Wirtschaftswachstum als moderner Götzendienst

isw-report 98 vom September 2014Unsere Welt scheint die Fähigkeit zum Kompromiss zusehends zu verlieren. Soziale Proteste, autoritäre Politiken und gesellschaftliche Spannungen nehmen weltweit gesehen zu. Paradox genug entwickeln sich diese Dynamiken allerdings auf einer Basis, die auch in den schwersten Konflikten kaum jemand in Frage stellt: des Primats der „kapitalistischen Wirtschaftsweise“ (Nell-Breuning) und des absoluten Vorrangs des Wirtschaftswachstums, der sich daraus ergibt. Wirtschaftswachstum über alles zu stellen, zur Vorbedingung gleich welcher Politik zu machen, das lässt in der Tat nur wenig Raum für Differenzen. So vertreten auch politische Kräfte, die sonst konträr ausgerichtet sind, weitgehend die Meinung, dass die Produktion an Gütern und Dienstleistungen zunehmen soll, bei steigender Effizienz und immer besserer Qualität. Wer auch könnte guten Gewissens dagegen argumentieren – so glauben viele. Würden in einer Welt ohne Wirtschaftswachstum nicht Arbeitsplätze en masse verloren gehen, würde sich nicht Armut weiter ausbreiten und wäre das Versprechen auf Fortschritt und Entwicklung gegenstandslos? In der Tat, schwerwiegende Fragen. Allerdings beruht die Gleichung zwischen Wirtschaftswachstum und Wohlstand, oft leichter Hand behauptet, auf einem eklatanten Fehlschluss. Betrachten wir die westlichen Industrieländer, so ist klar: Es gibt genug Güter und Dienstleistungen für alle. Allerdings sind diese höchst ungleich verteilt. Konsum und Vermögen konzentrieren sich fortschreitend bei jenen, die schon mehr als genug besitzen. Viele Studien zeigen, dass zumindest in westlichen Industrieländern spätestens seit den 1980er Jahren die steigende Produktenmenge im Schnitt nicht mehr dazu führt, dass sich auch die gesellschaftliche Lebensqualität erhöht…“ Beitrag von Andreas Exner 12. Juli 2018 beim ksoe-Blog externer Link

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