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Großdemonstration gegen ungarisches Wahlergebnis

Ungarn: 20.000 in Budapest gegen Orbans Schulpolitik im Februar 2016Mehrere zehntausend Menschen haben in Budapest gegen den Abbau von Rechtsstaat und Demokratie unter der rechtsnationalen Regierung in dem EU-Land demonstriert. Unter dem Motto „Wir sind die Mehrheit“ verlangten die Teilnehmer eine Neuauszählung der Stimmen bei der Parlamentswahl am 8. April, eine Änderung des Wahlrechts und die Sicherung der Pressefreiheit. Zu der Kundgebung aufgerufen hatten parteiunabhängige Aktivisten. Die Parlamentswahl hatte die rechtsnationale Fidesz-Partei von Ministerpräsident Viktor Orban deutlich für sich entschieden. Nach jüngsten Angaben der Wahlkommission kam sie auf 49,9 Prozent der Stimmen. Aufgrund des Wahlrechts, das die stimmstärkste Kraft unverhältnismäßig begünstigt, errang Fidesz 134 von 199 Parlamentsmandaten und damit eine Zweidrittelmehrheit, die auch eine Verfassungsänderung ermöglichen würde“ – so beginnt die Meldung „Zentausende Ungarn demonstrieren für Demokratie und gegen Viktor Orban“ am 14. April 2018 bei der Deutschen Welle externer Link, worin allerdings zur mutmaßlichen Siegesfeier in der deutsch-ungarischen Handelskammer (siehe unten den Verweis auf unseren Beitrag zur Unterstützung Orbans durch bundesdeutsche Unternehmen) nichts vermeldet wird. Zu den Protesten gegen das Wahlergebnis in Ungarn fünf weitere aktuelle Beiträge:

  • „Stoppt den „Viktator“!“ am 14. April 2018 bei Spiegel Online externer Link verweist abschließend darauf: „Ministerpräsident Orbán regiert Ungarn seit 2010. Er fährt einen nationalistischen und einwanderungsfeindlichen Kurs. Kritiker werfen ihm vor, mit Eingriffen in das Justizsystem sowie der Beschneidung von Presse- und Meinungsfreiheit rechtsstaatliche Grundsätze auszuhebeln. Orbán sorge für die Unterdrückung unabhängiger Medien und systematische Korruption, so lauten weitere Vorwürfe. Selbst in einem EU-Bericht war zuletzt die Rede von einer „systemischen Bedrohung von Demokratie““.
  • „Propaganda für Orbán: Journalisten erklären, wie sie Ungarn manipuliert haben“ am 13. April 2018 bei der Huffington Post externer Link berichtet unter anderem: „Mehrere Mitarbeiter des ungarischen öffentlichen Rundfunks MTVA haben in der britischen Zeitung “The Guardian” eingestanden, an der Stimmungsmache gegen Migranten beteiligt gewesen zu sein. Der alte und neue ungarische Premier Viktor Orbán hat seinen Wahlkampf fast ausschließlich auf die angeblich drohende Masseneinwanderung konzentriert. Die Journalisten bestätigten dem “Guardian”, dass deshalb auch die Rundfunksender vor allem von negativen Geschichten über Flüchtlinge und Migranten berichtet hatten“.
  • „“Wir sind das Volk“: Großdemonstration gegen Orbán, Lebenszeichen des „anderen Ungarn““ am 14. April 2018 beim Pester Lloyd externer Link zu Demonstration und Echo: „Auch im Ausland, in London, Berlin, Brüssel und anderen Städten fanden Solidaritätskundgebungen teil. Die Angaben über die Teilnehmerzahlen in Budapest schwanken zwischen 40.000 und 100.000. Die Wahrheit liegt in der Mitte. Angesichts der sonstigen Lethargie der oppositionellen Kräfte und der kurzen Organisationszeit eine akzeptable Masse, wenn auch nicht der landesweite Massenaufstand, den sich mancher wünschte. Der Schock sitzt noch zu tief. Es sagt auch viel über die Oppositionsparteien, dass nicht eine von ihnen, sondern ein einzelner Student die Demo organisierte und diese Massen mobilisierte. (…)Was wollen die Demonstranten? Sich nicht abfinden, dass mit Hilfe eines getunten Wahlrechts und medial manipulierten Wahlen eine Regierung glaubt, sie habe eine Freifahrtsschein, um die letzten Reste von Demokratie und Freiheit in Ungarn nach ihrem Gutdünken zu beseitigen und das Land Stück um Stück aus der Gemeinschaft Europas zu entfernen. Orbáns 2/3-Mehrheit der Mandate und die fast 50% auf den Parteilandeslisten stüzen sich auf rund 36% der Wahlberechtigten, auf der er seinen kleptokratisch -völkischen Ständestaat aufbaut, der gegen Grundrechte und gegen die EU gerichtet ist, Hass gegen Andersdenkende, Flüchtlinge und unter den Ungarn schürt. Zahlreiche Ungereimtheiten beim Ablauf der Wahlen regten außerdem auf. Wie als Beleg stiftete die regierungsnahe Presse vor der Demo entsprechend Panik, sprach von bezahlten Söldnern Soros` und warnte mit blutrünstigen Szenarien vor gewaltbereiten Demonstranten. Nichts davon entsprach der Wahrheit, die Menge war wütend, aber blieb friedlich“.
  • „Zeit ist’s, euch zum Kampf zu scharen“ von Ralf Leonhard am 15. April 2018 in der taz externer Link zu Vorhaben der neuen Orban-Regierung: „Dass der vor dem Holocaust aus Ungarn geflohene Soros als Sündenbock für alles herhalten muss, ist Alltag. Was die Wochenzeitung Figyelő da am Donnerstag publizierte, erschreckte dann aber die liberale Öffentlichkeit doch. Das Orbán nahe-Blatt veröffentlichte eine Liste von 200 „Leuten des Spekulanten“. Aufgelistet wurden Leiter und Mitarbeiter von NGOs wie dem Helsinki Committee und Amnesty International sowie Professoren der von Soros gegründeten Budapester Central European University (CEU). Von „Henkerslisten“ spricht Róbert Friss in der sozialdemokratischen Zeitung Népszava und wirft Figyelő vor, „den Hass zu legalisieren“. Das Wochenmagazin HVG sieht den Hetzartikel in seiner Online-Ausgabe als „eine neue Stufe des Schikanierens von NGOs“. Im Parlament liegt bereits die Vorlage für ein Gesetz, das Nichtregierungsorganisationen, die Flüchtlingen helfen, verbieten oder mittels Strafsteuern in den Konkurs zwingen soll. (…) Nach Protesten von Angehörigen mehrerer „Soros-Söldner“, die bereits längst tot sind, wurden deren Namen gestrichen. Sonst zeigte man im Sudelblatt keinerlei Einsicht in die Tragweite des publizistischen Skandals. Im Gegenteil: Die Liste werde am Ende 2.000 Personen umfassen, hieß es aus der Redaktion“.
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=130628
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