Newsletter am Montag, 20. Juni 2016

Kurzer Überblick über die heutigen LabourNet Germany News:

Hier im (kostenlosen, aber spendenfähigen!) Newsletter die wichtigsten der veröffentlichten Beiträge auf unserer Homepage

1. Internationales » Mexiko » Gewerkschaften

Internationale Solidarität mit der Opposition in der mexikanischen Lehrergewerkschaft – tut dringend not: Die Lehrergewerkschaft selbst betätigt sich als Denunziant

Seit dem 15. Mai hat die Opposition in der mexikanischen Lehrergewerkschaft den unbegrenzten Generalstreik in jenen Bundesstaaten ausgerufen, in denen sie über die Mehrheit verfügt. Im Kampf gegen die 2013 per Dekret und ohne Debatten erlassene sogenannte Erziehungsreform der Regierung Pena Nieto gewinnt die Oppositionskoordination CNTE zunehmend Unterstützung: Von Eltern und SchülerInnen, aber auch aus der Gewerkschaftsbewegung und international. Menschenrechtsgruppierungen kritisieren den massiven Einsatz von Polizei und Armee gegen streikende LehrerInnen, ein Aufruf von prominenten Intellektuellen des Landes, die Regierung möge statt dem Knüppel endlich den Dialog mit der CNTE aufnehmen verändert die öffentliche Debatte, eine wachsende Zahl linker Organisationen beginnt, zur Solidarität zu mobilisieren, allen voran die EZLN. Demgegenüber stehen nicht nur eine Regierung, die als Bedingung für den Dialog die „Anerkennung der Reform“, also die Unterwerfung fordert, sondern auch die Gewerkschaft SNTE, die sich einmal mehr als besonderer Schandfleck der Gewerkschaftsbewegung erweist. Unsere ausführliche kommentierte Materialsammlung „Internationale Solidarität mit der Opposition in der mexikanischen Lehrergewerkschaft“ vom 19. Juni 2016 ist sowohl ein Versuch, einen Beitrag zum Verständnis der komplexen Entwicklung zu leisten, als auch ein Aufruf, Solidarität mit den kämpfenden mexikanischen LehrerInnen zu üben.

2. Internationales » Frankreich » Politik » Widerstand gegen das neue Arbeitsgesetz 2016

a) Frankreichs umkämpfte Arbeitsrechts-„Reform“, Teil 36

CGT-Generalsekretär Philippe Martinez wurde bei Arbeitsministerin Myriam El-Khomri empfangen, doch das Treffen unterstrich zunächst durch die Differenzen * Dennoch gibt es erste Modifikationen in den Positionen der CGT * Angedrohtes Demonstrationsverbot scheint sich tatsächlich herauszukristallisieren ° Letzte Meldung: Die Pariser Polizeipräfektur verlangt von den Gewerkschaften eine örtlich gebundene Kundgebung, statt einer Demonstration am Donnerstag…“ Artikel von Bernard Schmid vom 20.6.2016

b) Solidarität mit dem Kampf in Frankreich aus der BRD: Von wem?

Die Solidarität mit dem großen Widerstand gegen das neue Arbeitsgesetz in Frankreich ist in der BRD ein Problem: LabourNet Germany hatte für die verschiedenen Basisaktivitäten am 14. Juni geworben, darüber berichtet und, nach Kräften, versucht an ihrem Zustandekommen mitzuwirken. Auch über die zahlreichen Publikationen französischer Gewerkschaften, die Bekundungen internationaler Solidarität verbreitet haben und verbreiten, haben wir berichtet, auch wenn es aus der BRD nichts zu berichten gab, außer von der einen oder anderen Untergliederung. In dem Beitrag „Der Streik und die Solidarität“ von Hans-Gerd Öfinger vom 17. Juni 2016 in neues Deutschland, wird dieses Problem nochmal zum Thema. Wir danken dem Autor für die Überlassung des Artikels, der online nur im Abo zugänglich ist.

c) Solidaritätserklärung des AK Internationalismus IGM Berlin mit dem Kampf in Frankreich

Seit Wochen beteiligen sich Tausende von euch an Arbeitsniederlegungen und Protestaktionen gegen das von eurer Regierung geplante Gesetz zur Reform des Arbeits- und Gewerkschaftsrechts. Nach Presseangaben des Gewerkschaftsverbundes, in dem u.a. die CGT, die FO und die SUD-Solidaires vertreten sind, haben sich am 14. Juni über eine Millionen Menschen an den Aktionen beteiligt. Eine deutliche Mehrheit der französischen Bevölkerung unterstützt sie. Doch die Regierung macht keine Anstalten, von ihrem Vorhaben Abstand zu nehmen. Stattdessen zeigt sie Flagge durch brutale Polizeigewalt und Politiker fordern ein Demonstrationsverbot“ – so beginnt die Solidaritätserklärung „Unsere Solidarität und unsere Hoffnungen sind bei euch“ des AKI der IGM Berlin vom 18. Juni 2016 externer Link pdf, in der ausführlich die Parallelen zwischen der Politik des Bürgertums in der BRD und Frankreichs gezogen werden

d) Weitere Solidaritätsbekundungen von Gewerkschaften rund um die Welt mit dem Kampf in Frankreich

Es sind nicht nur symbolische Schreiben, die von „anständigen“ Gewerkschaften rund um die Welt nach Frankreich gesandt werden. Es sind Aktivitäten: Kundgebungen vor französischen Botschaften, Konsulaten oder sonstigen Einrichtungen, Versammlungen, in denen Ursachen und Verlauf der Auseinandersetzung vorgestellt und diskutiert werden. Und dieser Kampf stößt auf Interesse: Wenn in einer brasilianischen Großstadt der alternative Gewerkschaftsbund Intersindical eine Veranstaltung zur Solidarität mit Frankreich organisiert, kommen dort über 300 Menschen. In Indien und Bangladesch kommen zu Veranstaltungsreihen Tausende. Und über das Thema BRD-Gewerkschaften wird hier elegant geschwiegen (Hartz IV Mitgestalter haben halt auch ein schweres Leben), stattdessen dokumentieren wir drei weitere Berichte über Solidarität

e) [Video] Kämpfe von Nuit Debout

„Die Menschen sind hier, weil sie das System satt haben. Einfach ausgedrückt: Sie wollen etwas Neues schaffen, kollektiv, als Bürger_innen, kämpferisch, oder gar revolutionär.“ (aus dem Video) In diesem auch filmisch schönen Video wird die Nuit Debout Bewegung portraitiert. Verschiedene Aktivist_innen sprechen darüber, was die Bewegung für sie bedeutet und welche Probleme sie sehen. Von einigen wird auch die Notwendigkeit diskutiert, die französische Linke zu entkolonisieren. Video bei labournet.tv externer Link (französisch mit dt. UT | 29 min | 2016)

Siehe auch die Filmsammlung zu der aktuellen Bewegung in Frankreich mit allen Videos bei labournet.tv externer Link

3. Internationales » Frankreich » Politik » Rechte in Frankreich

a) Sozialproteste und extreme Rechte

FN-Wählerschaft äußert sich zu 72 Prozent verständnisvoll oder unterstützend zu Protestdemonstrationen. Die rechtsextreme Abgeordnete Marion Maréchal-Le Pen verurteilt unterdessen die CGT, während der Vizevorsitzende Florian Philippot eher die Regierung kritisiert. Dissonanzen und divergierende Stimmen an der Parteispitze zu eventuellen Demonstrations-Verboten…“ Artikel von Bernard Schmid vom 20.6.2016

b) Achse Frauke Petry / Marine Le Pen

Am Freitag, den 17. Juni 16 traf sich die „Europäische Bewegung der Nationen und der Freiheiten“ (französisch abgekürzt MENL, für Mouvement européen des nations et des libertés) im Wiener Vorort Vösendorf. Gastgeber in war die österreichische rechtsextreme FPÖ. Bei der „Europäischen Bewegung…“ handelt es sich um eine so genannte Europäische Partei, d.h. um einen durch die EU geförderten transnationalen Parteienzusammenschluss, wie es sie auf der politischen Rechten ebenso wie auf der Linken gibt. (…) Interessant für das deutsche Publikum ist dabei vor allem auch der neue Status der AfD...“ Kurzmeldung von Bernard Schmid vom 20.6.2016

4. Branchen » Medien und Informationstechnik » Software und Dienstleistungen » Atos

Die Auseinandersetzung bei Atos geht in die nächste Runde

Atos hat vor, die vertraglichen Verpflichtungen aus dem Tarifvertrag nicht zu erfüllen. 2015 wurde die Tariferhöhung für 1 Jahr ausgesetzt; als Kompensation haben alle IG Metall-Mitglieder Einmalzahlungen in Höhe der Tariferhöhung für 1 Jahr bekommen, dies war ein Kompromiss nach längeren Verhandlunen. Diese Tariferhöhung nachholen zu wollen, haben wir schon damals angekündigt, Atos weigert sich jedoch, diese zu zahlen; statt dessen wurden Verhandlungen für die nachzuholende Tariferhöhung aus 2015 und die neue Tariferhöhung aus 2016 aufgenommen (…) Atos Deutschland geht es gut, es gibt nicht den geringsten Grund, warum die Tariferhöhung nicht bezahlt werden sollte. Aber, wie der Arbeitgeber betonte, kommen erst die Aktionäre (für diese ist eine Erhöhung von 38% vorgesehen) und dann die Belegschaft. Das Grundprinzip einer Gehaltserhöhung für alle nennen sie diffamierend „Prinzip Gießkanne“. Ab 2017 will Atos das abschaffen. Stattdessen will Atos „leistungsorientierte Entgelterhöhungen“ einführen, gemessen durch eine noch einzuführende Toollandschaft zur umfangreichen Performancemessung jedes Einzelnen. (…) Am 02.06. gab es bundesweite Warnstreiks (ca. 1400 Kolleg_innen bundesweit). Für den 22.06.2016 ist ein ganztägigen Warnstreik geplant.“ Bericht vom 19.6.2016, Autor der Redaktion bekannt

Siehe zuletzt vom 26. August 2015: Atos will Tariferhöhungen aussetzen

5. Branchen » Dienstleistungen, privat und Öffentlicher Dienst » Groß- und Einzelhandel » Amazon

Erneut Streiks für einen Tarifvertrag bei Amazon – Beschäftigte thematisieren auch die Gesundheitsrisiken

Die Beschäftigten von Amazon sind in dieser Woche erneut zum Streik aufgerufen, um ihrer Forderung nach einem Tarifvertrag Nachdruck zu verleihen. Den Auftakt machen an diesem Montagmorgen Beschäftigte in den Versandzentren Bad Hersfeld, Rheinberg und Werne. Die Arbeitsniederlegungen an diesen Standorten dauern vorläufig bis zum Ende der Spätschicht am Dienstag (21. Juni 2016) an. „In dieser Woche werden an etlichen Standorten kurzfristig bekannt gegebene Streiks stattfinden, mit denen der Geschäftsablauf von Amazon empfindlich gestört wird. Alle Erfahrungen zeigen, dass das Unternehmen sich auf diese Streiktaktik nur schlecht einstellen kann…“ ver.di-Pressemitteilung vom 20.06.2016 externer Link

6. Branchen » Medien und Informationstechnik » Druck und Vertrieb » Tarifrunde Druckindustrie: ver.di fordert fünf Prozent mehr Lohn

Kritische Bewertung des neuesten Entgelttarifvertrages der Druckindustrie

als ehemaliger Gewerkschaftssekretär (bei ver.di in Leipzig) und ver.di-Mitglied verfolge ich das tarifpolitische Geschehen weiterhin mit Interesse. Auch wenn klar ist, dass zwischen der gewerkschaftlichen Forderung und dem – nach Warnstreiks – erreichten Verhandlungsergebnis zumeist eine Differenz verbleibt, ist gewerkschaftspolitisch nicht nebensächlich, wie die Verhandlungsführer das Verhandlungsergebnis im Lichte der ursprünglichen Forderung bewerten (…) Wie der beigefügten Tabelle zu entnehmen ist, liegt der tarifliche Ecklohn (LG V) am Ende der Laufzeit tatsächlich 3,8 % über dem Ecklohn zum Laufzeitbeginn. Viel wichtiger ist aber m.E., welche Entgeltzuwächse während der gesamten Laufzeit, hier 29 (!) Monate inklusive 3 Nullmonate, den Beschäftigten brutto zufließen. Und wenn man diese Summe dann in Beziehung zum ursprünglichen Entgelt setzt, ergeben sich zwar im Durchschnitt noch 2,6 %. Um diese Erhöhung aber mit einer – hier auch geforderten – Laufzeit von 12 Monaten vergleichbar zu machen, muss man die 2,6 % durch die 29 Monate dividieren und das Ergebnis dann mit 12 multiplizieren. Die dann herauskommenden 1,08 % sind nun aber wirklich kein „gutes Geld“. Und es ist für eine Gewerkschaft nicht ungefährlich, wenn sie ihr jämmerliches Ergebnis, das gerade mal ein Fünftel der ursprünglichen Forderung erreicht, als „ein für die Beschäftigten akzeptables Tarifergebnis“ anpreist, um die Zustimmung der Tarifkommission zu erreichen. Schließlich könnten gerade die aktiven und arbeitskampfbereiten Teile der Mitgliedschaft selber nachrechnen und deshalb zukünftig die Bereitschaft dämpfen, sich erneut dermaßen verschaukeln zu lassen.“ Kommentar von Martin Lesch vom 17.6.2016 samt Entgelttabelle pdf

Siehe dazu:

7. Politik » Gewerkschaften » Geschichte der Arbeiterbewegung

150 Jahre Buchdrucker-Gewerkschaft: „…Deßhalb müssen wir für uns sorgen!“

Tarifpolitik, die Kernaufgabe der Gewerkschaften, spielte für die Buchdrucker und ihre Organisation von Anfang eine große Rolle…“ Artikel von Constanze Lindemann in ver.di Publik 04/2016 externer Link

8. Branchen » Dienstleistungen, privat und Öffentlicher Dienst » Transportwesen: Speditionen und Logistik

Resignation und spontane Kämpfe von Berufskraftfahrern

Der Transport auf der Straße wächst kontinuierlich, während der Preisdruck im Transport erhöht wird. Die Frachtkosten wurden gedrückt und die Arbeitsbedingungen in der Branche kontinuierlich verschlechtert. Das Warenlager wurde auf die Straße verlagert und die Just-in-time-Produktion macht nicht nur die Branche selbst, sondern die gesamte Wirtschaft immer angreifbarer und anfälliger für Störungen mit unabsehbaren Folgen. In Frankreich gehören die LKW Fahrer zu der militanten Spitze der Streikenden, ihre Blockaden lassen sich nicht so leicht räumen. In Deutschland fand der letzte große LKW Streik 1983 statt. Die gewerkschaftliche Organisierung sank mit dem sinkenden Einsatz der Gewerkschaft für Belange der Fahrer. Der einst beachtliche Organisierungsgrad der Berufskraftfahrer bei der ÖTV ist heute bei Verdi kaum mehr nennenswert. Unter Fahrern heißt es: „Nichtvertreten können wir uns selber und billiger“. Vor einigen Jahren gab es Versuche selbstorganisiert das zu tun, worauf man so lange bei der Gewerkschaft vergeblich gehofft hat: Den Protest auf die Straße tragen. Nach der anfänglichen Euphorie setzte eine Ernüchterung ein, als sich herausstellte, daß zu den selbstorganisierten Aktionen nie mehr als 200 Kollegen zu mobilisieren waren…“ Bericht von Karsten Weber vom Juni 2016, darin u.a. Bericht von Streik und Blockaden in Belgien sowie ein Brief der Streikaktivisten in Rußland

Man überlegt, falls es Interesse gibt, mit Aktivisten des Streiks eine Infotour durch Deutschland zu unternehmen. Interessenten wenden sich bitte an:

kilometerfresser@chefduzen.com

Siehe dazu auch das Dossier: Truckerprotest in Russland

9. Branchen » Dienstleistungen, privat und Öffentlicher Dienst » Transportwesen: Hafen, Schiffe und Werften

Auf umgekehrten Güterwegen. Berlin – Duisburg – Rotterdam: Vernetzungsreise der Rosa-Luxemburg-Stiftung soll Organisierungsprozesse von Beschäftigten durch Informationsaustausch anregen

In der Öffentlichkeit wird in den letzten Jahren verstärkt über Arbeitsbedingungen in transnationalen Lieferketten diskutiert. Insbesondere nach dem Einsturz des Rana Plaza-Hochhauses 2013 in Bangladesch oder den Selbstmorden chinesischer ArbeiterInnen in den Fabriken des Apple-Zulieferers Foxconn werden vor allem Zustände in den Produktionsstandorten der Textil- oder Elektronikindustrie problematisiert. Die Frage, unter welchen Konditionen diese Güter transportiert werden, spielt in dieser Diskussion dagegen bislang noch keine große Rolle. Dies ist befremdlich, denn tatsächlich ist kaum eine andere Branche so sehr Vorreiter der Globalisierung wie die Handelsschifffahrt. (…) Unter dem Titel «Auf umgekehrten Güterwegen» organisiert die Rosa-Luxemburg-Stiftung vom 21. bis 26. Juni eine Vernetzungs- und Informationsreise. Die Reise führt vom Berliner Westhafen über Duisburg, den wichtigsten Binnenhafen Europas, nach Rotterdam als bedeutendstem Überseehafen des Kontinents. An den verschiedenen Stationen der Reise wird es Betriebsbesichtigungen, Hafenrundfahrten, Gespräche mit verschiedenen Akteuren (vor allem mit GewerkschaftsvertreterInnen und Betriebsräten), Vorträge und Diskussionsveranstaltungen geben…“ Informationen und Veranstaltungstermine bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung externer Link

10. Politik » Gewerkschaften » Kampf und Streik » Streik und Streikrecht

Arbeitskampf in Europa – die großen Unterschiede Deutschland und Frankreich

Ein eingeschränkter Einfluss der deutschen Gewerkschaften – und ein mächtiger Widerstand in Frankreich. Vergleichende und kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 17.6.2016

11. Politik » Gewerkschaften » Tarifpolitik » Allgemeine tarifpolitische Debatte » Tarifeinheit als Selbstzweck? » Dossier: Koalition hat ihre »Tarifeinheit« – bis zum BVG oder Generalstreik?

Ver.di klagt mit. DGB-Gewerkschaft hat Verfassungsbeschwerde gegen Gesetz zur »Tarifeinheit« ­eingelegt, weil es nicht nur die Rechte von Berufsorganisationen beschneidet

Die gesetzlich verordnete »Tarifeinheit« ist verfassungswidrig. Davon jedenfalls sind jene neun Organisationen überzeugt, die beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eine Beschwerde gegen das vor einem Jahr in Kraft getretene Gesetz eingereicht haben. (…) Anders als die Schwestergewerkschaften IG Metall und IG BCE, aber auch im Gegensatz zur Spitze des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) lehnt ver.di das auf Initiative von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) beschlossene Gesetz klar ab. (…)Das Ziel der Regierungskoali­tion, die den Entwurf im vergangenen Jahr gegen alle Widerstände durchs Parlament geboxt hat, ist klar umrissen: Es geht um die Verhinderung von »Überbietungskonkurrenz«, die Gewerkschaften sollen sich in ihren Tarifforderungen nicht gegenseitig »hochschaukeln«. Dem Stoppen von »Unterbietungskonkurrenz« durch arbeitgebernahe, sich zumeist »christlich« nennende Pseudogewerkschaften dient das Gesetz nach Überzeugung der Kläger jedenfalls nicht. (…) Es werde »noch in diesem Jahr« eine Entscheidung zum Thema angestrebt, erklärte eine Sprecherin des Bundesverfassungsgerichts auf jW-Nachfrage. Ob es zuvor eine mündliche Verhandlung gibt, sei noch nicht entschieden.“ Artikel von Herbert Wulff in junge Welt vom 20.06.2016 externer Link

12. Politik » Gewerkschaften » Kampf und Streik » Politischer Streik in Deutschland?

Privatisierung contra Allgemeinwohlinteresse. Was die aktuelle Abweisung des Bürgerbegehrens zu Stuttgart 21 durch das Bundesverwaltungsgericht für den Kampf gegen Privatisierung bedeutet

Trotz 35.000 Unterschriften und den Gang durch die Instanzen scheitert das Bürgerbegehren für einen Ausstieg Stuttgarts aus der Finanzierung von Stuttgart 21 am 14. Juni nun auch vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG 10 C 7.15) . Damit muss die Stadt sich weiter an einem vorrangig privatwirtschaftlich orientiertes Projekt finanziell beteiligen, was massenhaft abgelehnt wird und dessen Kosten gegenüber der ursprüngliche Planung immer weiter in nie geahnte Höhen steigen.

Dies allein wäre für mich jedoch kein Grund, darauf eigens einzugehen. Scheiterte doch bisher immer des Volkes Wille in Stuttgart nicht nur an Landesregierung und Stadtverwaltung, sondern auch an Justitia. Bemerkenswert ist allerdings die vom BVerwG in seiner jetzigen Entscheidung vertretene Rechtsauffassung zum Verhältnis von privatisierten Infrastrukturunternehmen und Allgemeinwohlinteresse. Schließlich ist aktuell wieder ein neues Privatisierungsprojekt auf der regierungsamtlichen Agenda, nämlich die Privatisierung von Autobahn und Fernstraßen…“ Ein Kommentar von Armin Kammrad vom 18.06.2016 pdf

  • Uns wichtig im Text: „… Am Beispiel des Ausverkaufs von Staatseigentum an Privat und der damit verbundenen Sozialisierung von Kosten und Verlusten, rechtlich abgesichert durch Änderungen des Grundgesetzes, lässt sich deutlich ablesen, dass tarifliche Auseinandersetzungen allein zu kurz greifen. Da der neoliberal orientierter Gesetzgeber die Auseinandersetzung zwischen Kapital und Arbeit ins Rechtliche verlagert, ergibt sich die Legitimität – wenn nicht sogar Legalität – politischer Streiks, genau aus diesem Vorgang. Selbst das beliebte Argument, dass Streiks unbedingt zu vertraglichen Vereinbarungen führen müssen, ist mit verfassungsrechtlichen Argumenten angreifbar. Denn dazu müsste der Gesetzgeber sich neutral verhalten, was er jedoch in seinem Privatisierungswahn nicht macht. Er steht hier auf Seiten des Kapitals bzw. der „Arbeitgeber“ – wie übrigens auch mit seinen Eingriffen ins Streikrecht. Auch wenn nicht üblich, lässt sich solche Parteilichkeit des Gesetzgebers durchaus als rechtswidriger Eingriff in die Tarifautonomie nach Art. 9 GG interpretieren. Was macht das BVerwG im Falle von Stuttgart 21 anders, als eine ausschließlich auf private Gewinnerzielung ausgelegte Verfassungsinterpretation vorzulegen? Bezüglich politischer Streiks sollten sich die Gewerkschaften hieran ein Beispiel nehmen und ebenfalls kreativ werden. Widerspricht die Privatisierung nicht der Sozialverpflichtung des Eigentum nach Art. 14 Abs.2 GG?…!“

Siehe dazu folgende, tangierte Rubriken:

13. Politik » Gewerkschaften » Gewerkschaften in Deutschland » ver.di » verdi-Linke NRW » Nächstes Treffen der ver.di-Linke NRW am Sonntag, den 3. Juli 2016

Folgende Tagesordnung steht mittlerweile fest:

  • Umbau der Deutschen Post AG (DHL und Delivery), Aufbau von Betriebsräte- und ver.di-Strukturen bei Delivery, Strategie des Postvorstands (Bericht eines aktiven Betriebsrates)
  • Entfristungskampagne von ver.di-NRW – was können wir zur Unterstützung tun?
  • Gewerkschaftsratsbeschluss zur Braunkohle – Positionierung der ver.di-Linke NRW
  • Kurzberichte zu
    – Ergebnis Tarifrunde Öffentlicher Dienst (Bund/Kommune)
    – Personalratswahlen 2016
    – Bundesweites Treffen des Netzwerkes für eine kämpferische und demokratische ver.di in
    – Hannover am 21.5.
    – Sitzung des Arbeitsausschusses am 4.6.2016 in Frankfurt
  • Verschiedenes

14. Politik » Wirtschaftspolitik » wirtschaftspolitische Debatten » Wachstum oder Wohlfahrt – Glück » Sharing Economy

Sharing-Economy oder Sozialstaat: Bringt Goethe-Institut endlich eine endgültige Berwertung der Sharing-Ökonomie?

Nun hat es das Goethe-Iinstitut „final“ in Angriff genommen das Teilen und Tauschen – die „Share-Ökonomie“ in seiner Rolle einer „endgültigen“ Bewertung – oder gar Akzeptanz – zuzuführen…“ Kurze Presseschau von Volker Bahl vom 19.6.2016

15. Internationales » Saudi-Arabien » Arbeitskämpfe

Erneute massive Proteste von Bauarbeitern in Saudi Arabien

Etwa 150 Bauarbeiter haben Anfang letzter Woche gegen die Nichtauszahlung ihrer Löhne protestiert – zunächst ohne Reaktion, bis eine Reihe von Bussen des Unternehmens Feuer fingen. In dem Artikel „Angry workers burn Saudi Oger vehicles“ von Ibrahim Naffee am 09. Juni 2016 bei Zawya externer Link wird der Zusammenhang dieses erneuten Protestes mit jenem bei Bin Laden vor rund einem Monat hergestellt und darauf verwiesen, dass dies auch Ausdruck der wirtschaftlichen Krise ist, in der sich das sogenannte Königreich befindet. In einem Land, das „selbstverständlich“ kein Streikrecht kennt und in dem nichtsaudische Staatsbürger verschiedensten Formen der Diksriminierung unterworfen sind, sind solche Aktionen denn aber auch Ausdruck der Not zum Einen – und der Entschlossenheit zum anderen. Dieses Mal war es in Jiddah, vorher fanden solche Proteste in Riyad und Mecca statt

16. Internationales » Tschad

Ein Diktator des Tschad wurde verurteilt – der andere regiert weiter: Gewerkschaftsbewegung organisiert die Opposition

Das Urteil gegen den langjährigen Diktator des Tschad, Hissene Habré, wurde von der demokratischen Bewegung des Landes begrüßt. Die sich gleichzeitig fragt, warum niemand das ganz Offensichtliche ausspricht: Dass der amtierende Präsident Idriss Déby Itno, der sich gerade einmal mehr zum Sieger der jüngsten Wahlen hat erklären lassen, nicht nur der „Ziehsohn“ des verurteilten Diktators ist, sondern auch dessen reaktionären Kurs vollinhaltlich fortsetzt. In Ermangelung irgendwelcher linker mobilisierungsfähiger Gruppierungen hat der größte Gewerkschaftsbund UST die Mobilisierung gegen das Regime übernommen – so wird es in dem ausführlichen Artikel „TCHAD: L’AVENIR EST ENTRE LES MAINS DES TRAVAILLEURS !“ von Ali Mohamed Abali Marangabi am 06. Juni 2016 bei Makaila externer Link berichtet und unterstrichen, dass dies auch so sein muss und positiv zu bewerten sei

17. Internationales » Frankreich » Soziale Konflikte

Britischer Hilfskonvoi für Migranten in Calais gestoppt

Am Samstag, den 18. Juni 16 wurde ein Hilfskonvoi für die rund 4.000 bis 5.000 Migrantinnen und Migranten, die in der Nähe von Calais am Ufer des Ärmelkanals in einer Slumsiedlung leben, durch die französische Staatsmacht gestoppt. Er wurde noch auf britischem Territorium, in der Hafenstadt Dover (französisch Douvres), aufgehalten. Einem 38-Tonnen-LKW gelang zwar die Durchfahrt, durch die ihn begleitenden rund 250 PKWs wurden am französischen Grenzkontrollpunkt gestoppt. Umgekehrt sitzen die in Calais festsitzenden Migrantinnen und Migranten aufgrund französischer Vorschriften, aber auch aufgrund vorgelagerter britischer Kontrollen (mitsamt Entsendung britischer Polizei auf die Südseite des Ärmelkanals), dort fest…“ Kurzmeldung von Bernard Schmid vom 20.6.2016

18. Internationales » Türkei » Politik

Türkei – mal wieder: Alltag im sicheren Drittstaat

Chefredakteure sind bekanntlich presserechtlich verantwortlich und müssen entsprechend bei Strafverfolgung des Presseorgans gerade stehen. Als Soli-Kampagne und um das Risiko auf breitere Schultern zu verteilen hatten für die linke türkische Zeitung Özgür Gündem Intellektuelle im Wechsel jeweils für einen Tag den Posten der Chefredaktion übernommen. Das Ergebnis: 37 von ihnen sollen nun juristisch zur Verantwortung gezogen werden (die Standard-Vorwürfe: Terror-Propaganda und Präsidentenbeleidigung), der Vorsitzende der Türkischen Menschenrechtsstiftung soll in diesem Zusammenhang schon mal in Untersuchungshaft. Am Freitag erst war kurzzeitig die Generalsekretärin der Gewerkschaftsföderation DISK in Gewahrsam genommen worden – auch ihr wird Präsidentenbeleidigung vorgworfen. Bereits wieder auf freiem Fuß sind die Angreifer, die am Donnerstag (16.6.16) eine Musik-Party mit Alkohol-Ausschank in Istanbul attackiert hatten. Der türkische Präsident dazu: Gewalt ist keine Lösung – aber wer im Ramadan auf der Straße feiert, kann schon mal Probleme mit den Anwohnern bekommen. Probleme mit den Anwohnern kann allerdings auch bekommen, wer drei Jahre nach dem Abklingen der Gezi-Proteste die alten Baupläne wieder aus der Schublade holt… Derweil geht die Zerstörung im Südosten der Türkei weiter, aktuell sind im kurdischen Lice in 13 Dörfern Ausgangssperren verhängt worden, die Bombardierung hat bereits begonnen. Und die Meldung, türkische Grenzposten hätten in der Region Hatay mindestens 8 Flüchtlinge aus Syrien erschossen, wird von türkischer Seite heftig dementiert – eine Untersuchung aber ebenso heftig abgelehnt. Siehe dazu verschiedene Beiträge

19. Interventionen » Asyl, Arbeitsmigration und Antirassismus » Asylrecht und Flüchtlingspolitik » Festung EU » Dossier: EU-Türkei-Deal in der Flüchtlingsfrage

Griechenland und der EU-Türkei-Deal: Was nicht passt,wird passend gemacht

Mindestens 8.400 Menschen sitzen auf ihrer Flucht vor Krieg und Verfolgung aktuell auf den griechischen Inseln fest – mehr als die Hälfte von ihnen soll in den nächsten Wochen zurück in die Türkei geschoben werden. Kein Problem, denn Syrer/innen seien kaum darunter. Kein Problem auch, weil die im griechischen Asylsytem vorgesehenen unabhängigen Beschwerdestellen – die in den letzten Wochen in immerhin 70 Fällen gegen eine Überstellung in die Türkei entschieden hatten -auf Druck der EU und mit Billigung des griechischen Parlaments kurzfristig neu besetzt werden: war bisher eines der drei Mitglieder dieser Kommission immer ein „Mitglied der Zivilgesellschaft“, werden diese nun durch Richter ersetzt und es wird mit deutlich weniger Widerstand gegen die Abschiebungen gerechnet. Pro Asyl begleitet derweil zwei Fälle, bei denen durchaus Syrer von drohender Rückschiebung betroffen sind – notfalls bis vor den Menschenrechtsgerichtshof. Und die Ärzte ohne Grenzen haben erklärt, bis zur Aussetzung des EU-Türkei-Deals auf Fördergelder der EU oder deren Mitgliedsstaaten zu verzichten – sozusagen die NGO-Version von politischem Hungerstreik. Siehe dazu verschiedene Beiträge

20. Interventionen » Asyl, Arbeitsmigration und Antirassismus » antirassistische Initiativen und Kämpfe der MigrantInnen » Bochumer Aufruf zur Menschenkette am 18. Juni 2016

Riesige Menschenkette mit 8.500 Menschen und gewollter Lücke

Um eine 3.800 Meter lange geschlossene Menschenkette bilden zu können, sind mindestens 3.000 TeilnehmerInnen erforderlich. Zu der Menschenkette in Bochum kamen heute(18.6.16) 8.500 Menschen. Angesichts des Wetters waren damit selbst optimistische Prognosen der VeranstalterInnen weit übertroffen. An der Ecke Kortumstraße/Brückstraße klaffte jedoch gut sichtbar eine 50 Meter lange Lücke in der Menschenkette. Statt Menschen, die sich an den Händen halten, standen hier mehr als hundert Paar leere Schuhe. In einer gemeinsamen Presseinformation der Kampagne „Flucht ist kein Verbrechen“, der Initiative TreffPunkt Asyl und von Refugee Strike Bochum heißt es dazu: „Wir halten diesen Platz frei für die Menschen, die heute nicht hier sein können – weil sie auf Anordnung der Stadt Bochum abgeschoben wurden, oder weil sie wegen der mörderischen EU-Außengrenzenpolitik gestorben sind“…Beitrag bei bo-alternativ vom 18. Juni 2016 externer Link

Siehe weitere gute Aktionen dabei im Beitrag

21. Interventionen » Wirtschaftspolitische Gegenwehr: Krisen und der alltägliche Kapitalismus » Initiativen der Linken zur Finanz- und Wirtschaftskrise

FaktenCheck:EUROPA. Gegen eine EU der Banken und Konzerne – für Solidarität und Demokratie

Vor einem Jahr sagten mehr als 60 Prozent der griechischen Bevölkerung „Ochi – Nein“ zum Diktat von EU, EZB und IWF (Troika), die auf einem neuen Programm mit Rentenkürzungen und Mehrwertsteuererhöhungen beharrten. Doch die Troika setzte sich durch. Syriza kapitulierte und setzt inzwischen in Griechenland das Programm der Gläubiger durch – gegen die Bevölkerung.

Zunehmend wird klar: An Griechenland wurde und wird ein Exempel statuiert. Die unsoziale Austeritätspolitik ist heute das Programm derjenigen, die in der EU bestimmen: die Europäische Kommission, die Europäische Zentralbank, die deutsche Regierung – und hinter diesen die großen Konzerne und Banken…Ankündigung des Zeitungsprojekts FaktenCheck:EUROPE vom 20. Juni 2016 externer Link mit Infos zu Herausgebenden, Redaktion und Bezugsbedingungen (günstig! Verteilen der Zeitung erwünscht…)

Die erste Ausgabe ist ab dem 29. Juni im Vertrieb, Bestellung ab sofort möglich: bestellen@faktencheckhellas.org

Inhalt der ersten Ausgabe: Europa nach dem Brexit-Referendum und nach den Neuwahlen in Spanien; Griechenland – ein Jahr nach dem Referendum und ein Jahr Bilanz des dritten Memorandums bzw. des Diktats von EU, EZB und Internationalem Währungsfonds; Das neue Arbeitsgesetz in Frankreich und die Kämpfe der Gewerkschaften und der Bewegung „nuits debout“ gegen diesen Abbau gewerkschaftlicher und demokratischer Rechte; Die rechte Ablehnung der EU – von AfD bis UKIP – und die Instrumentalisierung der Migrationskrise

Lieber Gruss, die LabourNet Germany-Redaktion

 


NEU BEI LABOURNET.TV


Kämpfe von Nuit Debout

„Die Menschen sind hier, weil sie das System satt haben. Einfach ausgedrückt: Sie wollen etwas Neues schaffen, kollektiv, als Bürger_innen, kämpferisch, oder gar revolutionär.“ (aus dem Video) In diesem auch filmisch schönen Video wird die Nuit Debout Bewegung protraitiert. Verschiedene Aktivist_innen sprechen darüber, was die Bewegung für sie bedeutet und welche Probleme sie sehen. Von einigen wird auch die Notwendigkeit diskutiert, die französische Linke zu entkolonisieren. Video bei labournet.tv externer Link (französisch mit dt. UT | 29 min | 2016)


LabourNet Germany: https://www.labournet.de/ externer Link Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch The meeting point for all left-wing trade unionists, both waged and unwaged Le point de rencontre de tous les militants syndicaux progressistes, qu`ils aient ou non un emploi

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=100065
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