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Kambodschanische Bauern im Widerstand gegen Zuckermultis aus Thailand und Kautschukmultis aus China

Kambodschanische Bauern gegen Landgrabbing von Konzernen aus Thailand und China Februar 2018Vertriebene kambodschanische Bäuerinnen und Bauern haben eine richtungsweisende Klage gegen den thailändischen Zuckerproduzenten Mitr Phol eingereicht. Die Sammelklage wurde von zwei Betroffenen bei einem thailändischen Zivilgericht eingereicht. Die Kläger vertreten rund 3.000 Betroffene aus fünf Dörfern im Nordwesten Kambodschas. Ihnen sei ihr Land und damit ihre Lebensgrundlage genommen worden, um Platz für eine Zuckerrohr-Plantage zu schaffen, berichtete die Menschenrechtsorganisation FIAN.  Mitr Phil, weltweit viertgrößter Zuckerhersteller, versorgt laut FIAN bekannte Marken wie Coca-Cola, Pepsi, Nestle und Mars. Die Kläger werden von der Legal Rights und Environmental Protection Lawyers Advocacy Associaton sowie der Community Ressource Centre Foundation vertreten. Die Klage ist die erste bei einem thailändischen Gericht eingereichte Sammelklage von Nicht-Thailändern, die sich gegen Menschenrechtsverstöße eines thailändischen Unternehmens außerhalb des Landes richtet. Die Kläger bringen vor, dass Mitr Phols Geschäftstätigkeit in der kambodschanischen Provinz Oddar Meanchey zu gewaltsamen Vertreibungen, dem Niederbrennen von Häusern, der Plünderung von Ernten und Vieh sowie der Inbesitznahme von Land örtlicher Bauern geführt habe. Wälder, die das Unternehmen eigentlich den örtlichen Gemeinschaften zugesichert hatte, seien Gemeinschaften illegal entrissen worden, obwohl sie für deren Lebensunterhalt notwendig seien. Personen, die Widerstand leisteten, seien bedroht, festgenommen und eingesperrt worden“ – aus der Pressemitteilung „Klage gegen größten asiatischen Zucker-Produzenten“ von FIAN am 12. April 2018 beim EPO-Portal externer Link, worin auch noch berichtet wird, dass das Unternehmen die Auflagen, die ihm von der thailändischen Menschenrechts-Kommission gemacht worden waren, missachtet. Das üble Treiben der Zuckerhersteller aus verschiedenen Ländern ist (auch) Ergebnis einer Entwicklungspolitik der Regierung in Pnom Penh, die zunehmend auf Widerstand stößt. Siehe zum Wirken der globalen Zuckerindustrie in Kambodscha und dem Widerstand dagegen drei weitere Beiträge, die die gesellschaftliche Bedeutung der Auseinandersetzung ebenso deutlich machen, wie die Verknüpfung mit der Regierung:

  • „Coalition condemns land grabbing“ von May Titthara am 06. Februar 2018 in der Khmer Times externer Link ist ein Beitrag über den Protest gegen das chinesische Zucker-Unternehmen Hengfu Group Sugar Industry Co Ltd, gegen das, wie auch gegen andere im Lande tätigen Zuckermultis, die Asian Peasant Coalition den transnationalen Widerstand organisiert. Kambodscha hat im Zuge seines Entwicklungsplanes, aus der kleinbäuerlichen Landwirtschaft eine Agroindustrie zu entwickeln rund 2,1 Millionen Hektar Landkonzessionen an Unternehmen aus den Bereichen Zucker, Gummi und Palmöl vergeben, rund 20% davon an mehrere chinesische Unternehmen, die nach Angaben von Aktiven des Widerstandes vor Ort aber offensichtlich allesamt zur Hengfu Gruppe gehören.
  • „Landraub in Kambodscha – Wie die Kautschuk-Industrie ganze Leben zerstört“ von Martina Doering am 05. Januar 2018 in der Berliner Zeitung externer Link steht hier als Beispiel dafür, dass der Landraub eben auch in anderen Bereichen, als in der Zuckerindustrie stattfindet – und der Widerstand auch: „Es fanden Wahlen statt, die neue Regierung leitete Wirtschaftsreformen ein und öffnete sich für ausländische Investoren. Seit etwa 15 Jahren glänzt Kambodscha nun mit zweistelligen Wachstumszahlen. Und Licadho hat eine neue Klientel hinzubekommen: Naly Pilorge muss jetzt jenen beistehen, die von den Investoren von ihrem Land vertrieben werden. Naly Pilorge vibriert vor Energie, will in einem Café von Phnom Penh von den Schattenseiten dieser Entwicklung erzählen und ist vom Lärm der Baustelle nebenan ziemlich genervt. „Überall werden Menschen vertrieben, ob in der Stadt vom Flussufer des Tonle Sap, um dort die Promenade anzulegen, oder hier, um Hotels zu errichten. Ob in entlegenen Provinzen, um die Bodenschätze abzubauen oder den Regenwald abzuholzen für Gummibäume, aus denen Kautschuk gewonnen wird.“ Landraub, sagt Naly Pilorge, sei mittlerweile das größte Problem in Kambodscha. Betroffen sei davon besonders die Provinz Ratanakiri im äußersten Norden. Die Gegend sei völlig unterentwickelt, aber reich an Bodenschätzen und dünn besiedelt, vor allem von ethnischen Minderheiten. „Die Regierung erlaubt zwar ausländischen Hilfsorganisationen, dort zu arbeiten, um die Situation der Leute zu verbessern. Gleichzeitig aber lässt sie das Land für ausländische Konzerne konfiszieren. Schauen Sie sich das an, um zu verstehen, was in Kambodscha passiert“, empfiehlt sie“.
  • Zucker für den EU-Markt – Landraub in Kambodscha“ von Manfred Hornung bereits am 09. Mai 2011 bei der Heinrich Böll Stiftung externer Link, worin schon damals berichtet wurde: „Versuche der betroffenen Bevölkerung, bei der notorisch korrupten und regierungshörigen Justiz Gehör zu finden, waren ebenso erfolglos wie die zahlreichen Petitionen an zuständige Regierungsbehörden und das Parlament. Die Firmen setzten mit Unterstützung staatlicher Stellen ihre Einschüchterungskampagne ungehindert fort, um so die Herausgabe der Felder zu erzwingen. Im Dezember 2009 leiteten die Firmen kontaminiertes Abwasser aus ihrer Zuckerraffinerie in einen nahegelegenen Fluss. Viele Menschen und Nutztiere erkrankten. Die Verursacher wurden auch in diesem Fall nicht zur Rechenschaft gezogen. Viele Dorfbewohner gaben frustriert und erschöpft den Kampf um ihr Land auf.  Die einseitige Haltung der Gerichte und der staatlichen Stellen erscheint umso fragwürdiger, als schon zu Beginn des Konflikts eine Reihe von Berichten erschienen sind, die umfassend auf die schweren Menschenrechtsverletzungen und willkürlichen Enteignungen in Botum Sakor und Sre Ambel eingingen. So hat das Menschenrechtskommissariat der Vereinten Nationen in Kambodscha schon im Juni 2007 in einem Bericht auf die massive Zerstörung der Felder durch die Firmen und die damit einhergehende Verletzung nationalen und internationalen Rechts hingewiesen. (…)Am 2. August 2006 hatten zwei Firmen, „Koh Kong Plantation Company Limited” und „Koh Kong Sugar Industry Company Limited”, Konzessionsverträge mit dem kambodschanischen Landwirtschaftsministerium gezeichnet. Zweck der Konzessionen war der Anbau und die Verarbeitung von Zuckerrohr. Beide Konzessionen waren jeweils über 9000 Hektar groß und grenzten direkt aneinander. In der Tat bildeten sie eine einheitliche, 19.100 Hektar große Konzession in den beiden Distrikten von Botum Sakor und Sre Ambel in der Provinz Koh Kong.  Formal vermittelten die Verträge den Eindruck, dass es sich bei beiden Firmen um streng getrennte Rechtsträger handelt. Bei näherem Hinsehen stellte sich jedoch heraus, dass die Inhaberstruktur beider Firmen nahezu identisch ist und beide Firmen die gleiche Büroanschrift teilen. Wesentliche Anteilseigner beider Firmen sind der thailändische Zuckerkonzern Khon Kaen Sugar Industry Public Company Limited (KSL), mit jeweils 50 Prozent, und der kambodschanische Geschäftsmann und Senator der regierenden Kambodschanischen Volkspartei (CPP), Ly Yong Path, mit jeweils 20 Prozent. Derartige Konzessionsverträge mit den entsprechenden Firmenkonstruktionen sind üblich, um das kambodschanische Landrecht zu umgehen, das eine absolute Höchstgrenze von 10.000 Hektar für Konzessionen festlegt.  Senator Ly Yong Path von der CPP hat weitreichende Erfahrungen mit derartigen Umgehungsgeschäften. Im Januar 2008 registrierte er in der Provinz Oddur Meanchey über ein ähnliches Firmengeflecht drei Zuckerrohrkonzessionen mit einer Gesamtgröße von 19.700 Hektar in Kooperation mit dem thailändischen Zuckerkonzern Mitr Phol. Im Oktober 2009 kam es dort zu gewaltsamen Vertreibungen von ansässigen Kleinbauern. In der Provinz Kampong Speu halten Ly Yong Path und seine Ehefrau seit Februar 2010 zwei Zuckerrohrkonzessionen mit über 16.000 Hektar Gesamtfläche, die ebenfalls direkt aneinandergrenzen. Auch in Kampong Speu sieht sich die dort lange ansässige kleinbäuerliche Bevölkerung massiven Repressalien seitens der Firmen ausgesetzt. Insgesamt sind rund 12.000 Menschen in den drei Provinzen von den illegalen Machenschaften Ly Yong Paths und seiner Geschäftspartner im Rahmen der Erteilung von Zuckerrohrkonzessionen betroffen“.
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=130510
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