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Wollen Francos Erben einen neuen Bürgerkrieg? Nach der Hasstirade des Königs gegen Katalonien: Die spanische Regierung droht mit Armeeeinsatz

So sieht im September 2017 die Guardia Civil ausZu kritisieren ist nicht nur der Spanische Staat, der mit seinem Vorgehen noch einmal eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat, nach wie vor in Kontinuität zum Franquismus zu stehen. Zu kritisieren ist auch nicht nur die Komplizenschaft der EU und ihrer Regierungen zum postfranquistischen Regime. Zu kritisieren ist darüber hinaus und nicht zuletzt die subjektive Loyalität der spanischen Mehrheitsgesellschaft zu ihrem Regime. In ihr liegt das eigentlich politische, deshalb auch das am Schwersten zu lösende Problem dieser Krise und vieler anderen Krisen: das Problem der freiwilligen Knechtschaft der Meisten, und das Problem der Gewalt der Knechte gegen die, die keine Knechte mehr sein wollen. Das schließt die Teile der spanischen (und nicht nur der spanischen) Linken ein, die das Regime in Madrid nur insoweit kritisieren wollten, als sie die Bewegung für das Referendum im selben Zug zur Anerkennung der Einheit des Spanischen Staates und damit zur Unterwerfung unter seine Gewalt aufgefordert haben“ ist eine Passage aus dem Beitrag „Katalonien: Demokratie und Sezession“ von Thomas Seibert am 05. Oktober 2017 bei DiEM 25 externer Link – ein besonders eindeutig formulierter Beitrag aus der immer heftigeren Debatte um das Verhältnis der Linken zum Separatismus, in dem auch die übliche Kritik, die Sezessionsbestrebungen seien kleinbürgerlich und nicht sozial begründet, nicht nur für Katalonien zurück gewiesen wird. Siehe zur Entwicklung in Katalonien und zur Debatte um Linke und Sezession fünf weitere aktuelle Beiträge:

„Der Schatten des Caudillo“ von Georg Pichler am 06. Oktober 2017 in der jungen welt externer Link ist ein Beitrag, der sich überblickartig mit der Bedeutung des Übergangs von der klerikalfaschistischen Diktatur zur bürgerlichen Demokratie befasst – inklusive ihrer heutigen „Nachwirkung“: „Die franquistische Propaganda hingegen überzog während der fast vierzig Jahren dauernden Diktatur Spanien flächendeckend. Der Nationalkatholizismus wurde zur Staatsdoktrin erhoben, das Arbeitsleben in die ständestaatlichen Syndikate (Sindicatos verticales) gezwängt und die allgegenwärtige Guardia Civil überwachte die Bevölkerung. Der Bürgerkrieg war in dem streng kontrollierten Land der Kampf des Guten gegen das Böse. Es kam zu einer allumfassenden Indoktrination von klein auf, in Publikationen, auf Münzen, Briefmarken und Bildern, in Gebäuden, Kirchen und auf Friedhöfen sowie an zahlreichen Erinnerungsstätten wie etwa dem Valle de los Caídos im Nordwesten von Madrid. Die Gefallenen der putschistischen Seite wurden fast alle exhumiert und bestattet, ihre Familienangehörigen materiell und sozial entschädigt. Der Feind hingegen sollte ein für alle Mal aus Spanien verbannt, sollte real und ideell »mit der Wurzel ausgerottet« werden. Nach dem Tod von Francisco Franco am 20. November 1975 wurde versucht, die Diktatur so reibungslos wie möglich in eine Demokratie zu verwandeln. Dieser Transición genannte Übergang hin zu einer parlamentarischen Monarchie verlief keineswegs so harmonisch und friedlich, wie üblicherweise behauptet. Einerseits gab es zwischen 1968 und 1983 rund 560 Todesopfer durch Terror von links und rechts, auf der anderen Seite mussten die politischen Spannungen zwischen den Repräsentanten der Diktatur und den Vertretern des Exils und der Zivilbevölkerung durch lange Verhandlungen und zahlreiche Zugeständnisse abgebaut werden. So gab etwa die Kommunistische Partei im Austausch für ihre Anerkennung durch den Staat ihren revolutionären Anspruch schrittweise auf und akzeptierte die Monarchie sowie die im wesentlichen von der Franco-Zeit übernommene spanische Flagge. Die beiden Amnestiegesetze der Jahre 1976 und 1977 betrafen weniger die linken politischen Häftlinge jener Zeit (bloß 89 Gefangene kamen durch sie frei), sondern schützen bis in die Gegenwart die Folterer und Mörder des Spätfranquismus vor strafrechtlicher Verfolgung. Anders als heute oft behauptet wird, war die Transición eine sehr bewegte Zeit. Es konnte erstmals ohne Angst diskutiert und ohne Zensur veröffentlicht werden, und so erschienen viele wichtige Bücher über den Bürgerkrieg und die Diktatur.(…) Die Aufbruchstimmung endete mit dem Putsch des Oberstleutnants Antonio Tejero am 23. Februar 1981, der zwar scheiterte, aber vielen klarmachte, dass der Franquismus und mit ihm eine seiner Hauptbastionen, das Militär, immer noch große Macht hatte“.

„Anarchists on the #CatalanReferendum: Three Perspectives from the Streets of #Catalonia“ am 03. Oktober 2017 bei Enough is Enough externer Link ist eine kleine Sammlung von drei Beiträgen, in denen Aktive gegen den Polizeiterror Madrids aus anarchistischen Zusammenhängen Kataloniens ihre persönlichen Erfahrungen, Ansichten und Empfindungen – durchaus unterschiedlicher Art – berichten, wie sie sich in diesen Tagen entwickelt haben. Ist hier auch als Beispiel für sich entwickelnde breitere Debatten in verschiedenen linken und gewerkschaftlichen Strömungen gedacht, oft genug der Sezession gegenüber ablehnend oder kritisch, erst recht aber gegen den militaristischen Aufmarsch rund um die Guardia Civil und ihre faschistischen Freunde gerichtet.

„Expertenteams: „Gut geplante militärähnliche Operation“ in Katalonien“ von Ralf Streck am 06. Oktober 2017 bei telepolis externer Link, worin die aktuelle Entwicklung so skizziert wird: „Zwar sei die Tür stets offen für einen Dialog, sagte Puigdemont, doch die „katalanischen Institutionen müssten „das Referendumsergebnis“ umsetzen, da sich mehr als 90 Prozent für die Unabhängigkeit ausgesprochen haben. Er kritisierte, dass in Brüssel mit zweierlei Maß gemessen werde. „Fundamentale Freiheitsrechte“ europäischer Bürger würden verletzt, „aber von der EU kommt nichts.“ Madrid gehe längst wie „ein autoritärer Staat“ vor, sagte Puigdemont. „Die spanische Regierung lässt politische Gegner festnehmen, beeinflusst Medien, lässt Internetseiten blockieren.“ Wenn das in „der Türkei, Polen oder Ungarn passiert, ist die Empörung dagegen riesig“. Er griff auch die Brandrede des spanischen Königs an. Der hatte am Vorabend nicht die ihm von der Verfassung zugewiesene Vermittlerrolle eingenommen. Stattdessen fordert Felipe ein hartes Vorgehen, um die „Ordnung“ wiederherzustellen. Von den Worten des Militärchefs fühlen sich spanische Rechtsradikale in ihrem Kurs bestärkt. Während schon von der Verlegung von Militäreinheiten nach Katalonien berichtet wird, drohte Verteidigungsministerin María Dolores de Cospedal erneut mit ihrem Einsatz. Die Streitkräfte hätten die Aufgabe, die „Souveränität und Unabhängigkeit Spaniens zu garantieren und die Integrität sowie die verfassungsmäßige Ordnung zu verteidigen“, sagte sie am Donnerstag“.

„Cospedal también amenaza: “la constitución encomienda al ejército defender la integridad territorial y el ordenamiento constitucional”“ am 05. Oktober 2017 bei kaosenlared externer Link ist ein Beitrag zur Dokumentation der Verlautbarung des sogenannten Verteidigungsministeriums, dass die Verteidigung der territorialen Integrität Spaniens laut Verfassung ein Armeeauftrag sei…

„Neonazis lideran manifestaciones en solidaridad con la Policía y la Guardia Civil“ von Nilo Ribo am 05. Oktober 2017 bei kaosenlared externer Link ist der Begleittext zu einem kurzen Video über die prospanische Demonstration in Barcelona – die natürlich auch eine Demonstration zur Unterstützung der Guardia Civil war – aus dem deutlich wird, dass der Kern der DemonstrantInnen aus aktiven und bekannten Nazis bestand.

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=122369
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