Die Polizei. Ihr (eigener) Freund und Helfer

Kampagne für Kennzeichnungspflicht für Polizisten von St. PauliBerliner Polizisten müssen sich fast nie für Fehlverhalten vor Gericht verantworten. Das Aktenverwaltungssystem der Berliner Justiz listet pro Jahr etwa 1000 Strafanzeigen gegen die 25.000 Berliner Polizeibediensteten auf. 2017 waren es 887 – die meisten davon wegen des Vorwurfs der Körperverletzung im Dienst. Das zeigen Zahlen der Polizeiverwaltung und des Berliner Senats für Justiz. Doch diese Zahlen sind nach Senatsangaben nicht vollständig. Wie häufig es tatsächlich bei Berliner Polizeibeamten zu Fehlverhalten kommt, ist nicht klar, weil sowohl Fachkommissariate als auch örtliche Polizeidirektionen und das Landeskriminalamt Anzeigen sammeln und bearbeiten. Eine nd-Recherche zeigt: Eine zentrale Erfassung aller Anzeigen gegen Polizeibeamte gibt es nicht. Man müsse »einmal überlegen, ob man das nicht ändern sollte« sagt Justizsprecher Sebastian Brux gegenüber »nd«. »Es ist mehr als bedauerlich, dass die statistische Erfassung nur lückenhaft erfolgt. Der Rechtsstaat sollte sich an dieser Stelle mehr Transparenz leisten«, meint der Kriminologe Tobias Singelnstein. Der Jurist und Professor an der Ruhr-Uni Bochum erforscht derzeit in einem Forschungsprojekt Körperverletzung im Amt durch Polizisten…“ – aus dem Beitrag „25.000 Beamte, keine Verurteilungen“ von Moritz Wichmann am 01. August 2018 in neues deutschland externer Link über eine entsprechende Bilanz aus Berlin – worin die Nähe von Ermittlungsinstanzen und den Akteuren als ein wesentlicher Grund für dieses Ergebnis gesehen wird. Siehe dazu auch einen Beitrag, der (leider) deutlich macht, dass diese Verhältnisse nicht nur für Berlin gelten:

  • „Neun von zehn Verfahren zu Polizeigewalt werden eingestellt“ am 24. Juli 2018 in neues deutschland externer Link ist eine Meldung, in der es unter anderem heißt: „Neun von zehn Ermittlungsverfahren gegen Polizeibeamte wegen Verdachts auf rechtswidrige Gewaltausübung werden einem Bericht zufolge eingestellt. Nur in drei Prozent der Fälle wird Anklage erhoben, wie das ARD-Politikmagazin »Report Mainz« am Dienstag unter Berufung auf eine gemeinsame Auswertung mit dem Kriminologen und Juristen Tobias Singelnstein von der Ruhr-Universität Bochum berichtete. Der Wissenschaftler forderte angesichts der Zahlen eine unabhängige Ermittlungsstelle. Die Zahlen beziehen sich den Angaben zufolge auf die Jahre 2010 bis 2016. So gab es demnach beispielsweise 2016 insgesamt 2.383 Ermittlungsverfahren gegen Polizeibeamte wegen Anfangsverdachts auf rechtswidrige Gewalt. 2.132 dieser Verfahren seien eingestellt worden. Als Grund für die hohe Zahl der eingestellten Verfahren nennt Singelnstein in dem Bericht die besondere institutionelle Nähe der ermittelnden Behörden – also Polizei und Staatsanwaltschaft – zu den beschuldigten Polizeibeamten…
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=135682
nach oben