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Landratsamt Rottweil beschlagnahmt Heckler+Koch-Aufrufe zum Whistleblowing

Dossier

Rund um den Antikriegstag am 1. September 2018: „Rheinmetall entwaffnen – Krieg beginnt hier“Während einer Protestaktion beim Waffenhersteller Heckler+ Koch (Oberndorf) hat das Landratsamt Rottweil eigenmächtig Flugblätter eines Friedensaktivisten beschlagnahmt, ohne die hierfür erforderliche richterliche Genehmigung einzuholen. Damit hat die Behörde rechtswidrig gehandelt, denn in § 13 Gesetz über die Presse (Landespressegesetz Baden-Württemberg) heißt es hierzu eindeutig: „Die Beschlagnahme eines Druckwerks kann nur der Richter anordnen.“ Hintergrund der Beschlagnahme ist eine gewaltfreie Aktion des Friedensaktivisten und Mitglied der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK), Hermann Theisen (Hirschberg), die am 18.05.2017 vor dem Werksgelände von Heckler+Koch in Oberndorf stattgefunden hat. Theisen hatte dabei Flugblätter an die Mitarbeiter des Waffenherstellers verteilt und diese aufgefordert, die Verstrickungen ihres Arbeitgebers in illegale Waffenexporte aufzudecken. (…) Unterdessen hat das Amtsgericht Oberndorf im Mai 2016 einen Strafbefehl über 90 Tagessätze zu je 40 Euro gegen Theisen erlassen, weil er bereits im Mai 2015 Aufrufe zum Whistlebowing an Heckler+Koch-Mitarbeiter verteilt hatte (20 Js 10668/15). Beide Strafverfahren werden somit parallel vor dem Amtsgericht Oberndorf und dem Landgericht Stuttgart stattfinden. Gegen die Beschlagnahme seiner Flugblätter hat Theisen inzwischen vor dem Verwaltungsgericht Freiburg eine Feststellungsklage gegen das Landratsamt Rottweil erhoben (1 K 3693/17). Zudem hat er beim Amtsgericht Oberndorf eine richterliche Entscheidung über die Rechtswidrigkeit der Flugblatt-Beschlagnahme beantragt (105 AR 10/17)...“ Bericht von S. Möhrle vom 12. Juni 2017 beim RüstungsInformationsBüro externer Link, siehe dazu neu:

  • Solidarität mit Hermann Theisen: Aufrufe zum Whistleblowing dürfen nicht bestraft werden! Flugblätter gegen illegale Waffenexporte gehören nicht vor Gericht! New
    „Hermann Theisen engagiert sich seit Jahrzehnten für den Frieden. Seine Waffe: Flugblätter, in denen er Rüstungs- und Pharmakonzerne wegen illegaler Exporte anprangert. Er verteilt sie am liebsten vor den Betriebsgeländen von Waffenschmieden. In den Flugblättern fordert er die Beschäftigten der Rüstungskonzerne Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegmann sowie die Beschäftigten anderer Unternehmen dazu auf, sich mit Informationen über illegales Verhalten ihres Arbeitgebers an die Öffentlichkeit zu wenden. (…) In den letzten Wochen wurde Hermann Theisen dafür drei Mal verurteilt – weil er angeblich zu einer Straftat aufgerufen haben soll, nämlich dem Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. (…) Fatale Signale senden die Verurteilungen von Hermann Theisen aber auch an potentielle Whistleblower: Wenn schon ein Flugblattverteiler Geldstrafen erhält, schreckt das erst recht Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber ab, illegales Geschäftsgebaren an die Öffentlichkeit zu bringen. Deshalb unterstützt die GFF die Berufungsverfahren von Hermann Theisen – und möchte ihn auch durch höhere Instanzen begleiten, wenn erforderlich. Mit Ihrer Unterstützung wollen wir 25.000 Euro für unsere Freiheitskasse sammeln, um Hermann Theisens Verteidigung und Gerichtskosten zu finanzieren…“ Aufruf der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) zur Solidarität mit Hermann Theisen vom 14. Dezember 2018 externer Link mit der Bitte um Spenden
  • Kriegerische Staatsanwaltschaft Celle: Straftatbestand Rheinmetall-Kritik
    Theisen hatte im Februar die Rheinmetall-Mitarbeiter öffentlich zum Whistleblowing aufgerufen. „Informieren Sie die Öffentlichkeit umfassend und rückhaltlos über die Hintergründe der in Rede stehenden in Teilen illegalen Exportpraxis Ihres Arbeitgebers“, schrieb er in einem Flugblatt. Der Landkreis Celle verbot daraufhin die Verbreitung dieses Handzettels. Außerdem verschickte Theisen insgesamt 33 Briefe an Mitarbeiter der Gemeinde Südheide, die er aufforderte, „sich dafür einzusetzen, dass von ihrer Gemeinde keine illegalen Rüstungsexporte mehr ausgehen“. Diese Briefe haben ihre Empfänger aber nie erreicht. Das Hermannsburger Rathaus leitete die Anschreiben direkt an die Staatsanwaltschaft weiter. „Wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten wird die Beschlagnahmung folgender Gegenstände angeordnet: 33 Briefe des Beschuldigten an Mitarbeiter der Gemeinde Südheide“, heißt es im entsprechenden Beschluss des Lüneburger Amtsgerichts, welcher der CZ vorliegt. Die Briefe seien als Beweismittel für das laufende Ermittlungsverfahren von Bedeutung. Die Staatsanwaltschaft Lüneburg untersucht den Verdacht, ob Theisen zum Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen aufrief…“ – aus dem Bericht „Staatsanwaltschaft beschlagnahmt Protest-Briefe gegen Rheinmetall“ von Christian Link am 20. Juli 2018 in der Celler Zeitung externer Link über das eingeleitete Verfahren gegen den Friedensaktivisten Hermann Theisen, der das Verbrechen begeht, Briefe und Flugblätter zu verbreiten, auf denen in diesem Fall das staatsanwaltschaftlich geschützte Unternehmen Rheinmetall kritisiert wurde. Der Bericht über die staatsanwaltschaftliche Vorgehensweise gegen die Todeslieferanten fehlt – nicht nur in dieser Zeitung…

  • Friedensaktivist soll 78,50 Euro Geldbuße bezahlen 
    Die Akte Hermann Theisen bei der Staatsanwaltschaft Rottweil wird immer umfangreicher: Nachdem gegen den Friedensaktivisten bereits wegen Hausfriedensbruch bei Heckler&Koch ermittelt wird, geht es jetzt zusätzlich um eine Ordnungswidrigkeit im Zusammenhang mit der Verteilung von Flugblättern beim Waffenhersteller in Oberndorf. (…) 78,50 Euro Geldbuße soll Theisen dafür bezahlen. Dagegen hat Theisen Einspruch eingelegt. (…) Das sieht die Stadtverwaltung Oberndorf anders und hat den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid abgelehnt. Sie hält eine Sondernutzungserlaubnis für erforderlich, wenn Aufrufe zum Whistleblowing an Verkehrsteilnehmer, das war der Inhalt der Flugblätter, auf der Zufahrtsstraße zu Heckler&Koch verteilt werden. (…) Jetzt liegt der Fall bei der Staatsanwaltschaft. „Teilt diese die Auffassung der Stadt, so muss das Amtsgericht Oberndorf entscheiden“, so Theisen.“ Artikel von Karin Zeger vom 19.10.2017 beim Schwarzwälder Boten online externer Link
  • Sieg der Meinungsfreiheit – klare Niederlage für das Landratsamt Rottweil gegen H. Theisen / Massive Kritik von J. Grässlin am Versagen der Stuttgarter Justiz beim Vorgehen gegen illegalen Waffenhandel 
    Am 27. September wurden vor dem Verwaltungsgericht Freiburg die Klagen des Friedensaktivisten Hermann Theisen verhandelt. Dabei feierte Theisen einen juristischen Sieg in entscheidenden Punkten. Der Kläger sagt dazu: “Das Gericht hat sich erfreulicherweise intensiv mit den Fragen der Meinungsfreiheit auseinandergesetzt und eben gleichzeitig mit der Problematik der Waffenexporte. Auf diesen Aspekten wurden im Grunde die Gerichtsentscheidungen aufgebaut. In zwei Verfahren wurde dem Kläger vollumfänglich Recht gegeben. Sowohl das Durchsuchen von Taschen als auch die Beschlagnahme von Flugblättern war illegal”, sagte Kläger Theisen. Jürgen Grässlin, Vorsitzender des RüstungsInformationsBüros (RIB e.V.) und Bundessprecher der DFG-VK äußerte sich nach Urteilsverkündung: „Juristisch ein erfreulicher Ausgang eines an sich völlig absurden Verfahrens. Hermann Theisen hat zu Recht zum Whistleblowing in Sachen illegaler Waffenhandel von Heckler&Koch aufgerufen. Der Versuch, dies seitens des Landratsamts Rottweil zu behindern, ist juristisch als widerrechtlich abgeurteilt worden – und da ist gut so!“ „Höchst bedenklich ist dagegen das mehr als zögerliche Vorgehen der Stuttgarter Justiz“, kritisiert Jürgen Grässlin, Sprecher der Kampagne ‚Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!‘. „Meine Strafanzeige wegen des dringenden Verdachts illegaler Waffenlieferungen in mexikanische Unruheprovinzen datiert vom April 2010. Bis heute – sieben Jahre später – mussten sich die Verantwortlichen von Heckler & Koch noch immer nicht wegen offenbar widerrechtlicher Waffentransfers vor Gericht rechtfertigen. Dagegen wurde der Rüstungsexportkritiker Theisen binnen zweier Jahre vor Gericht gestellt. Weiterhin befinden sind die mutmaßlichen Täter auf freiem Fuß, weiterhin wird mit Abertausenden von illegal nach Mexiko gelieferten G36-Sturmgewehren in Mexiko gemordet.“Pressemitteilung des RüstungsInformationsBüros (RIB e.V.) und der DFG-VK vom 27.09.2017 externer Link
  • EILMELDUNG: Staatsanwaltschaft Rottweil nimmt Anklage wegen Whistleblowing zurück und Amtsgericht Oberndorf hebt Verhandlungstermin auf 
    Das Amtsgericht Oberndorf hat die für morgen terminierte Gerichtsverhandlung gegen den Friedensaktivisten Hermann Theisen (Hirschberg) wegen der Verteilung von Heckler & Koch-Aufrufen zum Whistleblowing aufgehoben und heute dem Angeklagten und seinem Verteidiger per Email mitgeteilt, dass die Staatsanwaltschaft Rottweil „die Klage gemäß § 411 Abs. 3 StPO zurück genommen“ habe. (…) Theisen ist über das Vorgehen der Staatsanwaltschaft Rottweil und des Amtsgerichts Oberndorf sehr erstaunt: „Einen Strafbefehl vor mehr als einem Jahr zu erlassen, um ihn dann einen Tag vor der Hauptverhandlung wieder zurückzunehmen, mutet mehr als kafkaesk an. Anklagebehörde und Amtsgericht haben ganz offensichtlich kalte Füße bekommen und wollen nun mit allen Mitteln ein öffentliches Verfahren über die Heckler & Koch-Aufrufe zum Whisteleblowing verhindern. Dieses Vorgehen ist rechtsstaatlich skandalös und hinterlässt ein für die baden-württembergische Justiz peinlich anmutendes Gschmäckle.“…“ Eilmeldung der DFG-VK Landesverband Baden-Württemberg vom 18.9.2017 (per mail) – wir gratulieren!
  • 19.9.2017: Strafverfahren gegen Hermann Theisen in Sachen Heckler & Koch 
    „Am 19.9.2017 verhandelt das Amtsgericht Oberndorf, Neckar ab 8.30 Uhr in öffentlicher Sitzung über die Strafanklage gegen den Friedensaktivisten Hermann Theisen wegen der Verteilung von Flugblättern an Mitarbeiter des dort ansässigen Waffenproduzenten Heckler & Koch. Theisen hatte es am 5. und 13. Mai 2015 unternommen, die traditionellen Aktionsformen der Friedensbewegung mit denen des Whistleblowing zu verbinden, indem er die Mitarbeiter von Heckler & Koch – wenngleich vergeblich – dazu aufrief, die Öffentlichkeit über Hintergründe und Strukturen von Waffenexporten, die gegen das Kriegswaffenkontroll- und das Außenwirtschafts-Gesetz verstoßen, und damit ggf. einhergehende Schmiergeldzahlungen zu unterrichten. (…) Es geht um die mutmaßlich illegale Lieferung von Sturmgewehren in vier mexikanische Unruheprovinzen in den Jahren 2006 bis 2009. Die Strafanzeige führte erst in der Folge von Theisens Aktionen, nämlich am 30.10.2015, überhaupt zur Anklage-Erhebung durch die Stuttgarter Staatsanwaltschaft und wiederum ein halbes Jahr später durch die 13. Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichtes Stuttgart zu ihrer umfänglichen Zulassung (Aktenzeichen: 13 KLs 143 Js 38100/10). (…) Annegret Falter, Vorsitzende von Whistleblower-Netzwerk, stellt fest: „Offenbar hat staatliche Kontrolle wieder einmal versagt: diesmal die Kontrolle von Waffenexporten. Die Schlussfolgerung liegt auf der Hand: Zuverlässige Kontrolle kann u. U. nur mithilfe von Insider-Wissen erfolgen. Warum also nicht die Mitarbeiter von Heckler & Koch zum Whistleblowing aufrufen? Das liegt im öffentlichen Interesse, dient dem notwendigen demokratischen Diskurs und verdient nicht Strafe, sondern rechtlichen Schutz. Zuvörderst durch das Grundrecht auf Meinungs- und Informationsfreiheit.“…“ Beitrag von Annegret Falter vom 14. September 2017 beim Whistleblower-Netzwerk externer Link
  • Flyerverteilen ist eine Sondernutzung?
    Ein Anhörungsbogen des Polizeireviers Oberndorf [der der Redaktion des LabourNet Germany vorliegt] legt dies zumindest nah. Im juristischen Umgang mit Flugblattaktionen vor, um und mit bezug zu Heckler&Koch haben wir schon so manches rechtlich fragwürdiges erlebt, aber dass die Verteilung von Flugblättern eine Ordnungswidrigkeit wegen einer fehlenden Sondernutzungserlaubnis für öffentliche Verkehrsflächen darstellen könnte, überrascht uns dann doch sehr. (…) Da es sich bei den verteilten Handzetteln nicht um Werbung handelte ist aus dem Inhalt bereits ersichtlich. Bleibt zu hoffen das sich ein Entscheidenes Gericht in diesem Fall auch unserer Ansicht vom kommunikativen Gemeingebrauch der Straße anschließt.“ Bericht von S. Möhrle vom 6.7.2017 beim RüstungsInformationsBüro externer Link

Siehe zum Hintergrund:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=118953
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