Newsletter am Montag, 31. Juli 2017

Kurzer Überblick über die heutigen LabourNet Germany News:

Hier im (kostenlosen, aber spendenfähigen) Newsletter die WICHTIGSTEN der neu veröffentlichten Beiträge auf unserer Homepage

1. Internationales » Türkei » Politik » Putschversuch im Juli 2016 und die Folgen

a ) Evrensel-Journalist von türkischer Polizei festgenommen: Freilassung gefordert

Ein weiterer Fall ist am Donnerstag, den 27. Juli, bekannt geworden. Yusuf Karatas, ein Kolumnist der Tageszeitung Evrensel, wurde in Diyarbakir festgenommen. Angeblich soll Yusuf Karatas, wegen seiner Aktivitäten im „Demokratischen Gesellschaftskongresses“ (DTK) zwischen 2009 und 2013, verhaftet worden sein. Der Anwalt von Yusuf Karatas, Tugay Bek, erklärte, dass der DTK eine legale und offene Organisation ist, an dessen Veranstaltungen auch AKP-Abgeordnete, wie Yasin Aktay oder einer der Sprecher des Staatspräsidenten R.T. Erdogan, Cemil Ertem, teilgenommen haben. Leider werden unter den Bedingungen des Ausnahmezustandes sogar legale und offene Aktivitäten kriminalisiert und als illegal betitelt. Yusuf Karatas ist ein Journalist, der in Diyarbakir lebt, für Demokratie und Frieden steht und schreibt. Demokratie und Frieden zu fordern und dafür zu schreiben, ist kein Verbrechen. Ein Verbrechen ist es, wenn diejenigen, die sich gegen das Verbrechen stellen, mundtot gemacht werden. Wir fordern die zuständigen türkischen Behörden auf, Yusuf Karatas frei zu lassen“ – aus der Erklärung des Bundesvorstandes der DIDF „Freiheit für den Evrensel-Kolumnisten Yusuf Karatas!“ vom 28. Juli 2017 externer Link, in deren Anhang auch ein kurzer Brief von Yusuf Karats aus dem Gefängnis dokumentiert ist

b) Sendika.org erneut blockiert. Erneut erfolglos

„Dayanışma gecesine günler kala 56’ıncı engel: Sendika57.Org yayında“ am 31. Juli 2017 bei sendika.org externer Link ist die kurze Meldung darüber, dass der Sendika-Server zum nunmehr 56. Mal von den Behörden blockiert wurde – weswegen ab heute Sendika57 „auf Sendung“ ist – unsere Kolleginnen und Kollegen bauen ihren „Weltrekord“ kontinuierlich aus und lassen sich nicht unterkriegen

Und wir erinnern an die Spendenkampagne für die Prozesskosten von Sendika.org – wir planen die nächste Überweisung, sobald noch einige Euros dazukommen!

c) Die Entlassenen von Ankara: „Der Hungerstreik wird beendet, wenn sie das Gefühl haben, dass ihre Stimmen gehört werden“

So beantwortete der Anwalt der beiden Hungerstreiker Nuriye Gülmen und Semih Özakça am 140. Tag des Hungerstreiks die Frage nach dem Ende der Aktion, wie aus dem Bericht „Gülmen and Özakça’s lawyer: They will end hunger strike when their voices are heard“ am 26. Juli 2017 bei Turkish Minutes externer Link hervor geht. Denn die beiden, die seit dem 76. Tag ihres Hungerstreiks im Gefängnis sind, würden dies ja nicht tun, weil sie sterben wollten, sondern im Gegenteil, um gegen die ihnen genommenen Rechte zu protestieren, gegen ihre Entlassung aus dem Staatsdienst. Inzwischen wurden sie medizinisch untersucht und Abgeordnete haben beantragt, sie besuchen zu dürfen

2. Internationales » Griechenland » Menschenrechte » Dossier: Griechische Migrationspolitik (mit Syriza)

Der Hungerstreik im Lager Moria auf Lesbos geht weiter – die Solidaritätskampagne mit den Inhaftierten des 18. Juli wird stärker

Eine Solidaritätskampagne mit den 35 Menschen, die seit dem Polizeiüberfall auf die Proteste im Lager Moria am 18. Juli 2017 immer noch festgehalten werden, wird in ganz Griechenland organisiert, während die Zahl der Anzeigen gegen den Polizeiterror ebenfalls wächst. In dem Beitrag „#FreeTheMoria35 #Moria : Many #RefugeesGR Still Imprisoned After Clashes on July 18“ am 28. Juli 2017 bei Enough is Enough externer Link wird auf die unterschiedlichen Ergebnisse der Vernehmungen verwiesen – einige konnten mangels Übersetzung noch nicht einmal durchgeführt werden. Unterdessen wird der Hungerstreik der drei Aktivisten innerhalb und außerhalb des Lagers Moria auch an den Tagen 32 beziehungsweise 31 fortgeführt, ohne dass bisher die Behörden oder sonstige Verantwortliche auf die Forderungen in irgendeiner Weise eingegangen wären.

Siehe dazu auch einen Beitrag, der sich mit der systematischen Gewalt der Europäischen Union gegen Flüchtlinge auseinandersetzt sowie die Vorstellung des Solidaritäts-Plakats, das nun im ganzen Land verbreitet wird: #FreeTheMoria35

3. Internationales » Marokko » Soziale Konflikte

Der marokkanische König „begnadigt“ über 1.000 Häftlinge – darunter auch viele aus der Protestbewegung des Nordens: Keine Organisatoren dabei

Am Samstagabend, 29. Juli 2017, verkündete Mohammed VI. in seiner Ansprache zum 18. Jahrestag seiner Thronbesteigung die Freilassung von rund 1.120 Häftlingen, darunter etwa 120 aus der in der nordmarokkanischen Rif-Region seit Monaten protestierenden Hirak-Bewegung. Die Hirak-Anwälte bewerteten dies als ersten, aber längst nicht ausreichenden Schritt, da die Forderung sei, alle Inhaftierten frei zu lassen. Erst am 20. Juli, nach etwa zwei Wochen, in denen die enorme Polizeipräsenz dazu geführt hatte, dass es weniger Demonstrationen gab als im Mai und Juni, war eine angekündigte Demonstration mit einem uniformierten Massenaufgebot verhindert worden. Ob des Königs Versuch, auch mit heftiger Kritik an „den Behörden“ versehen, erfolgreich sein wird, die Bewegung zu spalten? Siehe dazu vier aktuelle Beiträge – auch über internationale gewerkschaftliche Solidarität mit der marokkanischen Protestbewegung und einen Hintergrundbeitrag

4. Internationales » USA » Gewerkschaften

US-Basisgewerkschafter bereiten landesweite Konferenz vor: Widerstand organisieren

Vom 6. bis zum 8. Oktober 2017 findet in Chicago die „National Workers Conference to Organize the Fightback and Build a Solidarity Network“ statt. Der Beschluss, solch eine Konferenz im Herbst zu organisieren, war im März ebenfalls in Chicago gefasst worden, als ein Treffen verschiedener gewerkschaftlicher Aktivengruppen aus Bereichen, in denen aktuell größere Auseinandersetzungen stattfinden, wie Buspersonal oder im Bildungswesen, aber auch aktive Netzwerke von ZeitarbeiterInnen auf Ebene des Bundesstaates Illinois stattfand, bei dem der dringende Bedarf an einer landesweiten Zusammenarbeit festgestellt worden war. Der Aufruf zur „National Workers Conference to Organize the Fightback“ ist vom Juni 2017 externer Link (Fratzebuch) und darin wird einleitend betont, dass diese Konferenz gerade auch den Kampf gegen die Trumpsche Migrantenjagd organisieren muss, der einer der zentralen aktuellen Angriffe auf die Arbeiterbewegung der USA sei. Wir danken LaborNet USA für den Hinweis

5. Branchen » Dienstleistungen, privat und Öffentlicher Dienst » Groß- und Einzelhandel » Strategien, Bedingungen und Tarifrunden » Dossier: [Tarifrunde 2017] ver.di-Kampagne zur Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen im Handel: „Einer für alle – Tarifverträge, die für alle gelten!“

»Tarifrunden zum richtigen Zeitpunkt beenden« Am Ergebnis der Verhandlungen im baden-württembergischen Einzelhandel gibt es innerhalb von Verdi Kritik.

Bernhard Franke, Leiter des Verdi-Fachbereichs Handel und Verhandlungsführer für den Einzelhandel in Baden-Württemberg, begründet in einem Gespräch mit Daniel Behruzi in der jungen Welt vom 29. Juli 2017 externer Link den jüngsten Tarifabschluss: „… Das Ergebnis ist zwischen den Tarifgebieten in der Tat umstritten. Deshalb haben wir auch ausdrücklich nur einen Abschluss für Baden-Württemberg gemacht und sprechen nicht von einem Pilotabschluss. Es wird kritisiert, dass das Tarifergebnis den Abschluss im Groß- und Außenhandel nicht übertrifft, was als interne Zielsetzung ausgegeben worden war. Dieser sieht im ersten Jahr eine Erhöhung von 2,5 Prozent vor, allerdings bei drei Nullmonaten, und im zweiten Jahr von ebenfalls 2,0 Prozent. Wir haben es in der sechsten Verhandlungsrunde so eingeschätzt, dass das ursprüngliche Ziel in absehbarer Zeit mit den zur Verfügung stehenden Arbeitskampfmitteln nicht zu erreichen ist. Deshalb haben wir uns dafür entschieden, die Tarifrunde jetzt zu beenden, statt einen monatelangen unkalkulierbaren Konflikt auszutragen…“

Siehe zum Hintergrund:

  • Tarifeinigung für den Einzel- und Versandhandel in Baden-Württemberg
    … Ab 1. Juni 2017 sollen demnach die Gehälter und Löhne um 2,3 Prozent erhöht werden. Ab 1. April 2018 soll es eine weitere Erhöhung um 2,0 Prozent geben. Die Vergütungen der Auszubildenden sollen entsprechend zum 1. August 2017 und zum 1. August 2018 angehoben werden. Zudem soll im März 2018 ein Einmalzahlung von 50 Euro ausgezahlt werden, Auszubildende sollen 25 Euro bekommen. Der Tarifvertrag hat eine Laufzeit von 24 Monaten (1. April 2017 bis 31. März 2019). Die Tarifvertragsparteien haben eine Erklärungsfrist bis zum 10. August vereinbart; am 9. August wird die Große Tarifkommission von ver.di über die Annahme des Tarifabschlusses beschließen. (…) Der Tarifabschluss wird bei ver.di bundesweit nicht als Pilotabschluss gesehen und wird nun in nächster Zeit in anderen Tarifbezirken – durchaus kritisch – beraten werden. ver.di konnte die Arbeitgeber nicht dazu bewegen, gemeinsam die Allgemeinverbindlichkeit der Tarifverträge zu beantragen…di-Meldung vom 28. Juli 2017 externer Link

6. Branchen » Energiewirtschaft (und -politik) » Energie und Klima » Initiative: “Gewerkschafter*innen für Klimaschutz”

Wissen, wo unsere Interessen liegen: Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter engagieren sich für Klimaschutz

Aufgrund des alarmierenden Klimawandels sind heiße Diskussionen um den Braunkohletagebau entbrannt. Politiker erklimmen rhetorische Höhen auf Klimagipfeln, Gewerkschaften sorgen sich um Arbeitsplätze, Anwohner müssen riesigen Kratern weichen, Aktivisten besetzen Schaufelbagger.
Besonders letzteres hat im vergangenen Jahr die Gewerkschaft IG BCE auf den Plan gerufen. Sie zog mit der aggressiven Kampagne «Schnauze voll» und dem Totschlagargument «Arbeitsplätze erhalten» gegen das Klimacamp im Rheinischen Braunkohlerevier zu Felde. Die Kampagne stieß auf breite Kritik. Eine geplante Demonstration gegen die Umweltaktivisten wurde am Ende dann abgesagt. (…) Der Umbau der Energieversorgung ist eine gesamtgesellschaftliche Mammutaufgabe. Dabei gehören auch die Macht der Konzerne, deren Lobbyerfolge in der Politik und der Wachstumszwang der kapitalistischen Gesellschaft auf den Prüfstand. Ausstiegsszenarien bis 2040 oder später werden den Herausforderungen nicht gerecht. Klimabewegung und Gewerkschaften sollten gemeinsam für Klima- und soziale Gerechtigkeit in die Offensive kommen. Die Umsetzung von Arbeitszeitverkürzung könnte hilfreich sein. Dazu müssten die Gewerkschaften sich aber mehr in Bewegung setzen. Gemeinsam könnte man mehr bewirken
…“ Artikel von Bea Sassermann in der Soz Nr. 07/2017 externer Link

Siehe dazu:

  • Veranstaltung der Klimavernetzung Ruhr: „Systemwandel statt Klimawandel –
    Was können wir gemeinsam gegen den Klimawandel machen?“ am 03. August, ab 19 Uhr an der Technischen Universität Dortmund, Seminarraumgebäude I (SRG I), Raum 1.001, Friedrich-Wöhler-Weg 6, 44227 Dortmund
  • Die Initiative «Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter für Klimaschutz» auf dem Klimacamp bei Erkelenz im Rheinland
    und lädt ein zu einem Workshop «Strukturwandel und sozialverträglicher Ausstieg aus der Kohleverstromung» am 21.August um 10 Uhr (Zelt 24) auf dem Klimacamp bei Erkelenz im Rheinland. Siehe Flyer und Einladung zum Workshop pdf: Kohle unten lassen – und dann? Ver.di-Studie zum sozialverträglichen Ausstieg aus der Kohleverstromung

Siehe dazu auch:

7. Branchen » Energiewirtschaft (und -politik) » Energie und Klima » [18. bis 29. August 2017 im Rheinland] Ende Gelände/KlimaCamp: Skills for System Change

a) [Video] Let the Rhineland be second

In der Reihe „America First, XXX second“ ist jetzt auch eine [köstliche] Version aus dem Rheinland entstanden. Siehe das Video vom 30. Juli 2017 bei youtube externer Link

b) Was ist eigentlich schon erlaubt?

Ende Gelände ist Ziviler Ungehorsam, ein bewusster Regelübertritt. Doch was für Regeln sind das eigentlich genau und mit was für Folgen muss ich rechnen? Was darf eigentlich die Polizei? Was sind meine Rechte? Und warum baut RWE jetzt einen Wall um den Tagebau?“ Diese und weitere Fragen behandelte die neue Rechtshilfebroschüre bei Ende Gelände externer Link pdf

8. Politik » Gewerkschaften » Gewerkschaftsbewegung international

Unerklärlich und fatal: IndustriAll vermeldet (als einzige Organisation) einen Erfolg des Fiat-Streiks in Serbien

Auf der Pressekonferenz, die zum Abschluss des Streiks durch die größte Betriebsgewerkschaft bei Fiat in Kragujevac abgehalten wurde, äußerte deren Sprecher, mehr sei halt nicht drin gewesen. Ein Thema, das wir und manche andere bereits behandelt haben, hier geht es darum, festzuhalten, dass dieses Statement nicht eben nach einer Siegesmeldung klingt. Die Meldung „Serbia: Three week strike at FIAT ends“ am 28. Juli 2017 bei IndustriAll externer Link klingt da ganz anders, vermeldet die Errungenschaften des Streiks und die Solidarität europäischer Gewerkschaften, die dazu beigetragen habe. Bei der Aufzählung der Ergebnisse wird nicht ganz ohne Grund peinlich vermieden, etwas über ursprüngliche Forderungen und Angebote zu berichten (siehe Verweis weiter unten), sondern eine der zentralen Übereinkünfte des Abkommens – der dreijährige Streikverzicht – findet ebenso wenig ein Wort der Erwähnung, wie die Auseinandersetzungen zwischen den beiden betrieblich vertretenen Gewerkschaften (die beide der Föderation angehören). Dafür wird ausführlich die Vermittlung durch die serbische Ministerpräsidentin gewürdigt – einer Regierung, die nicht nur Minderheitseigner des Werkes ist, sondern auch stets die Keule schwang, der Streik gefährde den Verbleib Fiats in Serbien. Mit Schönfärberei kommt man in der Regel nicht sehr weit, ist eine Erfahrung (nicht nur) der Gewerkschaftsbewegung.

Siehe dazu auch Verweise auf frühere Berichterstattung (sowohl von IndustriAll, als auch von LabourNet Germany) und die Stellungnahme der abschließenden Gewerkschaft

9. Politik » Wirtschaftspolitik » wirtschaftspolitische Debatten » Kapitalismuskritik

[Buch] 1917 | 2017. Revolution und Gegenrevolution

Der Autor stellt die Oktoberrevolution in den Zusammenhang des langen Revolutionszyklus, der mit der Französischen Revolution im Jahr 1789 eröffnet wurde und mit dem Sieg der Bolschewiki 1917 (schließlich auch mit der chinesischen Revolution) immer wieder die Frage nach der Bedeutung der »Großen Revolutionen« bzw. der »Leitrevolutionen« für die Entwicklung der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft aufgeworfen hat. Der Zyklus des Aufstiegs und Niedergangs der Sowjetunion wird im Kontext der großen weltpolitischen und weltgeschichtlichen Widerspruchskonstellationen des 20. Jahrhunderts untersucht. Was Revolution in den Ländern des entwickelten Kapitalismus heute heißen kann, ist Gegenstand des abschließenden Kapitels.“ Umschlagtext zum gerade erschienen Buch von Frank Deppe im VSA-Verlag (256 Seiten, 2017, EUR 19.80, ISBN 978-3-89965-754-8). Siehe zum Buch weitere Infos bei Verlag und eine Leseprobe – wir danken unserem Vereins-Gründungsmitglied!

10. Interventionen » Kampf um Grundrechte » Kommunikationsfreiheit und Datenschutz » Überwachung und Datenschutz » Wenn die Bullen nicht mehr klingeln… Durchsuchung online

Staatstrojaner stoppen! Verfassungsbeschwerde gegen den Staatstrojaner – für sichere und vertrauenswürdige IT – unterstützen!

Staatstrojaner sind ein Schlag gegen vertrauliche Kommunikation – Digitalcourage klagt! Digitalcourage wird gegen den Staatstrojaner eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe einreichen. Digitalcourage kritisiert die Folgen der Staatstrojaner für Grundrechte und IT-Sicherheit. Alle Menschen, die digital kommunizieren, sind von diesem Gesetz betroffen und können die Verfassungsbeschwerde unterzeichnen. Noch in diesem Jahr will das Bundeskriminalamt laut einem geleakten Dokument eine mächtigere Generation von Spionage-Software einsetzen. Nach neuer Strafprozessordnung vom Juni 2017 soll nun aber auch die Polizei die sogenannten Staatstrojaner zur Überwachung von Kommunikation massenweise einsetzen dürfen – gegen Verdächtige nach 74 Paragraphen und im Zweifel auch gegen Unverdächtige. Für unsere Verfassungsbeschwerde gegen die Staatstrojaner brauchen wir jede Menge Unterstützung! Jetzt Verfassungsbeschwerde gegen Straatstrojaner mitzeichnen und unterstützen!…“ Info- und Aktionsseite bei Digitalcourage externer Link – LabourNet Germany ist bereits dabei!

11. Interventionen » Kampf um Grundrechte » allgemeine Grundrechte » Polizei und Polizeistaat

Gewaltmonopol: Die Polizei als Risiko für die Demokratie. Nach dem G20-Gipfel würde es sich lohnen, über Alternativen zur Polizei nachzudenken.

Das staatliche Gewaltmonopol bedarf demokratischer Legitimierung. Aber die Polizeigewalt anlässlich des G20 Gipfels zeigt einmal mehr, dass die Polizei dazu neigt, demokratische Grundrechte zu suspendieren. Wir sollten daher über alternative Möglichkeiten nachdenken, in unserer Gesellschaft mit Konflikten umzugehen. (…) Keiner anderen gesellschaftlichen Institution räumen wir so umfassende Kompetenzen ein, Gewalt gegen Bürgerinnen und Bürger auszuüben wie der Polizei. (…) Der G20-Gipfel in Hamburg hat Aktionen der Polizei in den Mittelpunkt der medialen Aufmerksamkeit gerückt. Die Polizei untergräbt mit einem solchen Vorgehen ihre eigenen Legitimationsbedingungen: Ihre Gewalt ist nicht mehr durch demokratische Verfahren gedeckt und geht somit nicht mehr vom Volke aus, sondern verwandelt sich in schiere Repression. (…) Die US-amerikanische Black-Lives-Matter-Bewegung hat es mittlerweile geschafft, die Abschaffung der Polizei zu einem ernstzunehmenden realpolitischen Vorschlag ins Spiel zu bringen. Stattdessen schlagen Aktivistinnen und Aktivisten umfassende Entkriminalisierungen, unbewaffnete, community-basierte Interventionsteams zur nachbarschaftlichen Konfliktschlichtung, die radikale Verbesserung der sozialen und kulturellen Infrastruktur und vor allem die radikale Demokratisierung der gesellschaftlichen Verhältnisse vor. Wenn wir die Möglichkeit geschaffen haben, über die Bedingungen unseres Lebens selbstbestimmt zu entscheiden, dann werden wir auf Gewalt als Medium der Konfliktschlichtung – und somit auf die Polizei als Institution manifester Gewalt – mehr und mehr verzichten können.“ Ein Gastbeitrag von Daniel Loick vom 28.07.2017 bei der FR online externer Link – der Autor ist für Gastprofessor für kritische Gesellschaftstheorie an der Frankfurter Goethe-Universität

12. Interventionen » Kampf um Grundrechte » allgemeine Grundrechte » Polizei und Polizeistaat » Bayern ist Spitze: Bei der Abschaffung von Grundrechten. Wegen Terror und Gefährdern (auch des Eigentums)

Ein nächster Schritt in Richtung Guantánamo

„«Meine Damen und Herren, wir sind in der Tat eine offene Gesellschaft, aber zum Schutz dieser offenen Gesellschaft braucht es einen starken Staat, der bestmöglich für die Sicherheit und Freiheit der Menschen einsteht.» Das sagte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann am 19. Juli 2017 in der Landtagsdebatte (…). Einen Tag, bevor sich das Parlament des Freistaates in die Sommerpause davon machte, hat es noch schnell Geschichte geschrieben. Es verabschiedete in zweiter und dritter Lesung eine Änderung des Polizeiaufgabengesetzes (…) (PAG), mit der das Bundesland einmal mehr demonstriert, dass ihm in Sachen Härte der Sicherheitsgesetzgebung kein anderes den Rang ablaufen kann: Bei «drohenden Gefahren» kann die Bayerische Polizei in Zukunft nicht nur schweres Geschütz zur Überwachung, nämlich Staatstrojaner, einsetzen. Sie kann die Freiheit von Personen einschränken, indem sie ihren Aufenthalt per «elektronischer Fußfessel» überwacht. Und sie kann Menschen diese Freiheit – präventiv – gleich ganz entziehen. Das alles muss jeweils ein Richter oder eine Richterin genehmigen. (…) Die Polizei entscheidet, wann eine solche Gefahr drohen könnte und wann sie an den zuständigen Amtsrichter oder die Amtsrichterin herantritt, um sich entsprechende Maßnahmen genehmigen zu lassen – vom Trojanereinsatz bis hin zur «Unendlichkeitshaft» (…). Und die Erfahrung lehrt: Je grösser die beschworene Gefahr, desto eher werden die Richter*innen dem polizeilichen Ansinnen folgen. Im Unterschied zum BKA-Gesetz setzt das bayerische PAG aber nicht nur an drohenden terroristischen Gefahren an, sondern bereits bei möglichen Schädigungen «erheblicher Eigentumspositionen» oder «Sachen, deren Erhalt im besonderen öffentlichen Interesse liegt»…“ Kommentar von Heiner Busch vom 28. Juli 2017 beim Grundrechtekomittee externer Link

13. Interventionen » Kampf um Grundrechte » allgemeine Grundrechte » Demonstrationsrecht » Dossier: Kommst Du mit ins Gefahrengebiet? Hamburg: Gipfel der G20 7./8. Juli 2017

a) G20 heißt auch: Gipfel der Überwachung

„Beim G20-Gipfel nutzten Polizei und Verfassungsschutz ein großes Arsenal an Überwachungsmaßnahmen. Sie hörten Gespräche mit, setzten IMSI-Catcher ein und führten Funkzellenabfragen durch. Daneben las die Polizei Handys aus und fragte Daten bei Hostels ab. Über die Details schweigt sie, eine Kontrolle ist so kaum möglich. (…) In welchem Umfang, das will der Hamburger Senat auf Anfrage der Abgeordneten Christiane Schneider in den meisten Fällen nicht beantworten. Das sagt er bereits vor der ersten Frage und fügt immer wieder einen Verweis auf diese Generalentschuldigung ein. Zur Häufigkeit verdeckter Maßnahmen müssten Akten händisch ausgewertet werden, das sei in der Antwortfrist einer parlamentarischen Anfrage nicht zu machen. Anderes lasse Rückschlüsse auf die Taktik der Polizei zu, auch dann könne man Details nicht offenlegen. Und einige Akten seien noch nicht bei der Staatsanwaltschaft erfasst, daher sei noch keine zuverlässige Auswertung möglich. Aus der Zuständigkeit des Hamburger Senats ergibt sich außerdem, dass die Antworten nur Aussagen über die Hamburger Polizei und den Landesverfassungsschutz enthalten können. Was Bundespolizei, Bundesverfassungsschutz und andere Länderbehörden an Technik nach Hamburg gebracht haben, kann man ihr nicht entnehmen. (…) Die vielen offenen Fragen und die unzureichenden Antworten verdeutlichen, dass die Aufarbeitung des G20-Gipfels noch lange nicht vorbei ist. Es werden noch viele parlamentarische Anfragen und viel journalistische Arbeit notwendig sein, um die Geschehnisse aufzuarbeiten und zu einer Einschätzung zu gelangen, inwieweit sich die deutschen Sicherheitsbehörden in den Grenzen des Rechtsstaates bewegt haben – sei es bei Überwachung, bei Eingriffen in die Versammlungsfreiheit oder beim Einsatz von Gewalt.“ Beitrag von Anna Biselli vom 28. Juli 2017 bei Netzpolitik.org externer Link

b) Gummi gegen den kommenden Aufstand

„Für den G20-Gipfel kündigte der Gesamteinsatzleiter Hartmut Dudde den Einsatz von „allem, was Polizeien so besitzen“, an. Bisher war nicht bekannt, dass hierzu auch Gummigeschosse gehören. Mehrere Bundesländer planten in den 80er Jahren die Anschaffung von Gummigeschossen für ihre Polizeien. Sie sollten den Beamten einen Vorteil bei den teilweise heftigen Auseinandersetzungen wie in Wackersdorf verschaffen. Entsprechende Überlegungen existierten beispielsweise in Baden-Württemberg und in Bayern im damaligen Kabinett von Franz-Josef Strauß. Die Innenministerkonferenz hatten einem Bericht des Spiegel zufolge beim Rüstungskonzern Messerschmitt-Bölkow-Blohm eine Studie zur Entwicklung eines polizeilichen „Wirkwurfkörpers“ bestellt. Als mögliche Varianten galten großkaibrige Gummipatronen oder Gummischrot. Schließlich entschied sich die Innenministerkonferenz jedoch, die neue Bewaffnung in Deutschland nicht einzuführen. Befürchtet wurde, dass die Streubreite der Munition zu groß sei. Weder kann genau auf eine Körperpartie gezielt werden, noch ist ausgeschlossen dass Unbeteiligte getroffen werden. Ähnlich hatte sich damals auch das Europaparlament 1982 und 1984 in zwei Entschließungen geäußert. In den meisten EU-Mitgliedstaaten werden seitdem keine Gummigeschosse eingesetzt, Ausnahmen bilden die Schweiz, Spanien und Nordirland. (…) Trotz einer fehlenden gesetzlichen Bestimmung haben Polizeikräfte beim G20-Gipfel in Hamburg mit Gummigeschossen auf Personen gefeuert. (…) Die Spezialeinsatzkommandos beim G20-Gipfel wurden von dem Hannoveraner Polizist Michael Zorn koordiniert. (…) Zorn zufolge habe der Gesamteinsatzleiter in einem Gespräch „nicht ausgeschlossen, dass, würde er zu einem Vorrücken gezwungen sein, es zu einem Schusswaffengebrauch kommen könnte“.“ Beitrag von Matthias Monroy vom 29. Juli 2017 bei Telepolis externer Link

Lieber Gruss, Eure LabourNet-Redaktion

 

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AKTUELL BEI LABOURNET.TV

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Räumung einer PepsiCo Fabrik in Buenos Aires

Am 13. Juli 2017 wurde in Buenos Aires eine Fabrik des PepsiCo Konzerns geräumt. Nachdem die Produktion verlagert und 600 Arbeiter_innen entlassen wurden, hatten Ende Juni 20 etwa Arbeiter_innen die Fabrik besetzt. Sie wurden von 500 Polizisten mit viel Gewalt geräumt. In dem Video sprechen die Arbeiter_innen über Rodolfo Daer, den Generalsekretär der Nahrungsmittelgewerkschaft in Argentinien. Er hatte die Räumung gerechtfertigt. Zwei Stunden nach der Räumung beschied ein Gericht, dass die Entlassung der 600 Arbeiter_innen illegal war und ordnete ihre Wiedereinstellung an.“ Video bei labournet.tv externer Link (cast. mit dt. ut | 2 min | 2017)

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