Jetzt wächst nicht mehr nur die Hetze, sondern auch die Solidarität mit dem Widerstand von Ellwangen: Demonstration am 9. Mai 2018

Bündnis »Widerstand Mai 31 - Solidarität ist kein Verbrechen«Mit erhobener geballter Faust begrüßen wir, The VOICE Refugee Forum, die Tapferkeit und den Mut unserer geflüchteten Brüder und Schwestern, weil sie beherzt die hartherzige und inhumane Abschiebung eines togoischen Flüchtlings verhindert und sein Recht auf Menschenwürde verteidigt haben. Seit dem Vorfall letzten Montag und den substanzlosen Anschuldigungen gegen die Geflüchteten, dass “Angriff und Gewalt” von ihnen ausgegangen sein sollen, läuft die Berichterstattung der deutschen Mainstream- und Boulevardmedien im wahrsten Sinne auf Hochtouren; und doch sind sie nicht in der Lage, darüber zu berichten, was die Geflüchteten selbst sagen und welche Erfahrungen sie machen. Überrascht das? Absolut nicht, denn dies ist offensichtlich ein Versuch, die zu Grunde liegende Anti-Flüchtlingspolitik und die Politik der deutschen Regierung auf eine breitere Basis zu stellen und voranzutreiben, gefährlich untermalt und hochgepuscht mit rassistischen Motiven und Einstellungen.Die Presse weigert sich, über die ungesunden, schrecklichen und unerträglichen Bedingungen zu berichten, unter denen Geflüchtete zu leben gezwungen sind, wo sie zusammengepfercht werden nahezu wie Sklaven auf einem Sklavenschiff. Sie versäumen es, darüber zu berichten, dass Geflüchtete von den deutschen Behörden gewaltsam in Länder (einschließlich Italien und andere europäische Staaten sowie darüber hinaus) abgeschoben werden, wo weder die Sicherheit ihres Lebens noch ihre Menschenwürde garantiert werden können“ – aus der Solidaritätserklärung „HUT AB vor dem Widerstand der Geflüchteten in Ellwangen“ von The VOICE Refugee Forum am 06. Mai 2018 externer Link auf ihrer Webseite, die es auch noch in verschiedenen anderen Sprachen gibt… Siehe dazu den Demonstrationsaufruf  für den heutigen Mittwoch und vier weitere aktuelle Beiträge, die auf verschiedene Art Solidarität bekunden, sowie einen Hintergrundbeitrag über ähnliche polizeiliche Vorgehensweise anderswo:

„Mahnwache, Pressekonferenz und Demonstration am 9. Mai 2018 in Ellwangen“ am 07. Mai 2018 bei der Aktion Bleiberecht externer Link ist Erklärung und Aufruf der Betroffenen zugleich und betont einleitend: „Viel wurde über uns geredet, jetzt reden wir! Wir, Bewohner*innen der Landeserstaufnahmeeinrichtung Ellwangen laden für Mittwoch den 9. Mai 2018, um 17 Uhr zu einer Pressekonferenz ein und rufen ab 18 Uhr zu einer Demonstration auf. Zwischen 12 bis 18 Uhr findet auf dem Marktplatz in Ellwangen eine Mahnwache statt. Die Pressekonferenz wird direkt vor der Landeserstaufnahmeeinrichtung Ellwangen stattfinden. Dort wird auch die Demonstration beginnen. Wir rufen alle demokratisch gesinnten Menschen auf, sich an der Demonstration zu beteiligen und diese zu beschützen. Unterstützen sie unseren gerechten Protest und hören sie uns zu, was wir als Betroffene zu dem Polizeieinsatz zu sagen haben. Viele von uns sind durch den bürgerkriegsähnlichen Polizeieinsatz tief verunsichert. Am Montag den 30. April gegen 2.30 Uhr sollte ein Togoer von der Polizei aus der Landeserstaufnahmeeinrichtung abgeholt werden. Der Protest entstand spontan. Einige Abschiebungen bei dem die Polizei laut und aggressiv vorgegangen ist, haben wir schon erlebt. Unser Protest war bestimmt, aber zu jedem Zeitpunkt friedlich. Vorwürfe, jemand sei gegen die Polizei mit Gewalt vorgegangen sind falsch und haben sich auch nicht bestätigt. Falsch ist auch, dass die Person die man abschieben wollte, bereits im Polizeiauto saß. Der Togoer stand entfernt neben uns in Handschellen. Die Polizei verließ während des Protests die Landeserstaufnahmeeinrichtung und gab einem dort beschäftigten Security-Mitarbeiter die Schlüssel für die Handschellen. Der Togoer war, nach dem die Polizei sich entfernt hatte, noch etwa eineinhalb Stunden in Handschellen, bis die Security ihm die Handschellen abnahm. Das ist die wesentliche Geschichte vom Montag. Der Betroffene ist auch nicht untergetaucht, wie behauptet wurde. Niemand ist bei dem spontanen politischen Protest zu Schaden gekommen“.

„Was ist in Ellwangen passiert? Ein Statement von den Geflüchteten in Ellwangen“ am 08. Mai 2018 beim Refugee Movement externer Link dokumentiert Aussagen der Betroffenen unter anderem so: „Die Situation in Ellwangen begann schon vor der Razzia am vergangenen Donnerstag. Nämlich im April 2018: „Wir haben uns mit dem Leiter der LEA in Ellwangen getroffen. Wir haben ihm über unser Leben in der Unterkunft und wie die Leute sich hier fühlen erzählt, auch wegen die Duldung und Dublin regeln.“ Er versprach uns, dass wir mit der Presse und mit PolitikerInnen über unsere Situation reden können, da er und die Hausverwaltung nicht für die Zustände verantwortlich seien. Er wollte sich um alles kümmern. Am 27. April hatten wir dann ein gemeinsames Treffen mit dem Leiter der LEA. Bei diesem Treffen sagte er, wir könnten die Presse am Donnerstag, dem 03. Mai treffen. Um 3 Uhr morgens am Montag, dem 30. April, hörten wir viel Lärm. Als wir draußen ankamen, beschwerten sich Leute über die Abschiebung eines Togolesen. Wir sahen, dass die Polizei den Mann zwingen wollte, in ihr Auto einzusteigen – er war bereits in Handschellen. Und er sagte zur Polizei, dass er nicht einverstanden sei. Also sagten auch wir, dass wir die Polizei den Mann nicht einfach aus der Unterkunft mitnehmen lassen. Als sie sahen, dass immer mehr Leute von der Unterkunft nach draußen kamen, zogen sie sich zurück.“ Wir waren zu dem Zeitpunkt um die 30/40 Leute.“ Das berichten die Geflüchteten aus Ellwangen. Die Polizei war schon weg, als noch weitere Geflüchtete zum Ort des Geschehens kamen. Sie trafen nur noch den Mann in Handschellen an, während wir ihnen von der Situation erzählten. Die Berichterstattung schreibt nun von bis zu 200 Personen. Doch in der Unterkunft in Ellwangen sind aktuell weniger als 150 afrikanische Geflüchtete untergebracht. Wenn der Vorwurf, dass wir die Polizei umringt hätten, stimmen würde, wie wäre es ihnen dann überhaupt möglich gewesen, sich so unproblematisch zurückzuziehen?“.

„Anwalt: Mann aus Togo war überrascht vom Widerstand gegen Polizei“ am 08. Mai 2018 in neues deutschland externer Link ist eine Meldung, aus der der spontane Charakter des Widerstands ebenso deutlich wird, wie eine weitere Lüge über die Vorfälle: „Der in Abschiebehaft sitzende Flüchtling aus Togo hat sich nach Angaben seines Anwalts überrascht über den massiven Widerstand seiner Mitbewohner gegen die Polizei gezeigt. »Er hat die Leute nicht dazu aufgerufen«, sagte der Anwalt am Montag. »Er war selbst verwundert über den Widerstand.« Als vier Polizisten den Togoer zur Abschiebung aus einer Flüchtlingsunterkunft in Ellwangen vor einer Woche abholen wollten, hatten 150 bis 200 Flüchtlinge dies verhindert. Der Togoer gibt seinem Verteidiger zufolge an, sich nicht gegen die Abholung gewehrt zu haben. Der Einsatzleiter der Polizei, Peter Hönle, bestätigte dies“.

„“Es ist eine menschliche Reaktion“: Flüchtlingsrat Baden-Württemberg zu Widerstand und Solidarisierung unter Asylbewerbern in Ellwangen“ von Radio Dreyeckland am 07. Mai 2018 externer Link hier beim freie-radios.net dokumentiert ist ein Beitrag zur Positionierung des Flüchtlingsrates, der so eingeleitet wird: „Die meisten dieser beängstigenden Behauptungen wurden nachträglich von Polizei und Behörden dementiert oder erwiesen sich als falsch oder deutlich übertrieben nach ersten Medienrecherchen.  Der Fall machte bundesweit Schlagzeilen, vor allem ab Donnerstag, wo die Polizei mit mehreren Hundertschaften und Spezialeinheiten in die Landeserstaufnahmestelle anrückte. Parteien von AfD bis SPD und Grüne forderten, die volle Härte des Gesetzes gegen die protestierenden AsylbewerberInnen anzuwenden. In manchen Medien wie den Deutschlandfunk wurde der Einsatz vorerst auch vollkommen unkritisch bis wohlwollend betrachtet.  Eine vollkommen andere Sicht auf die Vorfälle in Ellwangen und auf die Legitimität des Protests von Asylbewerbern in Ellwangen hat das Flüchtlingsrat Baden-Württemberg“.

„Solidärität mit den Migrant_innen aus Ellwangen“ am 07. Mai 2018 beim Barrikade.info externer Link erklärt ebenfalls die Solidarität: „Wir sind solidarisch mit der Befreiungsaktion der Migrant_innen aus Ellwangen. Einen Menschen vor der Ausschaffung zu befreien und der Polizei bestimmt entgegenzutreten ist eine mutige Tat, die uns zutiefst beeindruckt. Die Rebellion gegen die menschenverachtende Migrationspolitik der Länder Europas ist in jedem Fall gerechtfertigt. Widerstand ist Leben!

„Frontal-Angriff auf den Rechtsstaat – Alexander Dobrindt (CSU) gegen das Grundrecht auf Rechtsschutz“ ist eine Pressemitteilung des RAV vom 07. Mai 2018,externer Link in dem die republikanische Anwaltsvereinigung zu den Tiraden des Exministers ausführt: „Der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Alexander Dobrindt, äußerte am Wochenende gegenüber der Bild am Sonntag: »Es ist nicht akzeptabel, dass durch eine aggressive Anti-Abschiebe-Industrie bewusst Bemühungen des Rechtsstaates sabotiert und eine weitere Gefährdung der Öffentlichkeit provoziert wird«. Wer mit Klagen versuche, die Abschiebung von Kriminellen zu verhindern, so Dobrindt, arbeite nicht für das Recht auf Asyl, sondern gegen den gesellschaftlichen Frieden. Weder in dem konkreten Fall, noch grundsätzlich geht es bei Asylsuchenden um ›Kriminelle‹, noch handelt es sich bei medizinischer Versorgung und Diagnostik (Stichwort ›Gefälligkeitsgutachten‹) oder bei der Rechtsvertretung von Geflüchteten um eine ›Industrie‹. Für alle mit dem Rechtsstaat in Konflikt befindlichen Personen gilt:  Die gerichtliche Überprüfungsmöglichkeit von Behördenentscheidungen ist ein zentrales Element des Rechtsstaats und gerade aus diesem Grunde in Art. 19 Abs. 4 GG als Grundrecht jedes Menschen formuliert. Die Aufgabe der Anwaltschaft ist es, den Einzelnen zur Wahrung seiner Grundrechte gegen den Staat zu schützen. Damit wird der Rechtsstaat nicht sabotiert, sondern verteidigt“.

„Stellungnahme zur Polizeigewalt in der Erstaufnahmeeinrichtung in Donauwörth am 14. März 2018“ am 18. März 2018 bei Solidarity&Resistance externer Link ist ein Beitrag, der hier dokumentieren soll, dass die polizeistaatliche Vorgehensweise in Ellwangen keineswegs ein Einzelfall ist (und demnach seine nunmehr besondere Rolle vor allem auf die sofort einsetzende mediale Hetzkampagne zurück zu führen ist): „Am Mittwoch, den 14. März, kam es zu massiver Polizeigewalt und mindestens 29 Inhaftierungen infolge legitimer Proteste gegen eine versuchte Abschiebung. Noch immer ist der Verbleib der Festgenommenen unbekannt. Von Seiten der Geflücheteten ging keine Gewalt gegen Personen aus. Die Vorwürfe wie Landfriedensbruch und gefährliche Körperverletzung sind konstruiert und bedürfen einer unabhängigen Aufklärung. Seit Monaten kritisieren Geflüchtete und Menschenrechtsverbände die unmenschlichen Lebensbedingungen in der Erstaufnahmeeinrichtung (EA) Donauwörth. Innenminister Herrmann nutzte von der Polizei verbreitete falsche Anschuldigungen gegen die Geflüchteten, um am Freitag persönlich nach Donauwörth zu reisen und dort seinen Wahlkampf weiter mit rechten Forderungen nach mehr Polizei und Abschiebungen anzuheizen. Die Geflüchteten aus der EA in Donauwörth verfassten eine Stellungnahme (vgl. unten), in welcher sie die haltlosen Beschuldigungen entkräften und zurückweisen, die Freilassung der Gefangenen fordern, sowie Anerkennung der Asylanträge, Arbeitserlaubnis und Schutz vor der Polizei“.

Siehe zuvor dazu im LabourNet Germany:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=131879
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