Newsletter am Freitag, 06. Januar 2017

Kurzer Überblick über die heutigen LabourNet Germany News:

Hier im (kostenlosen, aber spendenfähigen: IBAN DE 76430609674033739600) Newsletter die wichtigsten der veröffentlichten Beiträge auf unserer Homepage

1. Internationales » Saudi-Arabien » Arbeitskämpfe

Die Saud-Bande lässt streikende Arbeiter einsperren – und auspeitschen. UNO Menschenrechte eben…

49 Arbeiter aus verschiedenen asiatischen Ländern, die im Frühjahr gegen die Nichtbezahlung ihrer Löhne gestreikt hatten, sind jetzt – zum 1. Januar, dem Tag, an dem diese Vorkämpfer Mitglied der UN-Menschenrechtskommission wurden – in Saudi Arabien verurteilt worden. Zu monatelangen Haftstrafen – und 300 Peitschenhieben. Wegen Aufstachelung zur Unruhe und Zerstörung öffentlichen Eigentums. Dabei muss es wohl um die Firmenbusse gehen, die die über Monate nichtbezahlten Arbeiter der Binladin-Bauunternehmung angesteckt hatten. (Und zwischen öffentlich und privat zu unterscheiden, fällt einem selbsternannten König nicht so leicht, scheint es… nach saudischem „Gesetz“ kann jetzt die betrügerische Unternehmerbande sogar auf Schadensersatz klagen). Binladin und Oger, die beiden größten Bauunternehmen nicht nur des Landes, sondern der Region waren in Geldknappheit geraten: Weil die Bandenchefs, sprich Regierung des Königs, zwar Aufträge vergaben, diese aber wegen Fall des Ölpreises nicht mehr bezahlen konnten – und ihnen offensichtlich selbst im Kerngeschäft der Familie die Kompetenz fehlt, Entwicklungen zu beurteilen. In dem Artikel „Saudi Arabia jails and flogs workers for unpaid wage protests“ am 03. Januar 2017 beim Middle East Eye externer Link wird berichtet, die Firmen hätten mitgeteilt, alle entlassenen Arbeiter seien inzwischen vollständig bezahlt, die noch Beschäftigten müssen weiter warten. Die Regierung teilte im November mit, sie werde im nächsten Monat zahlen – und im Dezember waren es dann noch zwei Monate…

Siehe dazu auch einen Beitrag zur Entlassung eines Arbeitsministers, der den Arbeitern wenigstens ihren Lohn geben wollte und einen Hintergrundbeitrag, sowie Verweise auf frühere Beiträge im LabourNet Germany

2. Internationales » Bangladesch » Arbeitskämpfe

Nächtliche Hetzjagden gegen Textilarbeiter in Bangladesch

Während nach dem Dezemberstreik (und der folgenden Aussperrung) die Entlassungswelle in Textilbetrieben von Ashulia weiter geht und in den Medien debattiert wird über die Zahlenangaben der Polizei über Festnahmen und Haftbefehle, unterstreicht der Unternehmerverband, es sei sein gutes Recht, zu entlassen. (In einer dieser perversen kapitalistischen Gesellschaften: Schon. Es sind aber auch gesellschaftliche Zustände denkbar, in denen es keine Unternehmer braucht…). In dem Artikel „Sacked workers on the run“ von Rashad Ahamad am 03. Januar 2017 in New Age BD externer Link wird hinzu noch berichtet von Hunderten von Arbeitern, die regelrecht auf der Flucht sind: Jede Nacht werden ihre Wohnviertel und Häuser von der Polizei durchkämmt und Schlägerbanden der Awami Liga – die Regierungspartei der Textilunternehmen – beteiligen sich daran. Sprecher verschiedener der zahlreichen Textilgewerkschaften kritisieren, je nach Orientierung, mehr oder minder deutlich die Polizeistaatsmethoden. Die auch ein generelles Versammlungsverbot und – abermals – Schlägerbanden an den Fabriktoren umfassen

Siehe dazu auch ein kurzes Video bei labournet.tv und eine Solidaritätserklärung von IndustriAll

3. Internationales » Kenia » Arbeitskämpfe

Kenias Krankenschwestern streiken in mehreren Provinzen weiter: Ärzte sowieso – zumindest bis Freitag

Eine Gewerkschaftsversammlung der Krankenschwestern der Provinz Nakuru hat dem Beauftragten des Provinzgouverneurs, der ein Ende des Streiks aushandeln sollte, eine glatte Absage erteilt: Und damit auch ihrer Gewerkschaftsführung, die noch im letzten Jahr einen Tarifvertrag unterzeichnet hatte. Am Mittwoch, 4. Januar 2017, waren über 1200 Krankenschwestern versammelt, die das sogenannte Angebot der Provinzregierung einstimmig ablehnten. (Und damit eben auch den Vertrag ihrer Führung, die ja eigentlich aus dem Streik „aussteigen“ wollte) . Erst wenn ihre ursprünglichen Forderungen – wie die der Ärztegewerkschaft lauten diese: Endliche Erfüllung des Vertrages mit der Regierung, der bei den Ärzten sage und schreibe 2013 abgeschlossen worden war und seitdem nicht verwirklicht, bei den Schwestern „erst“ seit Juli 2016 – erfüllt seien, würde die Arbeit wieder aufgenommen. In dem Artikel „Nakuru nurses say no to threats as strike enters 34th day“ von Simon Ngure am 04. Januar 2017 in Citizen Digital externer Link wird einerseits hervor gehoben, dass die Forderungen der Schwestern Selbstverständlichkeiten sind – wie eine Lohnerhöhung, die zumindest die Inflation ausgleicht und mehr Personal zur besseren Versorgung der Pateinten und Patientinnen

Siehe dazu auch einen aktuellen Bericht über die Verhandlungen zwischen Regierung und Ärztegewerkschaft

4. Internationales » Türkei » Gewerkschaften

Protest von Ölarbeitern in der Türkei verboten

Vor dem Ministerium für Energie und natürliche Ressourcen in Ankara wollte die Ölarbeitergewerkschaft Petrol-Is am 26. Dezember nach einer Pressekonferenz vor Ort demonstrieren – das ließ die Regierung der Türkei mit Berufung auf den Ausnahmezustand verbieten. Ölarbeiter aus Adiyaman, Batman und Lüleburgaz wurden von der Polizei daran gehindert, nach Ankara zu fahren, um an der Demonstration teil zu nehmen. In dem Artikel „Oil workers battle against restructuring of Turkish Petroleum“ am 05. Januar 2017 bei IndustriAll externer Link wird berichtet, dass sich der Protest gegen den Plan der Regierung richtet, einen Teil der Geschäftstätigkeit von der staatlichen Turkish Petroleum auf die – ebenfalls staatliche – Turkish Petroleum International Company (TPIC) zu verlagern. Die, und vor allem daher kommen die Befürchtungen und Proteste, ihren Sitz nicht in der Türkei hat, sondern in einer der zahlreichen globalen „Steueroasen“. Die Argumentation des Gewerkschaftssprechers von Petrol-Is in dem Bericht macht deutlich, dass es sich bei ihr keineswegs um eine irgendwie besonders radikale Gewerkschaft handelt – nützt in Erdogan-Land aber nichts, es wird verboten… Statt der verbotenen Demonstration wurde vor verschiedenen Gewerkschaftsbüros protestiert

5. Internationales » Mexiko » Kampf gegen Privatisierung

Benzinpreiserhöhung führt zu Massenprotesten – und massenhafter Kritik an Privatisierungsbestrebungen in der mexikanischen Ölindustrie

In Mexiko finden derzeit landesweit Proteste gegen eine überdurchschnittliche Erhöhung der Kraftstoffpreise statt. Die Preissteigerung war erst am vergangenen Dienstag für dieses Jahr angekündigt worden. Mit dem 1. Januar stiegen die Preise für Benzin um 16 und für Diesel um 20 Prozent. Nach der Ankündigung der Teuerung wurde in mindestens dreizehn Bundesstaaten Benzin und Diesel knapp, weil viele Menschen noch vor Jahreswechsel den Kraftstoff in großen Mengen zu alten Preisen kauften. Nach Berechnungen der Forschungsabteilung der Finanzgruppe BBVA wird die Erhöhung des Treibstoffpreises bis Mitte des Jahres zu einer Steigerung der Inflation von etwa fünf Prozent führen und somit Auswirkungen auf die Reallöhne und die Kaufkraft der mexikanischen Bevölkerung haben“ – so beginnt der Artikel „Anstieg der Benzin- und Dieselpreise in Mexiko sorgt für Proteste“ von Friederike Schwarz am 04. Januar 2017 bei amerika21.de externer Link, worin auch darauf hingewiesen wird, dass es die sogenannte Energiereform des Präsidenten Pena ist, die als treibende Kraft hinter dieser Ausplünderung steckt – anders gesagt: Privatisierung…

Siehe dazu unsere aktuelle Materialsammlung „Benzinpreis hoch – Popularität der mexikanischen Regierung noch weiter runter“ vom 06. Januar 2017

6. Internationales » Portugal » Politik

Die portugiesische Regierung erweiterte Sozialtarife für Strom und Gas: Eigentlich selbstverständlich, aber ein Fortschritt – für fast 20% der Bevölkerung

Menschen, die in Portugal weniger verdienen als den Mindestlohn (und frage sich jetzt niemand, wie das geht, weniger als Mindest –„Schlag nach bei Hegel“ oder bei den deutschen Ausnahmeregelungen), der 530 Euro beträgt, zahlen schon seit längerem einen Sozialtarif für Gas und Strom. Mitte letzten Jahres hatte die Regierung Portugals den Zugang vereinfacht – sozusagen automatisiert – und die Verbilligung erweitert. Wer in diese Kategorie fällt, zahlt jetzt je knapp ein Drittel weniger, als den jeweiligen Normaltarif. In dem Artikel „Portugal aplica tarifas sociales automáticas para combatir la pobreza energética“ am 05. Januar 2017 bei kaosenlared externer Link dokumentiert, werden dazu zwei Fakten hervorgehoben: Dass die Regierung zum Einen im Juli 2016 beschlossen hat, dass diese Verbilligung sozusagen automatisch erfolgt, allein aufgrund nachgewiesenen Einkommens. Und zweitens, dass seitdem die Zahl der Familien, die in den Sozialtarif fallen, von 100.000 auf 690.000 gestiegen ist. Das ist aber auch ein Indiz dafür, was der Kapitalismus heute den Menschen noch zu bieten hat: Das sind dann, sagen wir mal, rund 2 Millionen Menschen. Die Bevölkerungszahl Portugals? Rat mal…

7. Internationales » Venezuela » Politik

Eine linke Opposition in Venezuela formiert sich: Ehemalige Chavez-Minister rufen auf. Die Rechte verliert an Einfluss

Linke Opposition in Venezuela gibt es schon lange: Ob es Strömungen sind wie Marea Socialista oder streikende Stahlarbeiter, aufmüpfige Jugendliche oder Basis-GewerkschafterInnen. Auch wenn sie im Schatten stehen der rechten Massenmobilisierungen, letztere aufgrund der Wirtschaftskrise eine Zeit lang zunehmend erfolgreicher, in letzter Zeit eher abnehmend organisierten. Während aber mit der bürgerlichen Opposition der Dialog gesucht wird, gab es bisher in der Regel – zumindest seitdem Maduro Präsident ist – für linke Oppositionelle den Knüppel. Nun haben sich erstmals aber neben kleineren Gruppierungen und lokalen Widerstandsnestern prominente Linke, nämlich 4 ehemalige Minister der Regierung Chavez, mit einem linken Oppositionsprogramm zu Wort gemeldet – in einer Situation, in der die Rechte weiterhin provoziert und die Menschen echte Probleme haben – und zunehmend „weder die Einen noch die Anderen“ vertreten. Siehe dazu unsere kommentierte Materialsammlung „Linke Opposition in Venezuela, die Gewerkschaftsbewegung und die Krise“ vom 5. Januar 2017

8. Internationales » Österreich » Gewerkschaften » Dossier: Gefangenengewerkschaft – jetzt auch in Österreich

GG/BO R.A.U.S.: Gefangenen-Gewerkschaft/ Bundesweite Organisation R.A.U.S. Österreich hat nun eine eigene Internetpräsenz externer Link

Kontakt:

  • Solidaritätsgruppe für die GG/BO R.A.U.S. c/o eipcp
    Gumpendorfer Str. 63b, 1060 Wien, Österreich

Siehe Hintergründe im Dossier

9. Branchen » Dienstleistungen, privat und Öffentlicher Dienst » Transportwesen: Speditionen und Logistik » [TV] Moderne Sklaven im Führerhaus. Organisierte Kriminalität in Osteuropa – und wie deutsche Großspediteure davon profitieren

Die Spur des Geldes. Die Camion-Pro-Dokumentation „Spur des Geldes“, über organisiertes Verbrechen in der osteuropäischen Transportwirtschaft, wird zur Vorlage von zwei ZDF-Dokumentationen!

Organisiertes Verbrechen, Sozialdumping an der Grenze zum Menschenhandel, gigantische Schäden für die osteuropäischen Volkswirtschaften und Steuer- und Sozialversicherungsverluste in hohen dreistelligen Millionenbeträgen für den deutschen Staat. Was Andreas Mossyrsch als „krimineller Unternehmer Frank Meinhard“ mit seiner „Scheinfirma“ Anfang 2016 in Bukarest aufgedeckt hat, hat es in sich. Camion Pro hat darüber nun einen Dokumentarfilm produziert, der auch als Vorlage von mehreren ZDF-Fernseh-Dokumentationen dient. (…) Die Recherchen von Camion Pro sind auch Grundlagen mehrerer öffentlich-rechtlicher Fernsehproduktionen, die demnächst im Abendprogramm ausgestrahlt werden. Zwei Autoren des ZDF haben zusammen mit Andreas Mossyrsch monatelang in verschieden Ländern Europas recherchiert und ebenfalls Erstaunliches dokumentieren können. Der Dokumentarfilm „Spur des Geldes“ erscheint in Kürze in den Sozialen Medien. Ein Trailer ist nun verfügbar.“ Meldung von und bei Camion Pro e.V. externer Link (ohne Datum, aber frisch)

10. Branchen » Dienstleistungen, privat und Öffentlicher Dienst » Transportwesen: Speditionen und Logistik » DHL

[Video] Unbezahlt bei DHL arbeiten

Der Druck auf die Arbeitsbedingungen von dem börsennotierten Konzern ist allgegenwärtig. Die Blüten, die es treibt, sind skandalös. In Kiel gab es mehrere Fälle, in denen man Paketzusteller unbezahlt arbeiten ließ, um den Job „kennenzulernen“. Man nutzte die Unsicherheit von Migranten aus, die sich mit dem deutschen Arbeitsrecht nicht auskennen. DHL kann sich die Hände in Unschuld waschen und allein den Subunternehmer als Verantwortlichen hinstellen. Schuld ist jedoch das System des Outsourcings, das abgeschafft gehört. Kein Outsorcing! Keine Fremdvergaben. Alle Arbeit in einem Unternehmen zu einheitlichen Bedingungen! Es ist auch verwunderlich, daß Verdi von solchen Machenschaften bei der Post nichts mit mitbekommen hat. Interessiert sich die Gewerkschaft nur noch für ihre zahlenden Mitglieder?Beitrag vom 3. Januar 2017 bei der selbstorganisierten Betriebsgruppe Postdienste Nord externer Link mit einem Video-Interview über die Ausbeutung migrantischer Arbeitskräfte bei DHL in Kiel

11. Branchen » Automobilindustrie » VW » VW Deutschland

Von Wegen: Das Auto. „Boykottiert VW bis alle Skandalkarten und ein Angebot für Entschädigungen sowie die Zahlung des Gesundheitsschadens auf dem Tisch sind!“

Der Berliner Politikwissenschaftler Peter Grottian hat angesichts der Null-Transparenz und dem Null-Entschädigungsangebot von VW im Abgas-Skandal einen befristeten VW-Boykott angeregt – bis alle Skandalkarten und ein Entschädigungsangebot auf dem Tisch liegen. Ein solcher spektakulärer Schritt der Verbraucherbewegung ist legitim und angemessen. Noch niemals ist ein Industrieskandal so schamlos ausgesessen worden. Es ist demnächst 15 Monate her, dass die Verantwortlichen des VW-Konzerns den Abgas-Skandal eingestanden und der Vorstandsvorsitzende Matthias Müller maximale Transparenz und Aufklärung versprach. Inzwischen hat sich der Skandal nicht nur auf den CO2-Bereich ausgeweitet, sondern mutmaßlich andere Automobilhersteller sind von den Abgasmanipulationen betroffen: Audi, Opel, Škoda, Porsche und auch Renault. Und als Zulieferer: Bosch…“ Infos und Begründung auf der Aktionsseite der Kampagne Boykottiert VW externer Link

Siehe dazu:

  • Kampagne „VW Boykott“ – bis alle Skandalkarten und eine ökologische und gesundheitliche Entschädigung auf dem Tisch sind! Presseerklärung vom 5.1.2017 externer Link zum Start der Kampagne
  • Gezielte Provokation: Boykottgruppe will mehr Druck bei der Aufarbeitung des VW-Dieselskandals aufbauen
    Der emeritierte Politikwissenschaftler und bundesweit bekannte Sozialaktivist Peter Grottian hat sich ein ambitioniertes Ziel gesetzt: Mit einer Boykottkampagne gegen den Volkswagenkonzern und den Zulieferer Bosch soll erreicht werden, dass alle relevanten Informationen zum Dieselskandal veröffentlicht werden und auch die rund 2,4 Millionen deutschen Besitzer von mit »Schummel-Software« zur Manipulation von Abgaswerten ausgestatteten Pkw eine angemessene Entschädigung erhalten. Mit »Verschönerungsmaßnahmen« an Niederlassungen von VW und Bosch sowie einer ersten Protestversammlung von VW-Geschädigten am Freitag um 17 Uhr in der Berliner Urania wolle man die Kampagne bekannt machen, sagte Grottian am Donnerstag in Berlin. Für einen späteren Zeitpunkt ist die Enthüllung von »Denkmälern« für die Ex-VW-Spitzenmanager Martin Winterkorn und Ferdinand Piëch geplant. Vorläufiger Höhepunkt sollen Aktionen rund um die Volkswagen-Hauptversammlung am 10. Mai in Hannover werden. (…) Getragen wird die Initiative laut Grottian von rund 40 Unterstützern. Es habe auch Gespräche mit den etablierten Umwelt- und Verbraucherschutzverbänden sowie -institutionen gegeben, doch zu einer offiziellen Unterstützung sei keine Gruppe bereit gewesen…Artikel von Rainer Balcerowiak vom 06.01.2017 beim ND online externer Link

12. Politik » Wirtschaftspolitik » Finanzmärkte und Finanzpolitik » Bankwesen und Banksterben

Was tun mit den Banken? Radikale Vorschläge für radikale Veränderungen

Neun Jahre nach dem Ausbruch der kapitalistischen Finanzkrise verlangt die in ihrem Gefolge betriebene Austeritätspolitik der Bevölkerung immer neue Opfer ab. Erinnern wir uns an dieser Stelle an die Versprechungen und Ankündigungen, die damals von den Verantwortlichen in Banken, Politik und Aufsichtsbehörden gemacht wurden. Praktisch alle Versprechen, die damals angesichts der Krise gemacht worden sind, wurden nicht eingelöst (…) Absolut unerträglich ist, dass die Behörden in all den Fällen sich für Bailouts entschieden haben. Das heißt: Sie zahlten eine Art „Lösegeld“ an diese Banken, während die BürgerInnen die Folgen des unverantwortlichen Gebarens der DirektorInnen und AktionärInnen dieser Banken tragen müssen. Eine angekündigte Trennung zwischen Geschäftsbanken und Investmentbanken wurde nicht einmal in Ansätzen versucht. Darauf zu hoffen, dass dies für die herrschende Politik noch ein Thema ist, ist reines Wunschdenken. (…) In Bezug auf die Frage, ob die Banken jetzt die Realwirtschaft finanzieren, gilt: Alle entsprechenden Bemühungen der Zentralbanken, auch nur im Ansatz eine Wiederbelebung der Realwirtschaft zu erreichen, sind bislang fehlgeschlagen. Weil wir insbesondere im Lichte der griechischen Erfahrung spüren, dass die Banken für jedes Projekt der Gesellschaftsveränderung von zentraler Bedeutung sind, schlagen wir Sofortmaßnahmen vor, um die folgenden sechs Ziele zu erreichen: 1. Umstrukturierung des Bankensektors; 2. Beendigung aller Spekulation; 3. Ende des Bankgeheimnisses; 4. Regulierung des Bankensektors; 5. Entwicklung alternativer Mittel zur Finanzierung öffentlicher Ausgaben; 6. Stärkung der öffentlichen Banken. In einem zweiten Teil werden wir unsere Argumente für die Vergesellschaftung des Bankensektors entwickeln…“ Positionspapier von Michel Husson, Patrick Saurin, Stavros Tombazos, Eric Toussaint und Miguel Urbán vom April 2016 pdf.

Die Autoren aus Belgien, Frankreich, dem Spanischen Staat und Zypern plädieren für eine Reihe von Sofortmassnahmen in der Perspektive einer Sozialisierung sämtlicher Banken und Versicherungen.

Die Übersetzung aus dem Englischen hat Paul Michel angefertigt und sie für die Veröffentlichung auf der Website der ISO (Internationale Sozialistische Organisation: http://intersoz.org/ externer Link ) vorgesehen – wir danken für die Möglichkeit zum Vorabdruck!

13. Politik » Wirtschaftspolitik » Finanzmärkte und Finanzpolitik » Allgemeines zur Finanzpolitik

Abbau umweltschädlicher Subventionen stockt weiter. 57 Milliarden Euro Kosten für Bürgerinnen und Bürger

Die umweltschädlichen Subventionen in Deutschland sind weiterhin viel zu hoch und liegen 2012 bei nunmehr 57 Milliarden Euro. Dies zeigt eine aktuelle Studie des Umweltbundesamts (UBA). Über 90 Prozent dieser Subventionen belasten das Klima – und konterkarieren so die deutsche Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens. Allein drei Milliarden Euro kostet es die Bürgerinnen und Bürger, weil der Staat das produzierende Gewerbe sowie die Land- und Forstwirtschaft bei der Strom- und Energiesteuer entlastet. Unternehmen, aber auch Verbraucherinnen und Verbraucher haben so weniger Anreiz, Energie zu sparen. „Wir leisten uns beim Subventionsabbau seit Jahren riesige blinde Flecken. Es ist paradox: Deutschland verpflichtet sich auf internationaler Ebene zu mehr Klimaschutz. Gleichzeitig honorieren wir im eigenen Land klimaschädliches Verhalten mit Steuergeldern…“ Pressemitteilung und Studie vom 05.01.2017 beim Umweltbundesamt externer Link – ist es nicht am einfachsten, die Subventionierung der Kapitalisten überhaupt abzuschaffen? Echte und gute Löhne statt Aufstockung z.B.?

14. Politik » Europäische Union » EU-Krise » EU-Krise und Demokratie

Blick auf 2017: Wo haben Politik und Medien noch „tatsächlichen“ Grund auf dem sie „bauen“ könnten?

Ein etwas verstörter Blick auf 2017: Wo gibt es für Politik und die darüber reflektierenden Medien noch eine „substantielle“ Grundlage, auf der wir „unsere“ Zukunft aufbauen könnten? Oder doch überall nur „schwimmende“ Unterlagen, die kein Fundament mehr eine Zukunft für unser Europa abgeben könnten? Zunächst ein – außer in sporadischen Einzelfeldern – weitgehendes Versagen der Politik, das komplettiert wird durch ein „unterkomplexes“ neoliberales Erkärungsmuster der Medien – eingebettet in ein institutionell neoliberal festgemauertes Europa sowie eine Erosion sozialer Normen wie auch der Meinungsfreiheit und Demokratie durch die heraufziehende sogenannte Informationsgesellschaft…“ Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 5.1.2017

15. Interventionen » Kampf um Grundrechte » allgemeine Grundrechte » Demokratiedebatte

Wir leben nicht im post- sondern im protodemokratischen Zeitalter.

… Während Konzerne die Aufkäufe von Wasser, Boden und Rohstoffen immer weiter steigern und die privaten Vermögen sich aus Angst vor einer neuen Finanzkrise immer stärker in Sachwerten realisieren, faseln die postmodernen Worterfinder vom postmateriellen Zeitalter. Während überall die Grenzzäune verstärkt und viele Menschen die soziale und ökonomische Sicherheit sowie ihre kulturelle Identität wieder im Nationalen suchen, weil sie sie woanders nicht finden, versuchen sie uns unverdrossen das postnationale Zeitalter einzureden…Beitrag von Arnold Voss bei den Ruhrbaronen vom 5. Januar 2017 externer Link

  • Aus dem Text: „… wir leben auch nicht im postdemokratischen Zeitalter, ja wir leben nicht einmal im demokratischen, wenn man die Ansprüche ernstnimmt, die die Philosophie und die Politikwissenschaft an eine weitestgehend nicht , zumindest aber nicht einseitig manipulierte kollektive Entscheidung freier und gleicher Bürger stellt. Von der nirgendwo für alle hergestellten Gleichheit und Freiheit ganz zu schweigen. Bei nähere Betrachtung üben wir selbst in den Ländern noch, die schon länger als demokratisch gefestigt gelten, denn auch hier sind immer noch antidemokratische Kräfte am Werk, die dieses Entscheidungssystem zwar nicht gänzlich ausschalten aber doch systematisch und konsequent verdeckt zur ihrem und nur zu ihrem Vorteil manipulieren. (…) All diese Leute zeichnen sich nämlich dadurch aus, dass sie nur so lange Demokraten bleiben, wie die Demokratie ihnen und ihresgleichen ganz persönlich nutzt. So lange sie nicht überstimmt werden, bzw. solange sie dafür sorgen, dass das erst gar nicht passiert. So lange es „ihre“ Demokratie ist, und nicht die des Volkes. Und von diesen Menschen gibt es auch in den westlichen Ländern mehr als den überzeugten Demokraten lieb ist. Wir befinden uns also bei näherer Betrachtung in einem proto-demokratischen Zeitalter, denn wir üben noch, und das immer noch mit ungewissem Ausgang, wenn man die letzten 100 Jahre westlicher Demokratien an sich vorbeiziehen lässt…

16. Interventionen » Kampf um Grundrechte » Kommunikationsfreiheit und Datenschutz » Meinungs- und Pressefreiheit » Wie sich die Debatte um Fake News zum Problem für Presse- und Meinungsfreiheit entwickelt

Neuer ETSI-Standard sieht Social-Media-Schnittstelle zum Datenabgriff durch Behörden vor

Elektronische Durchsuchung soll von Staatsanwaltschaften aus 50 Ländern angeordnet werden können: In einer seiner letzten öffentlichen Äußerungen als EU-Parlamentspräsident forderte der SPD-Politiker Martin Schulz harte Strafen für Social-Media-Inhalte, die er als illegitim ansieht. Diese Strafen sollten seiner Ansicht nach auf europäischer Ebene eingeführt werden. Die EU-Kommission arbeitet bereits an technischen Standards, die dafür sorgen sollen, dass Polizei- und Justizbehörden Daten von Nutzern Sozialer Netzwerke möglichst reibungslos abgreifen können, wenn man sie beschuldigt, Fake News oder Hate Speech zu verbreiten…Beitrag von Peter Mühlbauer bei telepolis vom 5. Januar 2017 externer Link

17. Interventionen » Kampf um Grundrechte » Kommunikationsfreiheit und Datenschutz » Überwachung und Datenschutz » Big Brother award

BigBrotherAwards 2017: „Oscars für Datenkraken“

Der Termin für die nächsten BigBrotherAwards steht fest: Am Freitag, 5. Mai 2017 um 18 Uhr werden wieder die „Oscars für Datenkraken“ vergeben. Nominierungen für die BigBrotherAwards 2017 werden bereits entgegen genommen: „Nennen Sie uns Organisationen, Institutionen, Verbände oder Personen, die Ihres Erachtens für die Verleihung eines BigBrotherAwards in Frage kommen. Zu Ihrer Sicherheit wird die Übertragung Ihrer Formulardaten mit HTTPS verschlüsselt“ – weitere Informationen auf der Aktionsseite externer Link

Es gibt eine erste Nominierung:

18. Interventionen » Kampf um Grundrechte » Kommunikationsfreiheit und Datenschutz » Überwachung und Datenschutz » Die Arbeitsagentur und ihre „Kundendaten“

Sozialdatenschutz Jobcenter Offenbach a.M.: Geschäftsführer des JobCenters MainArbeit und hessischer Sozialminister nominiert für die BigBrotherAwards 2017

Seit dem Jahr 2000 werden in Deutschland die BigBrotherAwards an Firmen, Organisationen und Personen verliehen, die in besonderer Weise und nachhaltig die Privatsphäre von Menschen beeinträchtigen oder persönliche Daten Dritten zugänglich machen. Jährlich im April vergibt eine Jury aus BürgerrechtlerInnen und DatenschützerInnen diese „Negativ-Preise“. Die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main hat Matthias Schulze-Boeing, Geschäftsführer der MainArbeit. Kommunales Jobcenter Offenbach und Stefan Grüttner, Hessischer Sozialminister, gegenüber der Jury für 2017 als Preisträger benannt…Presseerklärung mit Begründung der Nominierung vom 4. Januar 2016 bei die Datenschützer Rhein Main externer Link

19. Interventionen » Kampf um Grundrechte » allgemeine Grundrechte » Terrorismusbekämpfung und Grundrechte

a) Snowden: Massenüberwachung verhindert keinen Terrorismus

Edward Snowden nimmt auf dem Chaos Communication Congress in einem unangekündigten Kurzvortrag Stellung zu der Behauptung, dass Massenüberwachung gegen Terrorismus schützt. „Ihr müsst aktiv werden. Wenn wir wollen, dass die Dinge besser werden, dann müsst ihr für etwas eintreten“, so sein Appell…Bericht von Sven Braun bei netzpolitik.org vom 5. Januar 2017 externer Link

  • Aus dem Text: „… Snowden erklärte, wieso in weltoffenen Gesellschaften wie in den Vereinigten Staaten, Großbritannien und Deutschland die Massenüberwachung weiter ausgebaut wird. Diese Ausweitung wird oftmals mit der Terrorismusbekämpfung begründet. Nach dem Terroranschlag in Berlin gab es sogar verfassungsfeindliche Forderungen. Snowden hat eine klare Meinung zur Behauptung, Überwachung würde gegen Terrorismus helfen: „Es ging nie um Terrorismus, weil es den Terrorismus nicht effektiv verhindern kann. Es geht keinesfalls um Sicherheit, es geht nicht um Schutz, es geht um Macht: Überwachung dient zur Kontrolle. Es geht darum, jeden Moment der Verletzlichkeit zu sehen in jedem Leben, ungehindert davon, ob derjenige ein Krimineller oder eine normale Person ist…

b) Nach dem Anschlag in Berlin werden Flüchtlinge als Sündenböcke missbraucht: Überwachung treibt die Radikalisierung voran

Racial Profiling – etwa in Zügen an den Grenzen – ist nichts Neues. Jeder konnte sich an drei Fingern abzählen, dass es an Silvester viele treffen würde. Dass es die Behörden in Köln so ungeniert und offensichtlich anwandten, zeigt jedoch, wie sicher sich Justiz und Polizei sind, politische Rückendeckung zu haben. Nach den Terroranschlägen ist die Zeit bestens geeignet, Gesetze zu verschärfen. Unter dem Deckmantel der öffentlichen Sicherheit wird die Angst vor dem Fremden geschürt. Fremde sind der für Verschärfungen benötigte innere Feind. Überwachungsinstrumente der Ermittlungsbehörden sind darauf ausgerichtet, Momente der Schwäche ausfindig zu machen – egal ob es sich um Verdächtige oder um normale Bürger handelt. Es geht nicht um Sicherheit oder Schutz, sondern um Macht und Informationen…Kommentar von Andreas Scheffel bei den BeobachterNews vom 4. Januar 2017 externer Link

Siehe dazu:

20. Interventionen » Antifaschismus und die neuen alten Rechten » alte und neue Nazis sowie Alltagsrassismus » Dossier: Auch nach Köln: Gegen Sexismus und Rassismus!

a) Gemeinsam gegen Sexismus, Gewalt und Rassismus – Die Antwort auf sexuelle Belästigung darf nicht Rassismus sein!

Wir verurteilen die sexuellen Übergriffe auf Frauen aufs Schärfste. Alle Täter müssen ihre gerechte Strafe für ihre Tat bekommen unabhängig von Herkunft oder Nationalität! Es ist aber sehr bedauerlich, welche Schlussfolgerungen die Politik, die Polizei und die Gesellschaft aus der Kölner Silvesternacht 2015 gezogen haben. Hunderte junger Männer wurden in der Silvesternacht 2016 am Kölner-Bahnhofsvorplatz von der Polizei Stundenlang eingekesselt, vom Platz verwiesen oder in Gewahrsam genommen und als Begründung wurde der polizeiliche Arbeitsbegriff für „nordafrikanische Intensivtäter“, „Nafri“ gegeben. Hierzu wurden mit der Bahn Anreisende nach Aussehen durchgewunken, wenn sie z.B. blond waren oder eingekesselt, wenn sie ins Muster passten. Diese polizeiliche Massnahme heißt „racial profiling“ und bedeutet nichts anderes außer Rassismus…Statement der DIDF vom 5. Januar 2017 externer Link

b) Schon wieder: Kein frohes neues Jahr! Zur Silvesternacht in Köln

War es der Auftrag von nordrhein-westfälischer Polizei und Bundespolizei, das Desaster der letzten Silvesternacht in Köln in diesem Jahr „um jeden Preis“ zu verhindern – wie es in der Tagesschau vom 2.1.2017 hieß? Dann hat die Politik versagt ̶ wie gerade sichtbar wird. Wer den Erfolg nur an der Vorgabe misst und die Verhältnismäßigkeit der Mittel außer acht lässt, opfert den Rechtsstaat, der an Verfassung und Menschenrechte gebunden ist. Die Polizei hat „nur“ in dem Sinne versagt, dass sie einen solchen Auftrag angenommen hat. Im Kölner Stadt Anzeiger wird am 2. Januar 2017 berichtet: „Bei Kontrollen werden ganze Gruppen arabisch aussehender Männer aussortiert.“ Zuvor wird noch notiert: „Ein Sprecher (der Polizei, d. V.) sagt, die kontrollierten Personen ‚fallen in das Raster derer, die im Jahr zuvor Probleme gemacht haben‘.“ Eine Minderheit, zu der allerdings in NRW viele Menschen gehören, wird pauschal aufgrund ihrer Ethnie unter schweren Verdacht gestellt…Beitrag von Elke Steven beim Grundrechtekomitee vom 5. Januar 2016 externer Link

Siehe weitere Beiträge hierzu im Dossier

Arbeitsfreies Wochenende wünscht die LabourNet-Redaktion

 


AKTUELL BEI LABOURNET.TV


Repression gegen streikende Textilarbeiter_innen in Bangladesh

In Ashulia, einem Zentrum der Textilindutrie naha Dhaka sind Ende Dezember 2016 1.500 Arbeiter_innen entlassen worden, weil sie gestreikt haben. Auf einen Streik am 12. Dezember, der sich in den folgenden Tagen auf 25 Fabriken ausweitete, reagierten die Arbeitgeber, indem sie am 21. Dezember alle Textilfabriken in der Industriezone vorübergehend schlossen und so 200.000 Arbeiter_innen aussperrten. Daraufhin wurden Polizei und paramilitärische Grenzschutz-Einheiten in die Region gebracht, um die Streiks zu beenden und Aktivist_innen und Streikende einzuschüchtern und zu verhaften. Am 27. Dezember wurden die Fabriken wieder geöffnet. Die Streikenden hatten die Wiedereinstellung von entlassenen Kolleg_innen und die Erhöhung des Mindestlohnes von umgerechnet 63 auf 180 Euro im Monat gefordert. In den Fabriken wird u.a für #Gap #Zara und #HM produziert.“ Video bei labournet.tv externer Link (englisch mit dt. UT |2 min |2017)


LabourNet Germany: https://www.labournet.de/ –  Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch The meeting point for all left-wing trade unionists, both waged and unwaged Le point de rencontre de tous les militants syndicaux progressistes, qu`ils aient ou non un emploi
IBAN DE 76430609674033739600

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=109616
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