Welcher Protest ist sinnvoll und angemessen? Auch unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen

Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 1.8.2017

G20 2017: Social Strike im Hafen – Shut down the harbour!Der Kampf um die Deutungshoheit der – auch gewaltsamen – Proteste in Hamburg muss auch als Kampf um die Deutungshoheit der neoliberalen „Alternativlosigkeit “ (There is no Alternative – dieses „TINA“ von Margret Thatcher bei ihrer neoliberalen Revolution) von Merkel & Co. verstanden werden.

Protest ist jetzt dringend notwendig – nur welcher? Kann er angesichts dieses Ausbruches von Gewalt in Hamburg noch legitim sein?

Anlässlich überbordender Gewalt in Hamburg beim G 20 Gipfel, der laut Ankündigung ein Fest der Demokratie werden sollte (https://netzpolitik.org/2017/g20-polizeistaatliches-spektakel-statt-festival-der-demokratie/ externer Link), wurde zu einem polizeistaatlichen Spektakel, das schon im Vorfeld mit Verboten und Untersagungen „glänzte“ (siehe das Dossier zur Gewalt auf dem G 20-Gipfel [und v.a. den Protesten] bei Labournet: (https://www.labournet.de/?p=107814)

So kam auch der NDR zu einem enormen Gewaltpotential in Hamburg – das eigentlich doch erklärungsbedürftig ist (https://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2017/G20-Gewalt-Wer-sind-die-Taeter,gzwanzig246.html externer Link)

Warum wurde dieser Gipfel so gewalttätig? Ein Gipfel,auf dem auch noch die Pressefreiheit bedroht wurde. (https://www.labournet.de/?p=118700)

Guter Rat wird teuer – denn ein möglichst effektiver Protest erscheint jetzt erst recht wichtig! – Wir brauchen die Fantasie für unterschiedliche Radikalitäten –

Peter Grottian, der alte Protest-Kämpe, meint, eine derartige Gewalt spielt doch nur den Herrschenden in die Karten, indem von den zugrundeliegenden Problemen des Protestes einfach abgelenkt werden kann. (http://www.taz.de/!5429597/ externer Link) Dabei stellt er noch fest, die scheinbare Irrationalität der Gewalt bekommt ihre Rationalität in der Agonie der politischen Verantwortungslosigkeit der G 20. Diese massiven Gewaltausbrüche sind politisch. (Vgl. dazu auch Welzer „Gewalt ist ein Mittel sozialer Praxis“: http://daserste.ndr.de/panorama/Welzer-Gewalt-ist-ein-Mittel-sozialer-Praxis,welzer114.html externer Link)

Aber für ihn ist dennoch die provozierende Gewaltlosigkeit eines zivilen Ungehorsams die bessere Variante, um den Zielen des Protestes zum Durchbruch zu verhelfen (Das Aus für die Atomkraftwerke in Whyl und Wackersdorf, der Atom-Ausstieg wie auch die friedliche Revolution von 1989 wurden mit mutigem zivilen Ungehorsam und massenhaftem Protest durchgesetzt.) Nur sieht er heute, dass diese Bereitschaft zum zivilen Ungehorsam dramatisch abgenommen hat. So ist die Fantasie der unterschiedlichen Radikalitäten abhanden gekommen. Deshalb lautet für ihn die Kernfrage der außerparlamentarischen Opposition heute: Gibt es in Zukunft also nur kreuzbrave Demos und gewaltsame Ausbrüche? (http://www.taz.de/!5429597/ externer Link)

So stecken also die Protestformen des zivilen Ungehorsams in einem Dilemma – sie sind mit dem Menschen von heute nicht mehr – zumindest so ohne weiteres – durchführbar?

Statt zivilem Ungehorsam eine umfassend agierende Experten-Kommission

Andererseits wird vorgeschlagen von dem Protest-Forscher Dieter Rucht u.a., dass auch wir – wie schon in Schweden – unabhängige Expertenkommissionen einsetzen sollen, die für alle Fragen – und nicht nur die Gewalt (d.h. die Polizeitaktik) – offen sind. Der Schwede Petter Larsson meint, dass sie in ihrem Auftrag also richtig gestaltet sein müssten. (http://www.taz.de/!5429755/ externer Link)

Da die Kommission frei war, sich auch mit anderen Aspekten als der Poizeitaktik zu befassen, gelangte diese Kommision zu ähnlichen Erkenntnissen wie die Globalisierungskritiker: Die Macht zwischen Arbeit und Kapital sowie zwischen den Nationalstaaten und transnationalen Unternehmen hat sich gravierend verschoben. Daraus folgte für das Komitee in Schweden, dass die „bestehenden“ Parteien alleine dieses demokratische Vakuum nicht mehr füllen können, sodass neue Formen des Dialogs zwischen Politik und den globalisierungskritischen Bewegungen entstehen müssen. Daraus wurde als Botschaft dieser Kommission: Wenn es zu solchen Ausschreitungen der Gewalt kommt, dann ist das Symptom einer schweren politischen und demokratischen Krise.

Die Auswegslosigkeit der Gewalteskalation – die auch Grottian sah – wurde so vermieden – ja sie konnte erklärt werden.

Wo sitzen jetzt dann die eigentlichen Staatsfeinde? Und wohin muss der Protest jetzt notwendiger denn je zielen?

Holger Schmal greift da weiter aus und resümiert: Nach den Gewalttaten am Rande der Proteste gegen das Treffen der Großmächte der Marktwirtschaft frohlockten die Anhänger konservativer bis liberaler Weltanschauungen, nun sei es aber wirklich vorbei mit der Hegemonie der Linken über die gesellschaftliche Debatte. (Worin bestand die?)

Die linken Systemfeinde hätten in Hamburg den Staat auf brutalste Weise angegriffen und damit hätten ihre geistigen Wegbereiter – mit den berechtigten Inhalten des Protestes – jede moralische Legitimation zur politischen Auseinandersetzung verloren. Wer sich jetzt nicht ordentlich katzbuckelnd von dieser Gewalt distanzierte, galt jetzt als Terroristen-Sympathisant. (http://www.berliner-zeitung.de/politik/kommentar-zur-autoindustrie-und-g20-linke-systemkritik-ist-so-notwendig-wie-eh-und-je-28089386 externer Link)

je suis autoDabei sah Holger Schmale angesichts der Verhältnisse in unserem Lande mit einer so gewaltig hervortretenden kriminellen Energie in den Führungsetagen der Autokonzerne (vgl. ab dem Abschnitt „Die Scheinwelt der Emissionsreduzierung der Autokonzerne…“ auf der Seite 3 bei https://www.labournet.de/?p=119371), die dringende Notwendigkeit des Protestes : Inzwischen wissen wir, was es mit dem von den G 20-Kritikern angeprangerten Verhalten ganz konkret auf sich hat.

Die deutschen Autohersteller nehmen bewusst in Kauf, dass ihre Autos viel mehr Gift ausstoßen, als sie nach dem Gesetz dürfen. Sie haben darüber die Verbraucher und die Behörden systematisch betrogen. Um dieses System immer besser organiseren zu können, haben ein illegales Kartell gebildet und Geheimabsprachen getroffen.

Wer jedoch in Hamburg ein Auto angezündet hat, ist schnell zu Terroristen und Staatsfeind erklärt worden. Aber wie soll man Leute nennen, die ihr Land und seine Bewohner durch die von ihnen gebauten Autos mit Giftgas verpesten? Wer sind nun die Leute, die den Staat und seine Regeln verachten und essen Repräsentanten frech ins Gesicht lachen, wenn sie dann trotzalledem gern gesehene Gäste in Kanzleramt und Ministerien sind?

Und nun sah es doch kurzzeitig so aus, als würde es den konservativen Kulturkämpfern eine generele Verunglimpfung der Linken doch noch einmal gelingen. Nur die Wirklichkeit ist eine andere, wie die Autohersteller bewiesen haben.

Die linke Systemkritik ist also jetzt so legitim und notwendig wie eh und je. Deshalb gehört sie auch in den Wahlkampf – (http://www.berliner-zeitung.de/politik/kommentar-zur-autoindustrie-und-g20-linke-systemkritik-ist-so-notwendig-wie-eh-und-je-28089386 externer Link) und gehört keinesfalls diskriminiert.

Oder wird hier „nur“ ein „Endsieg“ der kulturellen Hegemonie der Merkelschen „Alternativlosigkeit“ („There is no Alternative“) geprobt – und kann dieser Gewalt-Diskurs zu einem späten Echo von 1968 werden? (Das 1967 mit einem Mord begann, http://www.sueddeutsche.de/politik/kolumne-die-er-1.3522098 externer Link)

Für einen Wechsel in der politischen Terminologie: statt Extremismus wieder Radikalismus!

So meint Kraushaar, in dieser Auseinandersetzung wird schon durch den Begriff „Extremismus“ diskriminiert und der sog. „Extremist“ wird von jeglicher weiteren Diskussion ausgeschlossen: Was früher radikal noch war, wird heute gern als extremistisch qualifiziert und damit aus dem öffentlichen Diskurs – der den Anspruch erhebt „alternativlos“ zu sein – ausgeschlossen. (http://www.sueddeutsche.de/kultur/irrefuehrende-wortwahl-der-begriff-extremismus-ist-nicht-mehr-als-ein-etikett-1.3610390 externer Link)

Der Begriff Extremismus ist jeglicher politischer Konnotationen entleert oder wie Wolfgang Kraushaar das ausdrückt: Ein Begriff entsubstantialisierter politischer Positionalität – und in dieser inhaltlichen Bedeutungslosigkeit konnte er dennoch zu einer Schlüsselkategorie im politischen System der Bundesrepublik werden. (typisch „neoliberale“ Leere könnte man auch sagen) Wolfgang Kraushaar plädiert deshalb für einen Wechsel in der politischen Terminologie: Radikal darf wieder radikal sein. Eine Radikalität, die eben den Diskurs befeuert, aber nicht aus ihm „entfernt“ werden muss.

Hans-Gerd Jaschke hat auch den in der deutschen Öffentlichkeit kursierenden Begriff des Extremismus wegen seiner so fragwürdigen Abstraktion kritisiert: Er ist nicht das Resultat konkreter Analysen, sondern „mechanistisch aus der verfassungsrechtlichen Perspektive“ abgeleitet. (http://www.bpb.de/politik/extremismus/linksextremismus/33638/politischer-extremismus-und-liberalismus externer Link)

Entscheidende Dimensionen der politisch-sozialen Realität würden dabei ausgeblendet, „extremistisch würde bei diesen konventionellen Ansätzen „wie eine quasianthropologische Eigenschaft“ behandelt. Diese klassifikatorischen Züge überwiegen deutlich die deskriptiven und analytischen.

Dabei – so lehrt uns Kraushaar – hat auch der Verfassungsschutz diesen Begriff aufgegeben: Zu Unrecht wird der Begriff Extremismus mit dem Begriff Radikalismus gleichgesetzt. Jedoch radikale politische Auffassungen haben in unserer pluralistischen Gesellschaft ihren legitimen Platz. (http://www.sueddeutsche.de/kultur/irrefuehrende-wortwahl-der-begriff-extremismus-ist-nicht-mehr-als-ein-etikett-1.3610390 externer Link)

Deshalb erklärt Kraushaar deutlich: Die Tatsache allein jedenfalls, dass jemand wegen der in mancher Hinsicht desaströsen Folgen einer neoliberalen Globalisierung meint, den Kapitalismus grundsätzlich kritisieren zu müssen, stellt diesen nicht außerhalb unserer Demokratie. Im Gegenteil, solange sich die Probleme der Wirtschafts- und Finanzpolitik weiter radikalisieren, wie das seit Thatchers und Reagans Amtszeit der Fall gewesen ist, solange bedarf es auch eines Denkens, das bereit ist, sich an die marktradikalen Wurzeln dieser Gefährdungspotentiale heranzuwagen…

Und für die Polen-Freunde noch einen Blick nach Polen mit einem einerseits eher hoffnungsfrohen Protest-Gruß, wobei auch dort dem Protest ein Dilemma innewohnt

Anschwellende Proteste in Polen im Dilemma zwischen einer Aufrechterhaltung des neoliberalen Projektes (Prekarisierung gerade bei vielen jungen Menschen) durch die „alten“ politischen Kräfte – versammelt im KOD (Komitee zur Verteidigung der Demokratie), die mit der Aufrechterhaltung des neoliberalen Projektes in Verbindung gebracht werden und einer Erhaltung des Rechtsstaates in Polen (Gewaltenteilung).

Am liebsten empfehle ich zu der Frage, warum es jetzt doch – trotz dieses so offensichtlichen Dilemmas – noch von der polnischen Jugend Proteste gegen die Pis-Regierung gibt, würde ich dringend die Rede von Jacek Dehnel (Dichter und Schriftsteller) empfehlen, die er – stark beachtet – im Rahmen der aktuellen Proteste in Warschau hielt. Diese Rede ist heute (29. juni 2017) in der „Süddeutschen“ abgedruckt. (http://www.sueddeutsche.de/kultur/politik-in-polen-sprache-der-verbrannten-erde-1.3607544?reduced=true externer Link)

Dehnel sieht in der um sich greifenden Sprache der „verbrannten Erde“ einen wesentlich Hintergrund, warum eine Opposition zum Todfeind wird – und die jungen Leute dem allmählich nicht mehr folgen, obwohl die politische Opposition im Lande noch nicht in der Lage ist,“ihr“ neoliberales Projekt aufzugeben. Er sieht eine stark veränderte Narration in Polen seit im Jahre 2010 die Regierungsmaschine bei Smolenk mit dem damaligen Präsidenten Lech Kaczynsky abstürzte (die Smolensk-Lüge wurde zur Smolensk-Religion…) und in der Folge wurde die Opposition von einer Opposition zu Todfeinden. So funktionieren die der Sprache zugrundeliegenden Emotionen gemäß der Taktik der verbrannten Erde.

Ohne so tief zu greifen, sieht die polnische Journalistin Kaja Puto in der Süddeutschen Zeitung auch den Zusammenhang von geringer Mobilisierungsfähigkeit der jungen Leute gegen diese Pis-Regierung: Die autoritären Tendenzen sind eben nur ein Teil der Pis-Herrschaft. Der andere ist die Sozialpolitik… dank der Pis haben die sogenannten Opfer der – neoliberalen – Transformation des Wirtschaftssystems das gefühl, wieder Respekt erlangt zu haben. Und so muss diese liberale Opposition auch verstehen, dass die „Rückkehr zur Normalität“, also zu ihrer Zeit in der regierung, unweigerlich zu einem weiteren Sieg der rechten Populisten führen müsste. Und die jetzige Jugend ist eben auch nicht mehr bereit für dieses „geringere Übel“ zu stimmen. (http://www.sueddeutsche.de/politik/aussenansicht-eine-neue-generation-protestiert-1.3603870?reduced=true externer Link)

Philipp Fritz in der TAZ dagegen meint, dass eben die Pis jetzt eine gewissen Grenze überschitten hat – jetzt einfach zuviel Macht -, ohne dass er für die jungen Leute auch ein grundsätzliches Dilemma, wie diese beiden anderen, sieht. Dennoch sieht auch er, dass die Jungen, deren Arbeitsplätze prekär sind, egal ob sie die Pis unterstützen oder nicht – von Beginn an Probleme mit der KOD hatten… (http://www.taz.de/!5429584/ externer Link)

Vorher gab es schon Aktivitäten der Europäischen Union zur autoritären Umgestaltung (Gewaltenteilung) in Polen: Die Ohnmacht der Europäischen Union, wenn grundsätzliches Recht gebrochen wird.

Diktatur auf polnisch und ausgerechnet von einer Partei, die „Recht und Gerechtigkeit“ heißt, schreibt Arno Widmann in der Frankfurter Rundschau (http://www.fr.de/politik/meinung/leitartikel/polen-diktatur-auf-polnisch-a-1316080 externer Link) – andere nennen es strikt und einfach „Staatsstreich“ – nur was bleibt dem „Rest“ von Europa von seinen Grundsätzen noch – angesichts dieses Polen mit dem System Kaczynsky auf dem Marsch in die Diktatur? (http://www.sueddeutsche.de/politik/polen-auf-dem-marsch-1.3596050?reduced=true externer Link)

In Europa geht der Rechtsstaat durch Polen „baden“!

Die Europäische Union verliert durch Polen ihr rechtsstaatliches Gesicht – und steht dem letztlich hilf- und „rechtlos“ gegenüber.

Basis der kommissionsinternen Diskussion über die Aufrrechterhaltung des Rechststaates (hier einfach das Prinzip der Gewaltenteilung!) in Europa ist eine zehnseitige Analyse. Sie beschreibt wenigstens noch klar, was auf dem Spiel steht, wenn Zweifel auftauchen, dass sich ein EU-Staat nicht an die Grundprinzipien der Rechsstaatlichkeit zu halten vermag.

Diese Analyse der Europäischen Union erklärt zunächst noch einmal das Konzept des Rechtsstaates, in dem eben auch die Macht ans Recht gebunden ist. Darin sieht die Europäische Kommission eine der Grundlagen aller Verfassungssysteme aller EU-Staaten.

Das zu akzeptieren sei nicht nur Voraussetzung für die Mitgliedschaft in der EU, sondern auch ein gemeinsamer Markt könne nicht mehr funktionieren, wenn – ab jetzt in Polen – der Verdacht bestehen müsse, dass Richter nur noch angeblich unabhängig sind, während sie ihre „Instruktionen vom Justizministerium erhalten“…

Trotz aller Deutlichkeit hängt über dieser Intervention der Europäischen Union ein Hauch von Vergeblichkeit…. denn jeder weiß, dass der Kommission einfach das ultimative Mittel fehlt, einen Staat der EU zur Rechtsstaatlichkeit zu zwingen, der es einfach darauf anlegt, das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit zu beseitigen. (http://www.sueddeutsche.de/politik/europaeische-union-der-verflixte-artikel-1.3595358 externer Link)

So kann die Präsidentin des Obersten Gerichtshofes in Polen, Malgorzata Gersdorf, nur das Ende der unabhängigen Justiz Polens beklagen. „Dann gibt es keine Gewaltenteilung mehr“ (http://www.sueddeutsche.de/politik/polens-gerichtspraesidentin-zur-justizreform-dann-gibt-es-keine-gewaltenteilung-mehr-1.3595353 externer Link) Somit wird in Polen das Ende einer unabhängigen Justiz besiegelt. (http://www.tagesanzeiger.ch/ausland/europa/polen-besiegelt-das-ende-der-unabhaengigen-justiz/story/31982173 externer Link)

Und die Kirche ist der regierenden Partei PiS (was ausgerechnet „Recht und Gerechtigkeit“ bedeutet) eng verbunden. Deshalb sagt sie dazu nichts. Aber die PiS führt – angesichts dieser schweigenden Unterstützung durch die Macht der Kirche – unbeirrt ihren Kurs gegen Europa weiter, um die rechtsstaatliche Gewaltenteilung zu beseitigen. (https://www.tagesschau.de/ausland/polen-justizreform-duda-103.html externer Link)

Siehe dazu auch:

  • Debatte Gewalt beim Anti-G20-Protest: Lasst euch nicht weglächeln!
    „Gewalt spielt den Herrschenden in die Karten. Die außerparlamentarische Linke sollte lieber auf zivilen Ungehorsam setzen. Die Gewalt von Hamburg wird in wenigen Tagen im Sommerloch verschwinden. Dabei ist eines eindeutig: Auch ein umsichtigerer und strategisch klügerer Polizeieinsatz hätte die Gewalt nicht verhindern können – die Gewaltausbrüche waren von Politik/Polizei und Gewaltbereiten gewollt, wie das bisher vorliegende Material zeigt. Aber merkwürdig an der bisherigen Debatte ist schon, dass die Veranstalter des Protests diese beschweigen, in Dreiviertel/Einzehntel-Distanzierungen oder in einseitigen Schuldzuweisungen verharren. Die Kernfrage für die außerparlamentarische Linke lautet: Gibt es in Zukunft nur noch kreuzbrave Demos und gewaltsame Ausbrüche? Oder gibt es doch etwas, das wir massenhaften gewaltfreien zivilen Ungehorsam nennen – und was in Hamburg nur in Spurenelementen zu besichtigen war? Kurzum: Das produktive Verständnis von der Toleranz unterschiedlicher Radikalitäten ist zerbrochen. (…) Nichts ist gegen Demonstrationen zu sagen, einiges aber gegen die mangelnde Fantasie von unterschiedlichen Radikalitäten. Massenhafter ziviler Ungehorsam mit einer Mehrheitsfähigkeit in der Bevölkerung ist der Stoff, vor dem die Herrschenden wirklich Angst haben. Gewalt spielt ihnen nur in die Karten. Kreuzbrave Bürger des Protests müssen den Herrschenden wehtun – sonst werden sie nur weggelächelt. Gewalt macht ängstlich, unmündig und dumm. Die Perspektive für einen Ausbruch aus der Gewaltspirale könnte vielversprechend, machbar und spaßvoll sein.“ Kommentar von Peter Grottian vom 29. Juli 2017 bei taz online externer Link
  • Ideologie der »Namenlosen« Die Mosaik-Linke muss sich fragen, ob sie im Schatten eines symbolischen Bürgerkrieges erfolgreich sein kann
    „Die Bilder aus Hamburg, die im Juli die Öffentlichkeit erreichten, waren durch eine kleine Gruppe der Staatschefs der G20 und die steine- wie flaschenwerfenden, schwarz gekleideten Namenlosen geprägt. Das Sprechen über sie ist für die Linke ganz offensichtlich ein Problem. (…) Es ist falsch, wenn die Linke in Deutschland die Aktionen der militanten Linksautonomen zu entpolitisieren sucht und aus dem Orbit der Linken exkommunizieren will, sie vor allem als Kriminelle und Raufbolde darstellt. Dies ist weder glaubwürdig noch angemessen. Man muss diese Aktivistinnen und Aktivisten ernst nehmen – politisch wie ideologisch, strategisch wie taktisch. Es macht auch keinen Sinn, vor allem die Polizei verantwortlich zu machen, wenn es erklärter Ansatz relevanter linksautonomer Militanter ist, durch Zerstörungen und Gewalt gegenüber Polizistinnen und Polizisten autonom und selbstbewusst Politik zu machen. Diese vorhandene Bereitschaft zur Gewalt kann durch die Polizei nur verstärkt oder abgeschwächt werden. In Hamburg wurde sie massiv verstärkt. Zur Ehrlichkeit gehört: Die Linksautonomen sind politisch wie geistig Fleisch vom Fleische der Linken – historisch wie aktuell. Verwandtschaft kann man sich nicht aussuchen. Die militanten Autonomen verstehen sich links und werden mit Recht auch so wahrgenommen. Gerade deshalb ist eine eigene Positionsbestimmung so wichtig. (…) Ein von Rauchschwaden bedecktes Frankfurt am Main 2015 und Hamburg 2017, die gewaltsamen Konfrontationen mit der Polizei waren gewollt. Die Mosaik-Linke muss sich die Frage stellen, ob sie im Schatten eines solchen symbolischen Bürgerkrieges erfolgreich gegen neoliberale Politik kämpfen kann.“ Beitrag von Michael Brie bei neues Deutschland vom 31. Juli 2017 externer Link (Michael Brie, Jahrgang 1954, ist Philosoph und wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Gesellschaftsanalyse der Rosa-Luxemburg-Stiftung)
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=119569
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