Rente ohne Politik? Jetzt bekommen wir doch noch eine Rentendiskussion im Wahlkampf

Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 4.7.2017

"… und arm bist Du…" Broschüre der Initiative zur Vernetzung der GewerkschaftslinkenJetzt bekommen wir – auch ohne oder gegen die Parteien – eine Rentendiskussion im Wahlkampf 2017 – und diese Diskussion lässt die Politik angesichts der Anforderungen alt aussehen: Die Altersarmut wird steigen! So scheint die Altersarmut der Politik in Deutschland wegen der neoliberalen  bisher unvermeidbar. Die Alten sollen doch den Gürtel enger schnallen, auf dass das Finanzkapital besser „leben“ kann – ein Blick über die Grenze nach Österreich lehrt uns etwas anderes!

Diesen Rentenwahlkampf um die Altersvorsorge sieht die alte sozialpolitische Gewerkschaftskämpferin Ursula Engelen-Kefer mit einiger Distanz, denn sie kann dem aktuellen Streit keine – für alle RentnerInnen – brauchbare Bedeutung erkennen (https://www.taz.de/Archiv-Suche/!5422050&s=&SuchRahmen=Print/ externer Link).

Martin Schulz von der SPD geißelt zwar – mit Recht – die rentenpolitische Enthaltsamkeit der Bundeskanzlerin. Nur unter dem Strich sieht es in seiner Partei – der SPD – nicht viel besser aus. Und so ist ihr Resümee: Erforderlich ist die Rückkehr zur Absicherung des Lebensstandards durch die gesetzliche Rentenversicherung. Und dass dies – trotz der ganzen politischen Verrenkungen in Deutschland um den demografischen Faktor – möglich ist, ohne die Wirtschaft und die jüngere Generation zu überfordern, zeigt allen voran unser Nachbarland Österreich. (Das Rentensystem in Österreich ist dem deutschen eindeutig überlegen: http://library.fes.de/pdf-files/wiso/12759.pdf externer Link pdf – siehe jedoch weiter die Beurteilung bei der Hans-Böckler-Stiftung „Deutsche oft deutlich schlechter abgesichert als Österreicher“: https://www.boeckler.de/63056_63185.htm externer Link sowie ausführlich noch als WSI-Report: https://www.boeckler.de/pdf/p_wsi_report_27_2016.pdf externer Link pdf) So gelingt es den Österreichern die durchschnittlichen Rentenleistungen für Männer und Frauen im Durchschnitt mehr als 40 Prozent höher zu gewährleisten – und es gilt nach wie vor die Rente mit 65! (http://www.ardmediathek.de/tv/Plusminus/Renten-in-%C3%96sterreich-Vorbild-f%C3%BCr-Deuts/Das-Erste/Video?bcastId=432744&documentId=41257592 externer Link sowie http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.armes-deutschland-oesterreichs-rentner-haengen-die-nachbarn-ab.18fdef75-c43c-4880-8dcd-4e8223dfde16.html externer Link)

Aber die Bürgerversicherung ist aus der politischen Diskussion verschwunden.

Aber genau solche Diskussionen über die Zukunft der Renten gefallen dann auch dem DIW, denn diese Diskussionen um die Rente können doch erst die Verlässlichkeit erhöhen (https://www.diw.de/sixcms/detail.php?id=diw_01.c.551644.de externer Link), die „unsere“ Politik doch inzwischen allenfalls gegenüber dem Finanzkapital zu leisten bereit ist. (Vgl. auch Matthias Birkwald (Linke) im Bundestag „Erst angelockt, dann abgezockt“: https://www.matthias-w-birkwald.de/article/1521.erst-angelockt-dann-abgezockt.html externer Link)

Man braucht bloß darauf achten, wie einerseits die „Bürgerversicherung“ aus der politischen Diskussion verschwunden ist (http://www.berliner-zeitung.de/wirtschaft/buergerversicherung-4-0-spd-will-private-krankenversicherung-beibehalten-25463804 externer Link). Dabei bleibt sie immer noch die beste Alterssicherung für viele (http://www.zeit.de/wirtschaft/2016-04/alterarmut-rente-christoph-butterwegge externer Link), während auf der anderen Seite auch keiner der maßgebenden Politiker – von SPD und CDU – in der „Riester-Rente“ mehr ein Problem sehen möchte, das unbedingt wieder abgeschafft gehörte, um die Verlässlichkeit der Renten zu sichern.

So mahnt der DGB die Kanzlerin: Es ist ein gewaltiger Irrtum zu glauben, bei den Renten bis zum Jahr 2030 nichts tun zu müssen. (http://rente-muss-reichen.de/rente-die-bundeskanzlerin-irrt/ externer Link)

Studie: Nicht die SPD, und die CDU schon gleich gar nicht, versprechen brauchbare Rentenreformen – für alle!

Sicher ist bisher nur, dass die Altersarmut steigen wird. Und jetzt bringt es Bertelsmann mit einer von der Bertelsmann-Stiftung finanzierten Studie zur Rentensituation doch noch einmal genau an den Tag „Die Altersarmut wird drastisch zunehmen“ (http://www.tagesspiegel.de/politik/bertelsmann-studie-zur-rente-risiko-von-altersarmut-nimmt-drastisch-zu/19979136.html externer Link).

Hatte Verdi und Bsirske zwar auf ein richtiges Problem, die steigende Altersarmut hingewiesen (siehe weiter unten), so war dieser Trend doch etwas ungenau berechnet worden – da nur auf die jeweilig einzelne Rente geguckt wurde und nicht auf die gesamten (Haushalts-) Einnahmen: Aber dennoch ist das deutsche Rentensystem auf den Wandel der Arbeitswelt nicht ausreichend eingestellt – so muss auf Dauer das Armutsrisiko im Alter steigen (https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/themen/aktuelle-meldungen/2017/juni/wandel-der-arbeitswelt-laesst-altersarmut-steigen/ externer Link).

Verdi skandalisierte die Altersarmut zu recht – selbst wenn die Datenbasis noch nicht ausreichend war.

Haben wir es jetzt gar Verdi-Bsirske zu verdanken, dass wir durch seine Skandalisierung der Altersarmut doch noch eine angemessene Rentendiskussion in diesem Bundestagswahlkampf bekommen? Denn schau einmal, bei der Rente konnte man zuletzt gerade noch der Gewerkschaft Verdi „glauben“. Die anderen reden „lieber“ gar nicht darüber – oder eben vollkommen unzureichend…

So befürchte ich, der Weg der SPD zur sozialen Gerechtigkeit – nach den von ihr begangenen „Untaten“ (hier Riester-Rente – vgl. Christioph Butterwegge von Riester zu Nahles: Altersarmut trotz Rente (https://www.blaetter.de/archiv/jahrgaenge/2016/dezember/von-riester-zu-nahles-altersarmut-trotz-rente externer Link) und „BÜrgerversicherung für alle“ (http://www.zeit.de/wirtschaft/2016-04/alterarmut-rente-christoph-butterwegge externer Link) wird ein etwas längerer noch werden müssen – bevor dieses Rentensystem als Ganzes doch noch in Deutschland untergeht.

Verdi legte schon einmal den Finger in die Wunde – und warnte vor millionenfacher Altersarmut (http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/rente-ver-di-warnt-vor-millionenfacher-altersarmut-a-1152550.html externer Link) – und die aktuellen Vorschläge der SPD reichen nicht. Zum Rentenkonzept der SPD meint Stefan Reinecke (http://www.taz.de/Archiv-Suche/!541687volkers=&SuchRahmen=Print/ externer Link): Das SPD-Konzept, nachdem das Rentenniveau bei 48 Prozent des Lohnes fixiert bleibt, kann den gut verdienenden Facharbeiter einigermaßen beruhigt in die Zukunft blicken lassen. Doch die Verkäuferin oder die Krankenschwester, die 15 Jahre wegen der Kinder nicht im Job waren, hat davon wenig. Und das wohltönende „Solidarrente“ genannte Plus für Geringverdiener soll 2 Milliarden im Jahr kosten. Das ist zu wenig, um das drängende Problem vor allem weiblicher Altersarmut wirksam abzumildern. (Vgl. „Mein Name ist Altersarmut – und ich bin vor allem weiblich“: https://www.labournet.de/?p=112459)

Kurzum: Die SPD will das Vertrauen in die gesetzlich Rente stärken. Gut so – auch wenn sie selbst dessen Krise mit der fatalen Riester-Rente tatkräftig vertiefte. Für Ärmere springt dabei wenig raus. Was Schulz & Co. noch immer bitter fehlt, ist ein Symbolthema, mit der sich ein Gerechtigkeitswahlkampf inszenieren lässt. Dieses Rentenkonzept der SPD – pragmatisch aufs Machbare geeicht, wird diese Leerstelle nicht füllen.

So droht ohne eine richtige Wende in der Rentenpolitik diese millionenfache Armut im Alter – nur eine solche Lösung scheint die großen Parteien jetzt noch zu überfordern.

(https://www.welt.de/newsticker/news1/article165600200/Verdi-Ohne-Wende-in-Rentenpolitik-droht-millionenfache-Altersarmut.html externer Link)

Deshalb muss jetzt die Rente gestärkt werden – schlägt Verdi Alarm (https://rente-staerken.verdi.de/++co++d6a33604-5111-11e7-9207-525400940f89 externer Link), denn jeder zweite ist von Altersarmut bedroht: Das ergab eine aktuelle Auswertung des Eduard-Pestel-Institutes für Systemforschung. Bei der Rente sparen lohnt sich daher nicht (https://rente-staerken.verdi.de/nachrichten/++co++fe1be722-dbf4-11e6-ae06-525400940f89 externer Link und https://rente-staerken.verdi.de/++file++5942a49eaf08984f76ba6bf1/download/2017_06_16_Aktionswoche_Pressemitteilung.pdf externer Link pdf)

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=118389
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