Arbeit um jeden Preis. Das „Integrationsgesetz“ soll Kontrolle und Verwertbarkeit migrantischer Arbeitskraft verbessern

Agenturschluss: Workfare is not fairWeitgehend unbeachtet von einer kritischen Öffentlichkeit hat der Bundestag im Juli 2016 ein „Integrationsgesetz“ verabschiedet, das es in sich hat.1 Stärker als bisher zielt die Neuregelung darauf ab, einen Teil der Geflüchteten als Arbeitskräfte nutzbar zu machen: „Menschen, die eine gute Bleibeperspektive haben, sollen möglichst zügig in unsere Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt integriert werden.“ 2 In dem Versuch, den Arbeitsmarkt umzugestalten und die Planungssicherheit für Unternehmen zu erhöhen, hat der Gesetzgeber auch Veränderungen vorgenommen, die auf den ersten Blick als Fortschritt für Geflüchtete erscheinen können – so stehen etwa die partielle Abschaffung der Vorrangprüfung oder der Verzicht auf Abschiebungen während einer Ausbildung auf dem Programm. Ein zweiter Blick in das Gesetz zeigt jedoch, dass sich die Verwertbarkeit der Geflüchteten auf dem Arbeitsmarkt, wenn überhaupt, nur sehr voraussetzungsvoll und selektiv mit neuen sozialen Ansprüchen verbindet. So bleiben, ähnlich wie es bereits in den SGB II-Gesetzen der Fall war, Ansprüche an Arbeitsbedingungen und Entlohnung völlig auf der Strecke. Gleichzeitig wird der Zugang zu Erwerbsarbeit mit Disziplinierung und Kontrolle verknüpft. (…) Dabei ist der Name des Gesetzes auch insofern eine Mogelpackung, als dass die „Integration“ der Verwertbaren die systematische Exklusion derer, die als nicht verwertbar identifiziert werden, beinhaltet. (…) Das Integrationsgesetz erscheint insgesamt als Form der staatlichen Planung, wie sie unter neoliberalen Vorzeichen nicht untypisch ist. Es definiert die von dem Gesetzeswerk Betroffenen uneingeschränkt als „Ressourcen“, deren Lebenschancen angeblich von dem eigenen Bemühen abhängen, sich auf die „Chancen“ einzulassen, die der Arbeitsmarkt (angeblich) bietet. Es ist dies ein oft zynischerweise noch in der Kluft der „Welcome“-Inszenierung verkleideter, gesellschaftlicher Rückschritt. (…) Entscheidend dafür, ob entrechtete und nicht existenzsichernde Arbeit die Regel auch für in offizielle Arbeitsverhältnisse eingebundene Refugees wird, ist die Frage, welche Widerstandskräfte unmittelbar Betroffene, solidarische Unterstützer_innen und organisierte Linke entfalten können…Artikel der Basisdemokratischen Linke Göttingen im Heft 20 (2017) der Zeitschrift Sozial.Geschichte Online externer Link . Die Basisdemokratische Linke Göttingen diskutiert in ihrem Beitrag die arbeitspolitischen Wirkungen des Integrationsgesetzes und betont dabei vor allem die Notwendigkeit einer praktischen Kritik an dem entstehenden workfare-Regime.

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