BayPsychKHG: Bayern will psychisch Kranke wie Straftäter behandeln

BayPsychKHG„… Bayern plant nicht nur das umstrittene, superscharfe neue Polizeigesetz, um massiv gegen echte und angebliche Gefährder vorzugehen. Bayern plant auch eine Art Polizeirecht gegen psychisch kranke Menschen. Der Entwurf für ein „Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz“ führt zur Mollathisierung des Rechts: Depressive Menschen sollen künftig nach Regeln, die bisher nur für Straftäter galten, in Krankenhäusern festgesetzt werden können – ohne dass (wie bei Gustl Mollath) eine Straftat vorliegt. So steht es im Gesetzentwurf, der vom Kabinett Söder verabschiedet worden ist. Schon der Name des Gesetzes ist eine Täuschung: Es enthält vier Paragrafen über „Hilfe“ für Kranke – und 35 über ihre „Unterbringung“ zu Zwecken der Gefahrenabwehr. Die Fachwelt ist entsetzt; als einzige positive Errungenschaft im neuen Gesetz gilt der Aufbau eines flächendeckenden psychiatrischen Krisendienstes. Fast alle anderen Vorschriften orientieren sich am Strafrecht und am Maßregelvollzug für Straftäter. Die Stellungnahmen der Mediziner und Psychiater lesen sich daher wie ein Aufschrei. (…) Die neuen Vorschriften über Zwangsunterbringung in Krankenhäusern sind den Vorschriften für die Unterbringung im Strafrecht entnommen: Besuche werden stark eingeschränkt und kontrolliert, Telefonate überwacht, die Kranken durchsucht – dazu gehört auch die Kontrolle der intimen Körperöffnungen. (…) Die Klinik ist verpflichtet, die Entlassung der Polizei zu melden. Die Daten, inklusive Diagnose und Befund, werden an eine Zentralstelle weitergeben, fünf Jahre gespeichert, stehen dem Zugriff staatlicher Organe zur Verfügung…“ Kommentar von Heribert Prantl vom 16. April 2018 bei der Süddeutschen Zeitung online – Ginge es um die Gefährdung des sozialen Rechtsstaats und der Demokratie, wären einer Gefahr vorbeugenden Maßnahmen wohl eher bei der bayerischen Staatsregierung angebracht… Siehe dazu Gesetzesentwurf und weiteren (ersten) Protest:

  • Fachverbände beklagen Stigmatisierung der psychisch Kranken
    Kompetente und möglichst rasche Hilfe: Das benötigen Menschen nicht nur bei Unfällen, einem Schlaganfall oder Herzinfarkt, sondern auch bei psychischen Erkrankungen. Ein Gesetz dafür ist in Bayern seit langem überfällig. Nun liegt ein Entwurf vor – doch der bringt die Fachverbände auf die Palme. „Was die Staatsregierung jetzt vorhat, hat den Namen Hilfegesetz nicht mehr verdient, sondern es ist ein Stigmatisierungsgesetz“, protestiert Elke Ernstberger, Leiterin der Dienste für psychisch Kranke bei der Nürnberger Stadtmission. Und genau das sollte es auf keinen Fall werden. Denn: „Betroffene dürfen nicht vorrangig als Gefahr für die öffentliche Sicherheit betrachtet und behandelt und psychiatrische Einrichtungen nicht zum Angstort werden. Genau das aber passiert nach dem vorliegenden Entwurf.“ (…)“Es ist fatal, dass hier nicht zwischen der Forensik und der Allgemeinen Psychiatrie unterschieden wird“, bemängelt Brigitte Richter von der Selbsthilfeorganisation „Pandora“. „Hier wird die Unterbringung behandelt wie der Maßregelvollzug in Haftanstalten.“ Schon deshalb sei absehbar, dass sich Betroffene künftig noch länger in mit ihren Problemen einigeln statt möglichst rasch Hilfe zu suchen und in Anspruch zu nehmen. Zudem wird die Überbetonung der Sicherheitsfragen der Wirklichkeit nicht gerecht: Die allermeisten psychisch Kranken neigen allenfalls zu einer Selbstgefährdung, nur von sehr wenigen geht tatsächlich eine Gefahr für die Allgemeinheit aus. (…) In der kommenden Woche ist ein Protestkundgebung in München geplant, ehe am 24. April eine Expertenanhörung im Landtag ansteht“ Meldung von Wolfgang Heilig-Achneck vom 14. April 2018 bei den Nürnberger Nachrichten Nordbayern online externer Link
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