Zustimmung zur Leiharbeit: Die wundersame Läuterung der IG-Metall-Führung

Aufkleber "Leiharbeit verbieten" von Kollegen der Daimler-Werke Wörth und BremenIn einem als „Kampagne und betriebspolitische Offensive – Leiharbeit, industrienahe Dienstleistungen/Werkverträge“ überschriebenen 15 seitigen Papier stellt der IGM-Vorstand fest: „Wir sind nicht gegen Leiharbeit als vorübergehendes Flexibilisierungsinstrument, deshalb: Missbrauch verhindern – Umfang begrenzen – Bedingungen gestalten.“ (S. 4) Es wurde Betriebsräten und damit Belegschaften im April 2018 sozusagen als Direktive – mit den sich für sie daraus ergebenden Aufgaben – zugestellt. (…) Die IGM-Spitze beruft sich mit ihren Aussagen auf „Leitanträge“, „Leitbilder“ und Ausführung von Beschlüssen des 23. ordentlichen Gewerkschaftstages (…) Dieser Gewerkschaftstag hat aber gar keinen Beschluss gefasst, in dem es heißt: „Wir sind nicht gegen Leiharbeit …“ Deswegen jetzt anzunehmen, der IGM-Vorstand hätte sich bei seiner o. g. Feststellung geirrt oder sei Opfer einer „vorübergehenden“ geistigen Umnachtung, eines Komas oder eines Blackouts geworden, wäre allerdings falsch. Eine solche Annahme würde ihm im Falle einer Anklage wegen Zustimmung zur Klassenspaltung und Schwächung gewerkschaftlicher Kampfkraft und/oder Verschleierung bzw. getrübter Wahrnehmung realer gesellschaftlicher Zustände, auch noch mildernde Umstände einbringen. Von einem Blackout der IGM-Führung kann aber keine Rede sein. (…) Seitdem die Arbeitskrafthändler die Arbeitskraft unserer vom Kapital auf die Straße gesetzten Kolleginnen und Kollegen zu Dumpinglöhnen verhökern, ist deren Situation als Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter bekannt. (…) Hierbei ist es gleichzeitig die Basis von zahlreichen gegen die Leiharbeit gerichteten Verbotsanträgen bei Gewerkschaftstagen. Und darum geht es der IGM-Führung. Ihre Zustimmung zum „vorübergehenden Flexiinstrument“ soll die Diskussion über die Forderungen nach Leiharbeits-Verboten endgültig beenden. Hierbei versucht sie ohne Diskussion durchzusetzen, was der 23. ordentliche IGM-Gewerkschaftstag – auf den sie sich beruft – nicht explizit beschlossen hat…“ Artikel von Ludwig Jost in Gruppe Kommunistische Arbeiterzeitung (KAZ) Nr. 363 vom Juli 2018 externer Link – darin weitere, auch historische Informationen und ein Hinweis auf unsere Klage-Kampagne für equal pay

  • Weiterhin im Text: „… Wer mit Hilfe des IGM-Vorstands zur Meinung von Huber kommt und Leiharbeits-Verbotsdiskussionen abschwört, der landet unbelastet davon beim 15-seitigen Vorstandspapier. Mit Hinweisen auf „Infopakete, Toolbox, belastbare Vereinbarungen“, „Leiharbeit als Flexibilitätsreserve“, „Tarif ME 2018“ u. a. enthält es das Programm für die „prekär Beschäftigten“: die Verwaltung und Gestaltung ihrer Arbeitsverhältnisse durch Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen in den Betrieben der „Entleiher-Kapitalisten“, wie z. B. bei VW, AUDI, MAN, BMW, ihren „Kontraktlogistikern“ usw. Auf diesem Wege lässt sich immer behaupten, dass an der Rechtsungleichheit der Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter gearbeitet wird. Dabei bleibt die Leiharbeit der Tarifpolitik als Betätigungsfeld oder auch als „Spielwiese“ der „Tarifexperten“ erhalten, ebenso die Rechtsungleichheit. Mit allem, was oben genannt ist, mit dem Heuern und Feuern, dem einfach Abmelden und Nachhauseschicken, dem Kuschen für eine Festanstellung und den sich daraus ergebenden Erpressungsmöglichkeiten bleibt sie in Wirklichkeit unverändert. Das wird z. T. verschleiert mit dem Verweis auf hochgejubelte und schöngefärbte Tarif- o. a. Vereinbarungs-Erfolge, die hier nicht bestritten werden. Dazu zählen z. B. die Erhöhung von Löhnen und/oder Branchenzuschlägen, die eine oder andere Übernahme von Leiharbeitern in ein „ordentliches Arbeitsverhältnis“ u. a. Und hierbei gibt es noch viel Arbeit für alle, die sich z. B. bei der IGM oder in der sich aus acht Einzelgewerkschaften zusammensetzenden DGB-Tarifgemeinschaft Zeitarbeit als Tarifexperten bewähren wollen. (…) Etwas Besseres als die jetzige IGM-Vorstandserklärung kann den Kapitalistenverbänden nicht passieren. Damit im Rücken, können sie sich beruhigt in ihren Sesseln zurücklehnen und die gewerkschaftliche Akzeptanz der Leiharbeit mit einem großen Schluck aus der Pulle feiern. Die IGM-Spitze nimmt ihnen ein großes Stück Arbeit ab, indem sie sich faktisch gegen alle wendet, die inner- und außerhalb der Gewerkschaften für ein Verbot der Leiharbeit sind und dafür kämpfen. Das Vorstandspapier ist ein Fall für die innergewerkschaftliche und die Diskussion in Betriebsräten und Belegschaften. Es geht weiterhin um die Organisierung des Kampfs für ein Verbot der Leiharbeit. Weder die Gewerkschaften und noch weniger Betriebsräte und Belegschaften brauchen irgendwelche „vorübergehenden Flexibilisierungsinstrumente…
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