Hartz IV: Arbeitsagentur will gleiche Strafen für Erwachsene und Jugendliche – nicht angleichen, abschaffen!

Wer nicht spurt, kriegt kein GeldDie Bundesagentur für Arbeit hat 2017 etwas mehr Sanktionen gegen Hartz-IV-Empfänger ausgesprochen als im Jahr zuvor. Kritik gibt es für die schärferen Vorschriften für Hartz-IV-Bezieher unter 25 Jahren – sie sollen den Sanktionen für Erwachsene angeglichen werden. (…) Scheele, der früher in Hamburg für die SPD Sozialsenator war, hält von solchen drakonischen Strafen gar nichts: „Die Sanktionierung auf null finde ich nicht vernünftig“, sagt er. Manche Jugendliche würden nach derart harten Sanktionen den Kontakt zum Jobcenter ganz abbrechen. Damit stünden sie aber auch nicht mehr für eine Vermittlung auf dem Arbeitsmarkt oder für qualifizierende Maßnahmen zur Verfügung. Das könne niemand wollen. Der BA-Chef spricht sich dafür aus, bei den Kosten der Unterkunft auf eine Sanktionierung gänzlich zu verzichten. Scheele gibt zu bedenken, dass es aufgrund der angespannten Wohnungsmärkte in vielen Städten „ausgesprochen schwer“ sei, wieder eine Wohnung zu finden. „Drohende Wohnungslosigkeit hilft uns bei der Vermittlung und auch sonst nicht weiter“, sagt er. Der BA-Chef empfiehlt stattdessen, die Sanktionspraxis zwischen Jugendlichen und Erwachsenen anzugleichen…“ Artikel von Thomas Öchsner vom 11. April 2018 bei der Süddeutschen Zeitung online externer Link – und ein Beitrag, der verdeutlicht, dass „Angleichung“ nicht reicht:

  • Repression vom Amt. Hartz IV: Jobcenter sanktionierten vergangenes Jahr auch Tausende Kinder, Elternpaare und Alleinerziehende – teils bis auf Null
    „… Wie schikanös die Ämter dabei nicht nur gegen Erwachsene vorgehen, zeigt nun eine gesonderte Auswertung, die die Bundesagentur für Arbeit (BA) auf Anfrage dieser Zeitung erstellt hat. Danach gilt offenbar das Jugendschutzgesetz nicht für alle: Insgesamt 18.540mal kürzten Jobcenter im vorigen Jahr Minderjährigen die Grundsicherung. Monatlich waren im Schnitt mehr als 200 15- bis 17jährige wegen einer »Pflichtverletzung« komplett sanktioniert. Das praktizieren die Behörden, weil sie Jugendliche ab dem 15. Geburtstag als erwerbsfähig ansehen, wenn sie nicht mehr regulär zur Schule gehen. In 88 Prozent der Fälle war ihr einziges »Vergehen« ein Meldeversäumnis. Der Rest hatte entweder eine Maßnahme abgebrochen oder eine andere Auflage des Jobcenters nicht erfüllt. Jobcenter gehen beim Umsetzen der Strafpraxis auch rücksichtslos gegen Leistungsbezieher mit Kindern vor. Ähnlich wie in den Vorjahren kürzten sie in mehr als jedem dritten Fall einer Familie die Grundsicherung. Von den monatlich insgesamt rund 137.000 Sanktionierten lebten 46.000 mit Kindern in einem Haushalt. Wiederum ein Drittel dieser Betroffenen (14.300) war alleinerziehend. Monat für Monat strichen die Ämter sogar 2.800 Eltern, darunter mehr als 200 Singlemüttern und -vätern, die Leistungen komplett. (…) Dass Jugendliche besonders unter der Strafpraxis leiden und diese auch Obdachlosigkeit produziert, hatte am Mittwoch auch BA-Chef Detlef Scheele (SPD) bei der Präsentation der offiziellen Sanktionsstatistik für 2017 eingeräumt. Am Donnerstag erklärte die SPD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag und Exarbeitsministerin Andrea Nahles, bis dato eiserne Verfechterin des Vorgehens, die harten Sanktionen für unter 25jährige für »keinesfalls sinnvoll«. Die Kürzungen generell abzuschaffen halte sie aber für »schwierig«, sagte sie der Frankfurter Rundschau…“ Artikel von Susan Bonath in der jungen Welt vom 13.04.2018 externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=130478
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