Freibetrag auf Sozialbeiträge? Wie die SPD mit populistischen Vorschlägen Verwirrung stiftet

Klingt ja auf den ersten Blick ganz nett: Wer wenig verdient soll nicht nur weniger Steuern zahlen, sondern auch weniger an Sozialbeiträgen. So lautet in etwa der Vorschlag des stellvertretenden SPD-Vorsitzenden Thorsten Schäfer-Gümbel, den er – laut Rheinischen Post vom 15. August  – für eine Vorbereitung des SPD-Wahlkampfes noch ausarbeiten will. „Ein Freibetrag für Sozialabgaben analog zum Steuerfreibetrag wäre ein Instrument, das wirklich hilft“, meint er. „Das Geld, das dadurch fehlt, will Schäfer-Gümbel über eine „leistungsgerechtere Beteiligung höherer Einkommen und Vermögen“ hereinholen. (…) DGB-Vorstand Annelie Buntenbach begrüßte Schäfer-Gümbels Pläne heute grundsätzlich, mahnte aber an, die „Beitragsausfälle aus Steuermitteln vollständig gegenfinanziert werden“ müssten, weil die Entlasteten sonst Nachteile bei der Rente hätten“, kommentiert Peter Mühlbauer das Konzept und die erste Position des DGB dazu . Eine Frage, die sich jedoch – nicht nur mir – stellt: Was veranlasst Annelie Buntenbach zu diesen grundsätzlichen Willkommensgruß? Und das noch zu einem Zeitpunkt, an dem der SPD-Vorschlag die Grenze populistischer Unbestimmtheit nicht überschreitet. So reiben sich die Arbeitgeber sicher bei solch einem Vorschlag die Hände, wenn auch sie von sol-chen Freibeträgen ebenfalls profitieren. Denn bisher sind die Beiträge für sie verdienstabhängige „Lohnnebenkosten“ und – wenn auch nicht mehr paritätisch – so beteiligt sich auch die Arbeitgeber-seite daran. Was gibt es Profitableres, als wenn hier Steuergelder die bisherigen Ausgaben ausgleichen?…“ Beitrag von Armin Kammrad vom 20. August 2016  – mit Dank für die Anregungen zu diesem Thema an einen Leser des LabourNet Germany, dem wir uns anschliessen!

  • Wichtig darin: „… Geringere Beiträge für die Sozialversicherungen bedeuten auch weniger Leistung. Nur genau deshalb, sollten die Gewerkschaften auch den Vorschlag grundsätzlich ablehnen. Die ganze Verschiebung in den Steuerbereich macht auch alles ziemlich undurchsichtig. Erstens ist höchstrichterlich festgestellt, dass Steuern nicht zweckgebunden erhoben und verwendet werden müssen, zweitens sitzt hier aktuell Herr Schäuble mit seiner Schuldenbremse. Der bei der Regierung beliebte Begriff der „Gegenfinanzierung“ bringt bereits zum Ausdruck, dass man dem Finanzminister beim Rapport damit beruhigen will, dass der Vorschlag, den man sich ausgedacht hat, auf keinen Fall zusätzliche Kosten verursacht.  Viel sinnvoller ist deshalb eine unmittelbare Kopplung von Sozialleistungen an den Gewinn aus der Anwendung von Arbeit, inklusive dessen, was man durch Auslagerung von Arbeit durch mehr Technikeinsatz oder Personalabbau einspart. Hier herrscht totale Verantwortungslosigkeit, wie die immer gegenläufigere Entwicklung bei der Partizipation am gesellschaftlichen Reichtum zwischen Kapital und Arbeit zeigt…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=103196
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