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Nach dem Ende des Streiks bei VW Bratislava: Unterschiedliche Rechenkünste, ganz wie in der BRD

Streikplakat VW Bratislava 20.6.2017Am Montag, 26. Juni 2017 endete der sechstägige Streik der VW-Belegschaft von Bratislava. Die Übereinkunft sei nach langen Verhandlungen zustande gekommen – das war ungefähr das einzige, was von beiden Seiten abschließend gemeinsam festgestellt wurde. Ansonsten durchaus bekannte Muster der Bewertung: Während die Gewerkschaft den Streik als erfolgreich bewertet, verwies das Unternehmen darauf, dass der reale Abschluss kaum höher sei, als das ursprüngliche „Angebot“ der Werksleitung. Ein Tarifvertrag über 27 Monate mit drei Stufen der Lohnerhöhung und erhöhter Bonuszahlung sowie Möglichkeiten der höheren Einstufung diverser Lohngruppen, auch für Neueingestellte – machen nach verschiedenen Berechnungen insgesamt 14,2% Lohnerhöhung aus. Was so gesehen, nahe an den von der Gewerkschaft zuerst geforderten 16% liegt – und höher, als das gewerkschaftliche Kompromiss-Angebot von 13,9% nach einigen Streiktagen, was dann schon stutzig macht. 4,7% jetzt und Anfang 2018 nochmals 4,1% – auf den ursprünglich verhandelten Zeitraum berechnet, ergibt es 8,8% (plus erhöhten Bonus) – und das liegt dann ganz nahe beim ursprünglichen Angebot des Unternehmens von 8,7%. Nicht Kommentatoren jeder Art werden da entscheiden, ob sich der Streik „gelohnt“ hat – sondern die Belegschaft wird dies wissen und spüren. Siehe dazu drei aktuelle Meldungen:

  • „VW erzielt Lohnabschluss in der Slowakei – Streik beendet“ am 26. Juni 2017 bei Reuters externer Link ist die Meldung über das Ende des Streiks, worin es heißt: „Eine VW-Sprecherin sagte am Sonntagabend, die Beschäftigten würden am Montag die Arbeit wiederaufnehmen. Die Gewerkschaft bestätigte die Einigung. „Wir beenden den Streik mit sehr erfolgreichen Verhandlungen“, erklärte Gewerkschaftschef Zoroslav Smolinsky auf Facebook. Nach Firmenangaben erhalten die Beschäftigten von diesem Monat an 4,7 Prozent mehr Lohn. Weitere Erhöhungen von 4,7 Prozent ab Januar 2018 und von 4,1 Prozent ab November 2018 sollen folgen. Hinzu kommt eine Einmalzahlung von 500 Euro. Die Gewerkschaft hatte ursprünglich ein Plus von 16 Prozent über einen Zeitraum von zwei Jahren verlangt. Das Angebot der Arbeitgeber lag bei insgesamt 8,7 Prozent“.
  • „VW-Mitarbeiter beenden Streik“ am 26. Juni 2017 bei der taz externer Link ist die entsprechende dpa-Meldung zum Streikende, worin hervor gehoben wird: „Nach sechs Tagen Streik haben die Beschäftigten von Volkswagen Slovakia am Montag ihre Arbeit wieder aufgenommen. Gewerkschafter und Firmenleitung hatten sich zuvor am Sonntagabend auf höhere Löhne für die über 12 000 Mitarbeiter geeinigt. Demnach sollen die Löhne in mehreren Schritten bis August 2019 um insgesamt 14,2 Prozent steigen. Die Gewerkschaftsvertreter hatten ursprünglich eine sofortige Erhöhung von 16 Prozent gefordert, feierten aber auch den Kompromiss als großen Erfolg“.
  • „Strike ends, unions sealed agreement with Volkswagen“ am 26. Juni 2017 beim Slovak Spectator externer Link ist ein Beitrag über das Streikende, in dem die unterschiedliche Bewertung der Ergebnisse durch Unternehmen und Gewerkschaft ausführlich behandelt werden, und die gesamten zusätzlichen Kosten für das Unternehmen berichtet. Reaktionen aus der Belegschaft werden auch hier (noch) keine berichtet. Dass der MOV-Gewerkschaftsvorsitzende Smolinský der Belegschaft (und den Unterstützern) dankt ist eine der heute verbreiteten seltsamen Erscheinungen: Eigentlich hat die Belegschaft ja nun nicht für die Ziele der Gewerkschaft gestreikt, sondern für ihre eigenen. Oder?
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=118049
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