Ein so wesentliches Stück Wirtschaftsgeschichte mit Hans Tietmeyer – ein Mit-Autor des Lambsdorff-Papiers zur neoliberalen Wende in Deutschland – ist tot

Would you bank on them? Why we schouldn`t trust the EU`s financial „wise men“Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 29.12.2016

Manche Menschen haben doch bei der Entwicklung „unserer“ Geschichte stärker ihre Finger im „Getriebe“, um die Dinge in „Ihrem“ Sinne voranzubringen: Dir darum noch diesen besonderen Gruß zum Neuen Jahr – mitsamt einem nicht unbedeutenden Stück Wirtschafts-Geschichte noch, die so prägend für unser Land wurde, ganze politische Bewegungen – wie die Sozialdemokraten – zu Konvertiten (= zu einer anderen „Glaubens“gemeinschaft Übergetretene) machte und wohl auch ein gutes Stück zu unserer politisch-ökonomischen Geschichte für Europa wurde!

Hans Tietmeyer – der letzte Hüter der D-Mark ist gestorben, der in seiner Person ein Stück bedeutender Wirtschaftsgeschichte für Deutschland und Europa verkörperte  – und das Fundament für das „deutsche Europa“ legte, das inzwischen allenfalls im Norden von Europa noch geschätzt wird. (Vgl. dazu jetzt aktuell „Was wird aus der Eurozone? – Eine Landkarte der Interessenkonflikte um die Reform der Währungsunion“: http://www.boeckler.de/pdf/p_imk_study_52_2016.pdf externer Link pdf)

Tietmayer ging jedoch zunächst als wesentlicher Architekt der neoliberalen Wende – als Mitautor des sogenannten Lambsdorff-Papiers (http://www.nachdenkseiten.de/?p=14397 externer Link) in die Wirtschaftsgeschichte unserer Republik ein.

Dazu schreibt Marc Beise in seinem Nachruf zum Tod von Hans Tietmeyer mit 85 Jahren (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/hans-tietmeyer-der-letzte-hueter-der-d-mark-ist-tot-1.3312234 externer Link): „In der sozialliberalen FDP-SPD-Koalition galt er als das ordnungspolitische Gewissen der Regierung. Am Partnerwechsel der FDP von der SPD zur CDU war er, sagen wir: nicht unbeteiligt. Zwar ist es nicht ganz richtig, wenn es gerne heißt, Tietmeyer sei der Autor des „Wende-Papiers“ von 1982 gewesen, mit dem der FDP-Wirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff das Ende der sozial-liberalen Koalition einläutete, aber es ist auch nicht ganz falsch. Tietmeyer  hat das Papier nicht alleine „geschrieben“, aber er war, das kann man wohl sagen, inhaltlich maßgeblich beteiligt…

1990 wechselte Tietmeyer auf eigenen Wunsch zur Deutschen Bundesbank, erst als zweiter Mann, 1993 als siebter Präsident. Er war der letzte Hüter der Währung, der noch über die ganze Macht der D-Mark (diese Macht war es ja, die den französischen Staatspräsidenten Mitterand bewog, den Euro, die gemeinsame Währung anzustreben) gebot – und er war ab 1999 der erst deutsche Vertreter im EZB-Rat, der mit über die neue europäische Währung wachte.

In den aufregenden Jahren dazwischen webte er maßgeblich am Euro mit: So wurde in dieser Zeit zunächst mit dem Vertrag von Maastricht mit einer Wirtschafts- und Währungsunion die Grundlage für die gemeinsame Währung,den Euro, gelegt. (https://de.wikipedia.org/wiki/Vertrag_von_Maastricht externer Link). Dies beruhte auf dem Delors-Bericht. Nach heftigem Streit wurden vier Grundprinzipien festgelegt (http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/176779/delors-bericht externer Link) – und zur für die Deutschen so wichtigen Stabilitätskultur wurde noch der „Stabilitäts- und Wachstumspakt“ geschaffen. (http://www.wirtschaftundschule.de/lehrerservice/lexikon/s/stabilitaets-und-wachstumspakt/ externer Link)

Tietmayer entschied im Einklang mit Waigel, dass der Euro 1997 noch nicht kommen sollte, weil es noch keine ausreichende Stabilitätskultur gab. Tietmayer hielt aber die Einführung 1999 für vertretbar.

Gerade dieser „Stabilitäts- und Wachstumspakt“ wurde von renommierten internationalen Ökonomen – wie auch von dem Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman – heftig kritisiert – wegen seiner „destruktiven Austerität“. (http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Interviews/2015/2015-07-21-schuhknecht.html?nn=15208&view=pdf externer Link )

Dies focht die Deutschen jedoch nicht an. Jedoch trotz dieser deutschen Sturheit gilt dieser „dumme Pakt“ als quasi gescheitert. (http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/eurokrise/eu-stabilitaetspakt-der-dumme-pakt-12198396.html externer Link)

Und wie es dann beim Scheitern, das nicht eingestanden werden kann (= die Realität hat sich eben an die (neoliberale) Theorie zu halten), wurde dieser anfängliche Pakt noch mit dem Fiskalpakt verschärft (siehe dazu Stephan Schulmeister „Der Fiskalspakt – Hauptkomponente einer Systemkrise“: http://www.wifo.ac.at/jart/prj3/wifo/resources/person_dokument/person_dokument.jart?publikationsid=47515&mime_type=application/pdf externer Link ) – und durch den Europäischen Stabiltätsmechanismus ergänzt (http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/lexikon-der-wirtschaft/20710/stabilitaets-und-wachstumspakt externer Link).

Als Notenbanker stand Tietmeyer weiter für eine konservative, stabilitätsorientierte Linie – auch angesichts wachsender Arbeitslosigkeit… (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/hans-tietmeyer-der-letzte-hueter-der-d-mark-ist-tot-1.3312234 externer Link)

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=109253
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