Newsletter am Freitag, 18. August 2017

Kurzer Überblick über die heutigen LabourNet Germany News:

Hier im (kostenlosen, aber spendenfähigen) Newsletter die WICHTIGSTEN der neu veröffentlichten Beiträge auf unserer Homepage

1. Internationales » Spanien » Arbeitskämpfe

Regierung befiehlt Zwangsschlichtung binnen 24 Stunden zur Beendigung des Streiks der Gepäckkontrolleure am Flughafen Barcelona

Der spanische Ministerrat hat einmal mehr deutlich gemacht, wes Geistes Kind er ist: Binnen 24 Stunden, so das Dekret, müsse die anbefohlene Zwangsschlichtung des Streiks der Eulen-Beschäftigten am Flughafen El Prat zu einem Ergebnis kommen, das Unternehmen (!) und Belegschaft zur Beendigung der Auseinandersetzung zwinge (zur Situation und den Forderungen siehe den Verweis am Ende dieses Beitrages). Natürlich wird beteuert, das Streikrecht bestehe weiter (man darf es nur nicht nutzen wollen). Aber, passt gerade besonders: Die Sicherheit! Muss! Gesichert! Werden! und ähnliches, wie etwa die besondere wirtschaftliche Bedeutung des Tourismus. Kein Wort zur eigenen Verantwortung: Die allseitige Privatisierung (bei dieser Regierung oft genug nach freundschaftlichen Prinzipien geregelt), die erst zu solch maximalen Ausbeutungsstrategien geführt hat. Weswegen auch an anderen Flughäfen Spaniens Streikbeschlüsse diskutiert – und gefasst werden. (Und kein Zufall, dass gerade „in der Saison“ etwa auch in der BRD massive Klagen und erste Aktionen kommen). Siehe dazu vier aktuelle Beiträge

2. Internationales » Frankreich » Arbeitskämpfe

Nach dem ersten großen Protest-Tag in Paris: Die Bewegung bei Deliveroo geht weiter

Die Protestbewegung der französischen Deliveroo-Beschäftigten, die sich aus Bordeaux kommend über Lyon nach Paris ausgebreitet hat, hat mit den Pariser Protesten vom 11. August 2017 (siehe dazu auch den Verweis am Ende dieses Beitrages) einen ersten Höhepunkt erlebt – inklusive vielfältiger Medien-Berichterstattung. Dass das Unternehmen, das in 20 Städten Frankreichs rund 7.500 Menschen beschäftigt, behauptet (wie immer und überall) es beschäftige niemand, sondern habe selbstständige Partnerinnen und Partner, ist sozusagen „Normalverhalten“ im Rahmen eines Geschäftskonzepts, das (mindestens) Sozialbeiträge umgehen will. Dass aber das Unternehmen dann sich schlicht und arrogant weigert, mit seinen „Partnern“ überhaupt zu reden, enthüllt nicht nur den wahren Charakter dieser Arbeitsbeziehung, sondern findet selbst in gutbürgerlichen Medien ein eher kritisches Echo. Siehe dazu eine Erklärung des Pariser Fahrer-Netzwerks CLAP nach dem Aktionstag und einen Beitrag der Gewerkschaft SUD Solidaires, die diesen Kampf, wie die CGT, unterstützt

3. Internationales » Südafrika » Arbeitskämpfe » Streiks der Bergarbeiter » Das Massaker von Marikana

Das Massaker von Marikana 5 Jahre danach: Eine Zeitenwende im Südafrika nach der Diktatur

Eine ganze Serie von großen und kleinen Veranstaltungen, Kundgebungen, Protesten und Gedenkaktivitäten fanden am 16. August 2017, dem 5. Jahrestag des Massakers von Marikana quer durchs Land statt, mit der zentralen Veranstaltung der Bergbaugewerkschaft AMCU am Ort des damaligen Geschehens. Hatten im Vorfeld Organisationen, die der Regierung nahe stehen (oder ihr Bestandteil sind, wie etwa im Falle des Gewerkschaftsbundes Cosatu) versucht, die dem ANC „genehme“ Interpretation der Ereignisse in der Öffentlichkeit zu verbreiten (siehe dazu auch den Verweis am Ende dieses Beitrages), so war der Jahrestag selbst ein Tag, an dem die Kritik an der Regierung des Dreibundes (ANC, Cosatu, KP Südafrikas) im Mittelpunkt stand: Hungerlöhne und extrem problematische Lebensbedingungen haben zu jenem regelrechten Aufstand der Bergarbeiter geführt, den so viele mit dem Leben bezahlen mussten. Ein gewisser Herr Ramaphosa, der gerne nächster Präsident werden möchte, hatte in der Tat die Stirn, sich zur Veranstaltung einzuladen – und wurde ausgeladen. Siehe dazu zwei Videos vom 16. August 2017 sowie einen Beitrag zur Würdigung der getöteten Bergarbeiter von Marikana

4. Internationales » Türkei » Lebensbedingungen

Waldbrände in Ostanatolien: Ein Werk der Regierung in Ankara. Und ihrer Armee

Tunceli (Kerngebiet der historischen Region Dersim in Ostanatolien) wurde besonders ab den 80’er Jahren Zielscheibe von militärischen Operationen der türkischen Armee. Dies hat u.a. zur Flucht, Vertreibung und Auswanderung der Bevölkerung aus der Region geführt. Die einheimische Bevölkerung dieser Region gehört mehrheitlich der alevitischen Glaubensrichtung an und unterscheidet sich ethnisch vom Türkentum. Aus diesem Grund versucht der türkische Staatsapparat durch militärische Auseinandersetzungen, durch Bau von Staudämmen, durch Goldabbauprojekten mit naturschädigenden Methoden u.ä. die Flucht und Auswanderung der einheimischen Bevölkerung aus dieser Region zu forcieren um so eine ethnische und religiöse Säuberung in Tunceli (Dersim) zu verwirklichen. Augenzeugen berichten über willkürliche Bombardierungen von Gebirgen und Wäldern in mehreren Landbezirken der Stadt Tunceli“ – eine Passage aus der Erklärung „Waldbrände bedrohen Mensch und Natur in der ostanatolischen Stadt Tunceli (Dersim)“ des Zentralrats der Dersimer in Europa vom August 2017, die wir hier dokumentieren

5. Internationales » Haiti » Arbeitskämpfe

Erklärung der haitianischen Textilgewerkschaft zum Kampf um die Erhöhung des Mindestlohns

Monatelang haben die Belegschaften der Textilunternehmen in verschiedenen Sonderwirtschaftszonen Haitis für eine Erhöhung des Mindestlohns gekämpft und dabei Entlassungsterror, Polizeigewalt und Medienhetze widerstanden – sowie einer Regierungspolitik, die sich offen, eindeutig und bewusst gegen die ArbeiterInnen stellte und weiterhin stellt. Die Tatsache, dass es etwa sogenannte Gewerkschaftsvertreter in dem nationalen Gremium gibt, das den Mindestlohn regelt, die einer Erhöhung in Höhe eines schlechten Witzes zustimmten, brachte zwei Folgen zutage: Zum einen war es eine Vorlage für die Propaganda der Regierung, die ganze Bewegung sei das Werk radikaler Kräfte (die „vernünftigen Gewerkschafter“ – die selbst wohl etwas mehr als den Mindestlohn beziehen – hätten ja der vorgeschlagenen offiziellen Erhöhung zugestimmt), zum zweiten wird dadurch aber auch eine tiefe Spaltungslinie in der haitianischen Gewerkschaftsbewegung (einmal mehr) deutlich. Die Erklärung „In our viewpoint, this is not “create jobs.” This is disguised unemployment“ der Gewerkschaft SOTA-BO vom 03. August 2017, die nunmehr in englischer Übersetzung vorliegt und die wir mir hiermit dokumentieren (Die Überschrift ist von LabourNet Germany), unterstreicht die massive Repression, stellt fest, dass selbst der geforderte Mindestlohn von 800 Gourdes nicht wirklich zum Leben reiche – und fordert die Ersetzung der Gewerkschaftsvertreter im Lohnrat. Mit der Erklärung soll die Debatte um die Fortsetzung des Kampfes nach seinem aktuellen faktischen – vorübergehenden – Ende begonnen werden.

6. Branchen » Automobilindustrie » VW » VW international

a) [Polen] VW Poznań in Polen: Sie entlassen uns – wir gründen eine neue Gewerkschaft!

In der vergangenen Woche hat die Gewerkschaft OZZ Inicjatywa Pracownicza [Arbeiterinitiative] im VW-Werk in Poznań eine Betriebsgruppe gegründet. Gleichzeitig wurde drei Arbeitern gekündigt, einem davon disziplinarisch. Begründet wurden die Entlassungen damit, dass sie bei Facebook geschrieben hatten, angesichts der immer schlechteren Arbeitsbedingungen müsste eine Gewerkschaft gegründet werden. Offiziell betrachtet VW das als üble Nachrede gegen den Konzern. In Wirklichkeit ging es darum zu verhindern, dass im Betrieb eine Organisation entsteht, die tatsächlich die Interessen der Belegschaft vertritt. Bis jetzt hatte die Gewerkschaft NSZZ Solidarność hier ein Monopol. Dank der Entschlossenheit der Beschäftigten bei VW gelang es letztlich, eine neue Betriebskommission [Betriebsgruppe] der Gewerkschaft zu gründen. Die drei Arbeiter, die sich dafür engagiert hatten, sind jedoch immer noch draußen. Ihre Entlassung ist nichts anderes als Repression für den Versuch, sich im Kampf für eine bessere Lebensqualität aller Beschäftigten im Werk zu organisieren…“ Meldung der OZZ Inicjatywa Pracownicza in deutscher Übersetzung vom 15.8.2017 im Volltext

  • Darin auch – neben informativen Übersetzungen aus der polnischen Presse – das Flugblatt an die VW-Beschäftigten: „Das Leben eines normalen Arbeiters bei VW ist kein Urlaub. Die Arbeit ist hart und eintönig, die Geschäftsführung zwingt uns zu Überstunden, Leiharbeitsverträge werden jahrelang verlängert, die Löhne sind zu niedrig, um Spaß am Leben zu haben, Überstundenzuschläge werden mit einjähriger Verspätung ausgezahlt. … Zu alledem haben wir auch noch die Solidarność, die fest an der Seite der Geschäftsführung steht. Ihre Leute sieht man nie in den Produktionshallen, denn sie verstecken sich in den Büros. Bei alltäglichen Problemen o.ä. ist von ihnen kaum Hilfe zu erwarten. Vor Kurzem hat die Solidarność der Einführung einer zusätzlichen 18. Schicht zugestimmt, und zwar ohne die Arbeiter zu fragen. Aber wenn die Solidarność nicht den Willen der Arbeiter vertritt, wozu ist sie dann im Betrieb?…

b) [China] Offener Brief der VW Arbeiter aus China von Unternehmen und Betriebsrat seit einem Monat: Unbeantwortet – deswegen ein neuer Vorstoß mit „Brief 2 aus Changchun“

Wir und mehr als 1.000 KollegInnen, die für ihre Rechte kämpfen, hoffen, dass die Betriebsräte (der Konzern) für die Umsetzung der “Charta der Zeitarbeit im Volkswagen-Konzern” sorgen, die vorschreibt, dass Schlichtungsanträge von Beschäftigten, die ihre Rechte einfordern, angenommen werden müssen, sich um eine Beilegung dieser Angelegenheit bemühen, den Schutz der legitimen Rechte und Ansprüche der Beschäftigten anerkennen und sich für die bedingungslose Freilassung unseres Vertreters Fu Tiaobo einsetzen!“ – so endet der zweite Brief aus Changchun „Wir verlangen von VW Deutschland eine klare Reaktion auf unseren Schlichtungsantrag“ vom 13. August 2017, den wir hiermit in deutscher Übersetzung dokumentieren (wer das chinesische Original haben möchte, kann dies über LabourNet Germany erhalten).

7. Branchen » Dienstleistungen, privat und Öffentlicher Dienst » Transportwesen: Speditionen und Logistik » Kurier- und Lieferdienste

Was der Foodora-Streik 2016 in Turin für neue Protestformen in der gig economy bedeutet

Im bisherigen Verlauf des Jahres 2017 gab es in einer ganzen Reihe von Ländern bei Unternehmen der sogenannten Plattform-Ökonomie Proteste und Streiks. Die Ideologie der angeblichen Partnerschaft stößt sich massiv an einer Realität, in der neue Verdienstbedingungen schlichtweg diktiert werden und Einwände von FahrerInnen ebenso schlichtweg ignoriert – bis sie sich zur Wehr setzen. Die Foodora-Proteste in Italien im Herbst 2016 (wir berichteten) waren einer der ersten großen Kämpfe in dieser Branche in Europa, zusammen mit den Bewegungen in Großbritannien. In dem Beitrag „Total Eclipse of Work? Neue Protestformen in der gig economy am Beispiel des Foodora Streiks in Turin“ von Stefania Animento und Cristian Sica in der Ausgabe 187 der Prokla vom Juni 2017 externer Link pdf befassen sich die AutorInnen mit dieser Bewegung und ihrer (möglichen) Bedeutung für die gesamte Branche über Ländergrenzen hinweg, wobei sie von einer Grundskizze ausgehen: „Das Flexibilitätsversprechen, dem die Falle der Prekarität folgt, ist ein Eigenmechanismus der Transformation der gegenwärtigen Arbeit im zeitgenössischen Kapitalismus, für dessen Reproduktion die Inwertsetzung jegliches relationalen und immateriellen Aspektes des menschlichen Lebens notwendig wird (Mason 2015; Candeias 2008). Wie viele Autor_innen bereits in den 1970er Jahren herausstellten, hat die Arbeit die Fabrik als sein „natürlicher“ Standort hinter sich gelassen und sich –durch die Expansion des Dienstleistungssektors – das ganze Leben in Besitz genommen (Negri 1979)“.

  • Wir danken der Redaktion der Prokla (und dem Dampfboot-Verlag) für die Vorab-Freigabe des Links und verweisen auf die gesamte Ausgabe der PROKLA 187 externer Link mit dem Schwerpunkt „Arbeit und Wertschöpfung im digitalen Kapitalismus“

8. Politik » Erwerbslosigkeit » Hartz IV » Die neue Waffe der Arbeitsagenturen: Sperren » Dossier: Gericht bringt Hartz-IV-Sanktionen vor Verfassungsgericht: DGB will eigene Stellungnahme zu Sanktionen im SGB II nicht veröffentlicht sehen [wir schon]

Brief an den DGB von Ursula Mathern: Die Stellungnahme Ihrer Rechtsabteilung vom 31.03.2017…

„… erfreulicherweise hat die o. g. Stellungnahme Ihrer Rechtsabteilung mich – gegen Ihren Willen – erreicht! Es gereicht Ihrer Rechtsabteilung zur Ehre, dass sie – in Anlehnung an die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010, 18.07.2012 und 23.07.2014 – eindeutig zu dem Schluss kommt: „Der Deutsche Gewerkschaftsbund sieht keine Möglichkeit, die Sanktionsvorschriften der §§ 31, 31a, 31b und 32 zu rechtfertigen (…) Dass Sie als Bundesvorstand wahrscheinlich aus parteipolitischen Erwägungen heraus die Veröffentlichung dieser Stellungnahme Ihrer eigenen Rechtsabteilung bis nach der Bundestagswahl verweigern, finde ich verantwortungslos und empörend! Sie, die Sie selbst (noch) in gesicherten und sehr komfortablen Verhältnissen leben, waren nie betroffen von all den negativen Begleiterscheinungen, die sich mit Hartz IV verbinden. Dabei geht es keineswegs nur um das absolute materielle Existenzminimum, das den Betroffenen zugestanden wird. (…) Damals wie aktuell waren/sind sehr viele Menschen für die Verwertungsinteressen des Kapitals überflüssig! Und mit zunehmender Automatisierung wird ihre Zahl noch weiter steigen. D. h. auch Ihre eigene gewerkschaftliche Machtbasis wird sich verkleinern. Doch statt diesen Umstand klar und deutlich zu benennen, wurde und wird „die Schuld“ daran Menschen angelastet. Dies wird durch die Stellungnahme Ihrer Rechtsabteilung zumindest angedeutet. (…) Im Übrigen: Auch die Gewerkschaften meinten damals, sich neutral zum (von der Wirtschaft gesponserten) politischen Regime verhalten bzw. sich arrangieren zu können. Und sie waren bass erstaunt, wie schnell sie entmachtet und enteignet wurden und viele ihrer Mitglieder sich ebenfalls in KZs wieder fanden. Deshalb: Wann, wenn nicht jetzt kommt es darauf an, den Opportunismus fahren zu lassen! Zeigen Sie, dass Sie aus der Geschichte gelernt haben! Positionieren Sie sich öffentlich gegen das Sanktionsregime!...“ Brief an den DGB von Ursula Mathern vom 08.08.2018 pdf – bis heute nicht beantwortet, wir werden berichten

9. Interventionen » Antifaschismus und die neuen alten Rechten » alte und neue Nazis sowie Alltagsrassismus » Dossier: [19. August 2017] Braunes Gedenken an Rudolf Hess in Berlin geplant

Alle Routen bekannt +++ Breiter Gegenprotest +++ MitMach-Aktion von Berlin gegen Nazis +++ Treffpunkte zur Fahrt nach Spandau +++ Einschätzung der MBR

„… Viele zivilgesellschaftliche Organisationen aus Spandau und Berlin rufen ab 11.00 Uhr zum Gegenprotest auf. Unterstützt von mehreren großen Bündnissen aus Berlin. Die Aufmarschroute der Rechtsextremen ist bekannt und führt vom Bahnhof Spandau zum ehemaligen Standort Kriegsverbrechergefängnis in der Wilhelmstraße 23 und von dort in einem Bogen zurück zum Bahnhof Spandau…“ Aktualisierte, umfangreiche Infos beim Berlin gegen Nazis externer Link

10. Interventionen » Asyl, Arbeitsmigration und Antirassismus » Asylrecht und Flüchtlingspolitik » Festung EU

Werden Militäreinsätze gegen Flüchtlinge normal?

Italien schickt Militärschiffe, um zusammen mit der libyschen Küstenwache Menschen an der Flucht aus der Hölle von Libyen zu hindern. Jetzt will auch der bulgarische Verteidigungsminister Militär einsetzen, um die Grenze notfalls mit Waffengewalt zu schützen. Der Friedensnobelpreisträger EU verletzt damit Völker- und Menschenrechte. Innerhalb weniger Tage folgt ein Bruch von Völker- und Menschenrechten auf den nächsten: Zuerst beschließt das italienische Parlament einen Militäreinsatz in den Gewässern vor Libyen. Neben Militärschiffen sollen auch Drohnen und Hubschrauber eingesetzt werden, um zusammen mit der libyschen Küstenwache Flüchtlinge zurück in die Hölle von Libyen zu schleppen. Die libysche Küstenwache, der im Übrigen schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden und die auch schon mal auf die Flüchtenden schießt, bekommt dafür 46 Millionen Euro von der EU. Insgesamt zahlt der Friedensnobelpreisträger EU 220 Millionen Euro an Libyen, einem sogenannten »failed state«, in dem Rechtlosigkeit und Willkür herrschen. Folter und Vergewaltigungen sind in den Flüchtlingshaftlagern an der Tagesordnung, von Menschenrechten keine Spur. Damit aber nicht genug der militärischen Gewalt aus der EU: Auch der bulgarische Außenminister Karakatschanow will jetzt die Außengrenzen der EU mit Waffengewalt verteidigen. Konkret plant er an der bulgarisch-türkischen Grenze hoch spezialisierte, bewaffnete Kampftruppen einzusetzen. Zusätzlich fordert er militärische Truppen an den italienischen und griechischen Grenzen. »Wir sollten in Italien und Griechenland Truppen von Nato oder EU einsetzen und die Außengrenzen der Europäischen Union notfalls mit Waffengewalt verteidigen«, so Karakatschanow…“ Pro Asyl-Meldung vom 17.08.2017 externer Link

Siehe dazu unsere Helden der Woche:

11. Interventionen » Asyl, Arbeitsmigration und Antirassismus » Asylrecht und Flüchtlingspolitik » Festung EU » Dossier: Absurde EU-Politik im Mittelmeer: Rettungsmissionen sollen zukünftig von libyschen Schleusern koordiniert werden

Shame on you, Europe! Sea-Eye und Seefuchs: Protest im Mittelmeer

Am Donnerstagmorgen spannten die beiden Schiffe der Organisation Sea-Eye und Seefuchs ein Banner mit der Aufschrift „Shame on you, Europe!“ (Schäme dich, Europa!) rund 110 Seemeilen vor Tripolis auf. Die Stelle markiert die Grenze, die das libysche Marionettenregime mit Duldung der europäischen Staaten und unter den Augen der Operation Sophia proklamiert hat. Seither werden private Seenotretter, wie die von Sea-Eye, von der libyschen Küstenwache mit Gewalt bedroht. Trotz der ungeheueren Militärpräsenz im westlichen Mittelmeer lassen es die europäischen Marineeinheiten zu, dass Lebensretter bei ihrer Arbeit behindert werden….“ Sea-Eye-Meldung vom 17.8.2017 externer Link – wahrlich unsere Helden der Woche und eine Schande für das ach so humanistische Europa: Shame on you, Europe! Der Einsatz libyscher Banden durch die EU wird sogar von der UNO kritisiert – siehe im Dossier

Beachte daher:

12. Interventionen » Asyl, Arbeitsmigration und Antirassismus » antirassistische Initiativen und Kämpfe der MigrantInnen » [September 2017: Dezentrale Aktionstage und Antirassistische Parade in Berlin] Welcome United – Für das Recht auf soziale Rechte

Lokale Aktionen ab 2. September

Ab Anfang September geht es in die heiße Phase. Dezentral und transnational an immer mehr Orten. Mit vielfältigen Aktivitäten auch in Athen, Barcelona oder Strasbourg, wo es am 2.9. einen „weißen Marsch“ zum Gedenken an die Toten und Vermissten im Mittelmeer geben wird. Am gleichen Tag findet auch ein Aktionstag in Göttingen statt. Vom 7. bis 16.9. touren Aktive aus Thessaloniki und Belgrad in einer Veranstaltungsrundreise durch acht Städte in Deutschland und berichten – zwei Jahre nach dem March of Hope – über die aktuelle Situation auf der Balkanroute. In Bielefeld wird vom 8. bis 10.9. unter dem Titel „No Stress Tour“ eine Refugee-Conference organisiert. Gleichzeitig sollen am 9.9. in Bochum, in München (vor den Parteizentralen) und in Hanau (in Form einer Mini-Parade) demonstriert werden. Siehe dazu (aus redaktions-egoistischen Gründen):

  • 9. in Dortmund: Gemeinsam für Bleiberecht! Gemeinsam gegen Abschiebung!
    Die Arbeitsgemeinschaft (AG) NRW gegen Abschiebung! lädt in die Dortmunder Nordstadt ein zu unserem Festival für Bleiberecht! Wir können und wollen nicht länger zusehen, wie die menschenunwürdige Abschiebungspraxis der Landesregierung, trotz breiter Kritik, weitergeführt wird. Wir fordern, dass jeder Mensch dort leben darf, wo er möchte! Es erwarten euch Redebeiträge von Selbstorganisationen Geflüchteter aus der Region und ihren UnterstützerInnen, Musik, leckere selbstgemachte Snacks und Menschen, die sich weiteren Abschiebungen aus NRW entschieden entgegenstellen!Aufruf (auch für Spenden) bei NRW gegen Abschiebung externer Link zum Festival am 2. September, ab 15 Uhr am Vorplatz der St. Joseph Kirche in der Dortmunder Nordstadt (Ecke Münsterstr./ Heroldstr., 44145 Dortmund)
  • Solidarität gegen Abschottung – Menschlichkeit gegen Rechtsruck. Demonstration in Bochum am 9.9. im Rahmen der Aktionswochen „We’ll come united!“
    „… Während heute nur noch selten von „Willkommenskultur“ geredet wird – meist aber über vermeintliche Integrationsprobleme, über Straftäter und über die Notwendigkeit von mehr Abschiebungen – sterben tagtäglich mehr flüchtende Menschen im Mittelmeer als je zuvor. Und anstatt zu fragen, welche Zustände Menschen zur lebensgefährlichen Flucht zwingen, werden inzwischen selbst die zivilen Seenot-Retter*innen politisch attackiert. Rassistische Angriffe auf geflüchtete Menschen sind ebenso alltäglich wie Abschiebungen und Vertreibung aus unseren Städten. Gegen diese Verhärtung und unsere Resignation wollen wir kämpfen und auf die Straße gehen (…) Wir werden weiterhin im täglichen Leben gegen die Isolierung und Entrechtung von Menschen angehen, die ihr Lebensweg hierhergeführt hat. Für uns gilt immer noch: „Refugees welcome!“ und gleiche Rechte für Alle! Eine andere Politik für geflüchtete Menschen und Migrant*innen ist möglich und sie muss kommen!…“ Aus dem Aufruf zur Bochumer Demo am 9.9. beim Treffpunkt Asyl externer Link – LabourNet Germany ruft natürlich mit auf!

Siehe dazu auch:

13. Interventionen » Asyl, Arbeitsmigration und Antirassismus » antirassistische Initiativen und Kämpfe der MigrantInnen

Schluss mit „refugees welcome“: Der „Mohr“ hat seine Schuldigkeit getan (F. Schiller)

Der „Mohr“ – das sind heute wir, die Flüchtlingsunterstützer*innen. Paralell zur absoluten Rigidisierung des Einwanderungsrechts laufen Bestrebungen, auch die „hégémonie culturelle“ über die Köpfe der mittelschichtigen Flüchtlingsunterstützer*innen zurückzuerlangen. Die waren nämlich bis dahin eher skeptisch gegenüber ehemals Geflüchteten oder sonst wie Zugewanderten, die in der Mehrheit unteren Schichten zuzurechnen sind. Rechtsbürgerlich war die Propaganda schon vor 2015 klar, im Sommer 2015 titelte allerdings selbst die BILDzeitung „refugees welcome“. Das viele Nachschubmaterial für den Arbeitsmarkt musste untergebracht, mit gespendeten Klamotten, gar Lebensmitteln und Hygieneartikeln versogt werden, und auch noch an teutsche Sprache, Sitten, Regeln und Gebräuche herangeführt werden. Jetzt ist die „Integration“ (in Hartz IV) weitgehend gelungen, „refugees welcome“ muss wieder raus aus den Köpfen. (…) Ideologisch werden jetzt eher als links und/oder liberal verortete Personen und Organisationen eingespannt, um die Gesellschaft bereit zu machen für ein Regime zunehmender Kontrolle nicht nur über Zugewanderte. (…) In den Gewerkschaften und insbesondere auch in der Erwerbslosenszene ist es verbreitet, auf jenen Menschen herumzuhacken, die noch stärker vom Kapitalismus gebeutelt sind als wir am Jobcenter oder in der zunehmend prekäreren Arbeit. Das ist bedauerlich, hat aber auch seine Ursachen darin, dass linkes Denken und Handeln seit vielen Jahren zunehmend seinen ursprünglich sozialen Impetus verloren hat. (…) Die Lösung kann nur sein, dass die ominöse „Linke“ alle Sorgen der Menschen als gemeinsame sieht und den Überlebenskampf aller unterstützt und fördert. Und dass wir als Erwerbslose oder Beschäftigte uns verstehen als Teil einer weltweiten Arbeiterklasse.“ Diskussionsbeitrag von Norbert Hermann (Bochum Prekär) vom 31.7.2017 zur Demonstration in Bochum am 9.9. im Rahmen der Aktionswochen „We’ll come united!“: Solidarität gegen Abschottung – Menschlichkeit gegen Rechtsruck

14. Branchen » Energiewirtschaft (und -politik) » Energie und Klima » [18. bis 29. August 2017 im Rheinland] Ende Gelände/KlimaCamp: Skills for System Change

Nach Ausnahmezustand & Hetze: Solidarität mit Ende Gelände!

„… Nach dem G20-Gipfel wissen wir nicht, was passieren wird. Aber es ist durchaus möglich, dass wir verstärkte Repression und Polizeibrutalität erleben werden. Indizien gibt es genug, beispielsweise wird laut über eine Demoverbotszone nachgedacht. Die vielfältig organisierte radikale Linke darf die vielen neuen, die bei Ende Gelände zusammenkommen, die die Aktionen und die Infrastruktur tragen, nicht mit Repressionen alleine lassen. Das heißt konkret: Kommt zum Klimacamp und zu den Aktionen von Ende Gelände, um Eure Erfahrungen einzubringen. Reist früh an, um gegebenfalls Camps durchzusetzen. Unterstützt die Antirepressionsstrukturen auf dem Camp und im Anschluss an die Aktionen. Helft mit bei der Infrastruktur vor Ort: Ob Kochen, Strom verlegen, Plena moderieren, Einkaufen, Mahnwachen betreuen, Menschen transportieren, Nachtwachen schieben… Es gibt für alle genug zu tun. Teilt Eure Organisierungserfahrungen, berichtet über Eure eigenen Erlebnisse bei direkten Aktionen. Und selbst, wenn Ihr nicht ins Rheinland kommen könnt: Macht Solifotos für Ende Gelände! RWE-Standorte und Büros gibt es in zahlreichen Städten…“ Soli-Aufruf von Interventionistische Linke vom 16.08.2017 bei indymedia linksunten externer Link

15. Über uns » Fördern!

Wir freuen uns über ein neues und zudem bekennendes Fördermitglied – umso mehr, als 2 Austritte uns noch mehr Grund geben, gegen die Altersarmut zu kämpfen… https://www.labournet.de/foerdermitglieder/

Arbeitsfreies Wochenende wünscht Eure LabourNet-Redaktion – und den vielfältigen Demos gutes Wetter und Gelingen! LeserInnen aus Zucker empfehlen wir einen Blick auf die Homepage: Allzu Vieles ist los und hatte keinen Platz im Newsletter…

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AKTUELL BEI LABOURNET.TV

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Bekasi in Bewegung
In den Jahren 2012 und 2013 erlebte Indonesien große Streiks von Arbeiter_innen, die bessere (Mindest-)Löhne und Arbeitsbedingungen forderten und insbesondere gegen das Outscourcing kämpften. Die Arbeiter_innen aus Fabriken globaler Multis in der Industriezone von Bekasi (östlich der Hauptstadt Jakarta) blockierten Straßen und organisierten sogenannte „Fabrikangriffe“ (factory raids). So wollten sie ihre Arbeitgeber zwingen, die Forderungen der Arbeiter_innen zu erfüllen. Der Film der indonesischen Arbeits-NGO Lips wurde weitgehend mit Smartphones gedreht. Er zeigt die Demonstrationen und Fabrikangriffe sowie Interviews mit Arbeiter_innen und Aktivist_innen zu den Arbeits- und Lebensbedingungen und die Strategien ihres Kampfes.“ Video bei labournet.tv externer Link (indonesisch mit dt. UT | 35 min | 2017)

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LabourNet Germany:  https://www.labournet.de/
Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch
The meeting point for all left-wing trade unionists, both waged and unwaged
Le point de rencontres de tous les militants syndicaux progressistes,  qu`ils aient ou non un emploi

IBAN DE 76430609674033739600

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=120293
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