Bedürfnisse der Beschäftigten ernst nehmen. Gemeinsamer Aufruf: „Weiterentwicklung des Teilzeitrechts jetzt!“ Ergebnis: „Brückenteilzeit“

Dossier

Teilzeitarbeit„Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), der Deutsche Frauenrat (DF), der Sozialverband Deutschland (SoVD), die Arbeiterwohlfahrt (AWO), die Diakonie Deutschland, das Bundesforum Männer, die Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen (AGF), der Verband berufstätiger Mütter (VBM), das Zukunftsforum Familie (ZFF) und die Deutsche Gesellschaft für Zeitpolitik (DGfZP) fordern die Weiterentwicklung des Teilzeitrechts. Ein Entwurf des BMAS liegt vor. Nun muss die Bundesregierung den Koalitionsvertrag umsetzen und den Entwurf beschließen. Im Koalitionsvertrag haben sich CDU, CSU und SPD darauf verständigt, für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen Anspruch auf befristete Teilzeitarbeit zu schaffen. In Teilzeit Beschäftigten soll die Verlängerung ihrer Arbeitszeit erleichtert werden. Ein aktueller Entwurf des Arbeitsministeriums zur Weiterentwicklung des Teilzeitrechts erfährt Kritik von Seiten der Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände: Bürokratie und Belastungen für Arbeitgeber werden bemängelt. Nach Auffassung der UnterzeichnerInnen dieses Aufrufs ist der Entwurf ein wichtiger Schritt hin zu mehr Arbeitszeitbestimmung für Beschäftigte in Deutschland. (…) Daher fordern die UnterzeichnerInnen dieses Aufrufs die Bundesregierung und die Politik auf, den vorliegenden Entwurf zu unterstützen!…“ DGB-Pressemitteilung 012 vom 14. Februar 2017 externer Link. Siehe dazu:

  • Selbstbestimmte Arbeitszeit: Auf Kosten der Lückenfüller – Einmal Teilzeit und zurück New
    „… Künftig haben Beschäftigte neben dem bereits bestehenden Recht auf Teilzeit auch einen Anspruch, zu ihrem ursprünglichen Stundenpensum zurückzukehren. Die Sackgasse, die die Teilzeit oft war, wird somit zur Durchgangsstraße. Man kann rein und endlich auch wieder raus, ohne betteln zu müssen. In der Theorie macht das alle freier. Vorausgesetzt, man hat den richtigen Job. Denn das ist einmal mehr das große Manko dieses im Ansatz recht fortschrittlichen Gesetzes: Es zerschneidet den Arbeitsmarkt in einen Kreis der Privilegierten, die sich über neue Freiheiten freuen können, und einen großen Rest, der von der Selbstbestimmung über die eigene Arbeitszeit nur träumen kann. (…) Die gravierendste Kehrseite ist aber gar nicht einmal, dass die neue Regelung an so vielen Arbeitnehmern vorbeigeht. Sie profitieren nicht, verlieren aber auch nichts. Viel schlimmer ist, dass die Brückenteilzeit im großen Stil neue unsichere Jobs entstehen lassen könnte. (…) Wer in Teilzeit geht, muss ersetzt werden. Die fehlenden Stunden dürfte eine neue Kollegin übernehmen, deren Vertrag ausläuft, sobald der Brückenteilzeitler nach ein, zwei, drei, vier oder fünf Jahren in seine Vollzeitposition zurückkehrt. Hinter den Glücklichen mit selbst gewählter reduzierter Arbeitszeit stehen die Lückenfüller, die bald wieder weg sind. Sie sind die personalpolitische Manövriermasse, um anderen Arbeitszeiten zu ermöglichen, die zum Leben passen, und so dürfen sie sich auch fühlen. Es entstehen Vertretungsjobs von vorübergehender Dauer, oft sogar mit geringem Stundenumfang.(…) Es ist schon ein wenig schizophren: Die große Koalition verwehrt einerseits Millionen Beschäftigen das Recht auf befristete Teilzeit und beschränkt die Regelung auf große Unternehmen – weil sie nur die in der Lage sieht, das Personal so weitsichtig zu organisieren, dass ein Antrag auf vorübergehende Arbeitszeitreduzierung nicht gleich den ganzen Betrieb ins Stocken bringt. Dass die gleichen Unternehmen ihren Ersatz andererseits aber auch planen könnten, ohne auf die billige, bequeme und erstbeste Lösung eines prekären Vertretungsjobs zurückzugreifen, das will man ihnen dann lieber doch nicht zutrauen.“ Kommentar von Bernd Kramer vom 4. Januar 2019 in der Zeit online externer Link
  • Brückenteilzeit: Bundestag beschließt Gesetz zur befristeten Teilzeit 
    Der Bundestag hat das neue Rückkehrrecht von Teilzeit in Vollzeit beschlossen. Arbeitnehmer erhalten ab dem 1. Januar 2019 einen Rechtsanspruch auf befristete Teilzeit, auch Brückenteilzeit genannt. Der Anspruch wird künftig im Teilzeit-und Befristungsgesetz (TzBefrG) gesetzlich verankert. Arbeitnehmer haben dadurch die Möglichkeit ihre Arbeitszeit für einen bestimmten Zeitraum zu reduzieren, um dann wieder zu ihrer ursprünglichen Arbeitszeit zurückzukehren. Der Rechtsanspruch sieht vor, dass Arbeitnehmer, die länger als sechs Monate in einem Unternehmen beschäftigt sind, ihre Arbeitszeit für einen Zeitraum von mindestens einem, höchstens jedoch für fünf Jahre ihre Arbeitszeit reduzieren können. Die zeitliche Begrenzung soll für Planungssicherheit sorgen. Die Tarifvertragsparteien erhalten die Möglichkeit, hiervon abweichende Regelungen zu vereinbaren. Der Anspruch ist unabhängig von Gründen wie Kindererziehung oder Weiterbildung. Für alle jetzt schon in Teilzeit arbeitenden Männer und Frauen gilt das Recht vollumfänglich. Die Regelungen für alle Teilzeit-Vereinbarungen, die ab dem 1. Januar 2019 abgeschlossen werden, beinhalten eine Einschränkung des Rechtsanspruchs für kleinere Betriebe. Nur Beschäftigte in Betrieben mit mindestens 45 Arbeitnehmern dürfen sich auf eine befristete Teilzeitphase berufen. Für Unternehmen mit 46 bis 200 Beschäftigten gibt es Zumutbarkeitsgrenzen…“ Info vom 18.10.2018 samt Bewertungen von und bei Haufe Online externer Link
  • CSU torpediert Rückkehr in Vollzeit – Gesetz über die Rückkehr in Vollzeit: SPD legt faulen Kompromiss vor 
    „Wer in Teilzeit arbeiten und entsprechend seine Arbeitszeit verkürzen will/muss, kann das bereits heute per Rechtsanspruch einfordern. Bislang ist dies jedoch eine Einbahnstraße in die Armutsfalle: Einen gesetzlichen Anspruch auf die Rückkehr in eine Vollzeitstelle gibt es bislang nicht, soll es aber ab 2019 geben. Dazu hat das Bundeskabinett der schwarz-roten Koalitionäre jetzt dem Gesetzesentwurf von Arbeitsminister Hubertus Heil zugestimmt. (…) Heil verkauft seinen Gesetzentwurf als «ganz entscheidenden Wert»: «Es muss um Arbeitszeit gehen, die zum Leben passt.» Aber stimmt das? Anfang des Jahres setzte die IG Metall für ihre männerlastige Branche ein tarifliches Recht auf befristete Teilzeit durch. Fast jede zweite erwerbstätige Frau hat keine Vollzeitstelle, Mütter mit kleinen Kindern sind sogar zu knapp drei Vierteln in Teilzeit beschäftigt. Die vielen Ausnahmen des geplanten Gesetzes sorgen für Ernüchterung, denn es gilt im besten Fall nur für 55 Prozent aller Beschäftigten. Es gibt annähernd fast 3 Millionen Betriebe mit maximal 45 Beschäftigten – das sind rund 96 Prozent aller Betriebe. In diesen Unternehmen haben insgesamt 7,6 Millionen Frauen und 6,9 Millionen Männer überhaupt keinen Anspruch auf eine Rückkehr. Für 39 Prozent wird das Gesetz nichts bringen, da es nur in Betrieben ab 45 Beschäftigte gilt. Und weil in Betrieben mit 45 bis 200 Beschäftigten nur jeder 15.?Beschäftigte das Recht auf Rückkehr in Vollzeit in Anspruch nehmen kann, schauen weitere 26 Prozent aller Beschäftigten in die Röhre. (…) Weiter hilft uns abhängig Beschäftigten nur eine radikale kollektive Arbeitszeitverkürzung für alle. Wir brauchen den 4-Stunden-Tag bzw. die 20-Stunden-Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich. Nicht nur, aber auch aus Gründen der Beschäftigungs- und Geschlechtergerechtigkeit, zur Steigerung der Lebensqualität und der gesellschaftlichen Teilhabe.“ Kommentar von Manfred Dietenberger in der Soz Nr. 07/2018 externer Link
  • Kompromiss bei Rückkehr in Vollzeit: Kabinett beschließt Recht auf befristete Teilzeit 
    Nach langem Ringen hat das Bundeskabinett das Recht auf befristete Teilzeit beschlossen. Die Union hatte das Vorhaben lange blockiert – und erst nach einem Zugeständnis von SPD-Arbeitsminister Heil zugestimmt. Arbeitnehmer sollen künftig das Recht auf befristete Teilzeit erhalten. Das Bundeskabinett stimmte dem Gesetzentwurf von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) zur Einführung einer Brückenteilzeit zu. Von Januar 2019 an sollen Vollzeitarbeitnehmer für einen Zeitraum von ein bis fünf Jahren in Teilzeit wecheln – und anschließend wieder auf Vollzeit zurückkehren können. Dem in der Union lange kritisierten Entwurf zufolge soll das Recht in Unternehmen ab 45 Mitarbeitern gelten…“ Meldung vom 13.06.2018 beim Spiegel online externer Link, siehe dazu die Stellungnahme des DGB:

    • Reform des Teilzeitrechts ist wichtiger Schritt, weitere müssen folgen
      Der Entwurf zur Reform des Teilzeitrechts ist heute im Kabinett verabschiedet worden. Dazu sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach in Berlin: „Das ist ein erster wichtiger Schritt in Richtung mehr Arbeitszeitsouveränität und Selbstbestimmung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Diese Reform war überfällig – insbesondere nachdem ein entsprechendes Vorhaben in der letzten Legislaturperiode an den erforderlichen Mehrheiten gescheitert war. Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften begrüßen den Regierungsentwurf – er enthält spürbare Fortschritte, auch wenn er deutlich hinter den gewerkschaftlichen Vorstellungen zurückbleibt. Ab einer bestimmten Unternehmensgröße (mehr als 45 Beschäftigte) soll das im Koalitionsvertrag angekündigte Recht auf befristete Teilzeit eingeführt werden, allerdings mit erheblichen Einschränkungen. Für Teilzeitbeschäftigte, die ihre Arbeitszeit aufstocken wollen, wird sich die Rechtslage durch eine Umkehr der Beweislast verbessern. Verbesserungen kommen auch für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die die Lage und Verteilung ihrer Arbeitszeit verändern wollen. Immerhin werden Arbeitgeber verpflichtet, diese Wünsche unter Beteiligung der Interessenvertretung zu erörtern. Das kann aber noch nicht alles gewesen sein. Die DGB-Gewerkschaften werden sich weiter für mehr Arbeitszeitsouveränität für alle Beschäftigten einsetzen. Sie brauchen grundsätzlich mehr Flexibilität bei der Gestaltung ihrer Arbeitszeiten, das belegen Statistiken und Umfragen immer wieder. So wollen viele Vollzeitbeschäftigte ihre Arbeitszeit zeitweise reduzieren, Teilzeitbeschäftigte wollen aufstocken…“ Pressemitteilung vom 13.06.2018 externer Link
  • DGB-Broschüre: Weiterentwicklung des Teilzeitrechts – Reformanforderungen aus gewerkschaftlicher Sicht
    „In ihrem Koalitionsvertrag haben sich SPD und CDU/CSU darauf geeinigt, dass sie das Teilzeitrecht weiterentwickeln und einen Anspruch auf befristete Teilzeitarbeit schaffen wollen. In einer Broschüre zeigt der DGB, was sich konkret tun muss.“ Download der Broschüre des DGB-Bundesverstandes vom Dezember 2016 externer Link . Darin: „… Für die Weiterentwicklung des Teilzeitrechts forden wir:

    • Einen allgemeinen, anlassunabhängigen Rechtsanspruch auf befristete Teilzeit.
    • Ein allgemeines, anlassunabhängiges Rückkehrrecht für die Beschäftigten, die ihre Arbeitszeit nach § 8 TzBfG reduziert haben.
    • Ein Recht auf bevorzugte Berücksichtigung bei Besetzung neuer Arbeitsplätze ist auf freie Arbeitskapazitäten zu erweitern.
    • Arbeitgeber müssen zudem verpflichtet werden, die Teilzeitkräfte über die freien bzw. frei werdenden Arbeitskapazitäten im Vorwege deren Besetzung zu informieren.
    • Einen eigenständigen Rechtsanspruch auf Bestimmung der Lage der Arbeitszeit im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten.
    • Verbesserung der Geltendmachung der Anpassungswünsche: Lehnt der Arbeitgeber die Verringerung und/oder Verteilung der Arbeitszeit/Lage ab und klagt der oder die Beschäftigte, kann er oder sie verlangen, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits entsprechend beschäftigt zu werden. Davon kann sich der Arbeitgeber gerichtlich entbinden lassen, wenn ihm die geforderte Anpassung unzumutbar ist.
    • Abschaffung der „Kleinbetriebsklausel“ und der Sperrfrist für den erneuten Antrag auf Änderung der Arbeitszeit…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=111970
nach oben