die entsprechenden Landesregierungen. Zur aktuellen Auseinandersetzung auf Indiens Teeplantagen vier aktuelle Beiträge und der Verweis auf den letzten unserer Berichte zur selben Streikbewegung 2017:

  • „Three-day North Bengal tea strike ends, but crisis continues“ von Debasis Sarkar am 09. August 2018 in der Economic Times externer Link ist ein Beitrag nach dem Ende des Drei-Tage-Streiks. Darin wird informiert, dass die Frist der Gewerkschaften an die bengalische Regierung, den Mindestlohn zu erhöhen, auf den 15. August 2018 gesetzt wurde. Seit über 40 Jahren wurde in der indischen Teewirtschaft alle drei Jahre eine entsprechende Lohnerhöhung – und die Realität ist, dass der Mindestlohn der Lohn ist, darüber gibt es nichts für Plantagenarbeiterinnen – im Rahmen eines sozialpartnerschaftlichen Modells ausgehandelt. Aufgrund jahrelanger Verweigerung durch die Teeunternehmen sind die Gewerkschaften seit 2014 dazu übergegangen, einen staatlich festgelegten Mindestlohn zu fordern, wozu eine gemeinsame Gewerkschaftsfront gebildet wurde, an der sich nur die Gewerkschaft des in Bengalen regierenden Trinamol Congress nicht beteiligte – die dazu gebildete Kommission hat aber nunmehr jahrelang kein Ergebnis erreicht, weswegen Unruhe und Unzufriedenheit stark anwuchsen.
  • „Strike and Despatch Blockade demanding Minimum Wage: Tea workers take to the streets“ am 09. August 2018 bei Ground Xero externer Link ist eine redaktionelle Streikreportage (vom dritten Streiktag) – vor allem aus der nördlichen Region Westbengalens, an der Grenze zu Nepal („Darjeeling“). Das Gesetz, das seit 1955 eine Sonderregelung für die bengalischen Teeplantagen bedeutet, sieht neben dem Lohn die Bezahlung verschiedener für Arbeit und Leben auf den Plantagen nötiger „Sozialausgaben“ vor, die von Arbeitsschuhen über Essensversorgung auf de Feldern bis zu medizinischer Betreuung reichen. Sozialleistungen, die die Unternehmen in den letzten Jahren willkürlich immer mehr gekürzt haben. Die insgesamt dazu führten, dass der faktische – nicht offizielle, den gibt es bisher nicht – Mindestlohn bei 159 Rupien am Tag liegt, und der Vorschlag der Regierung war es, einen Mindestlohn von 172 Rupien festzulegen, was von den Gewerkschaften rundweg abgelehnt wurde. (Die ebenfalls zur selben Zeit tagende staatliche Kommission im Bundesstaat Assam hatte einen Mindestlohn von rund 330 Rupien vorgeschlagen, was die Unternehmen schlichtweg ignoriert haben, weswegen bei einer Neuaufnahme des Streiks in Westbengalen dieser auch gemeinsam mit einem Streik in Assam stattfínden könnte). Die Regierung Westbengalens, so wird abschließend informiert, habe nun, aufgrund des Drucks der Gewerkschaften, den angekündigten Termin, an dem der Mindestlohn definitiv festgelegt werden solle, vom 20. auf den 13. August vorverlegt.
  • „West Bengal’s Tea Workers Strike and March for their Minimum Wage“ am 08. August 2018 beim Gewerkschaftsbund NTUI externer Link ist eine Erklärung des parteiunabhängigen Verbandes, dass das „Joint Forum“ der Gewerkschaften in Westbengalen einen Mindestlohn von 240 Rupien fordere, plus konkrete Sozialleistungen. Dass die Landesregierung einseitig Festlegungen treffen wolle, sei eine Provokation gegenüber den Gewerkschaften und eine Kriegserklärung an die Beschäftigten. Um die Lage insgesamt beurteilen zu können, müsse bekannt sein, dass der Preis für den Tee aus Westbengalen wesentlich höher sei, als für die Produkte kleinerer Anbaugebiete, wie etwa aus Kerala, wo aber ein Mindestlohn festgelegt ist – von 500 Rupien am Tag.
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=135943
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